Beziehungskiller: Kriminalroman (German Edition)
zu ihrem Tagwerk übergehen, als Laura sich einmischte.
»Die
Tortenmischung für Duvenbeck? Können wir die mitnehmen?«
»Duvenbeck?«
»Tortenmischung?«
Beiden huschte ein Licht der Erinnerung über die verdutzten Gesichter.
»Ah,
ja, genau. Poldl, is die im Einserschrank?«
»Waaß
net. Des hast doch du gmacht.«
»Wappler,
kannst da nix merken?« Der dünne Mann brüllte unversehens los, sein Gesicht begann
sich dunkelrot zu färben.
Das
ließ Poldl nicht auf sich sitzen, er brüllte zurück. Beide traten einen Schritt
aufeinander zu, sodass sich ihre Nasenspitzen fast berührten, und ruderten mit
den Armen. Poldl hielt noch immer die Porzellanschale mit dem Probenmaterial in
der rechten Hand.
»Trottel,
depperta«, zischte Poldl, ließ seinen Kompagnon stehen und winkte uns, ihm zu
folgen. »Schau ma in die Biacha nach. Wer’ma scho finden, die Gschicht.« Wir
folgten und ließen den Dünnen hinter uns zurück.
Im
Büro, in dem sich kein Computer befand, auch kein Kopiergerät, bloß ein altes
Telefon mit Wählscheibe sowie eine elektrische Schreibmaschine, begann Poldl
die Bücher durchzusehen. Zwei alte Aktenschränke und zwei Schreibtische waren
vollgeräumt mit Akten, Notizzetteln, Büchern und sonstigen Unterlagen. Das
Papier, das teilweise wellig und vergilbt war, schien wie von einer feinen,
braunen Staubschicht überzogen. Ich fuhr mit dem Finger über einen Kartondeckel
und roch. Die Kakaostaubbelastung musste schon annähernd gesundheitsgefährdende
Dimensionen annehmen. Laura hatte für all das überhaupt kein Interesse übrig,
sie widmete sich einfach dem Porzellanbecher mit der Probe, den Poldl
abgestellt hatte. Selig nuckelte Laura an ihrem Zeigefinger. Ihre Augen hatten
einen ekstatisch entrückten Ausdruck angenommen, und sie schnurrte wie eine
Katze. Schnell trat ich zu ihr hin: »Hey, lass mich auch mal.«
Laura
lächelte, fuhr mit dem Finger durch die dunkle Masse und ließ mich kosten. Es
war warm und zunächst bitter, ehe eine dunkle, nussige Süße meinen Gaumen
erfüllte. Das war besser als Tee. Beinahe jedenfalls.
»Hammas
scho gfunden«, riss uns Poldl grob aus dem kakaoinduzierten Endorphinelysium.
»Im Zweierschrank.« Er klappte ein dickes Buch geräuschvoll zu, sodass die Kakaoablagerungen
nur so staubten. »Gratisproben gibt’s bei uns normal net. Vor allem net von Versuchsreihen.«
»Tut
uns leid, das war einfach zu verführerisch«, entschuldigte Laura sich für unser
schlechtes Benehmen. Ihr Lächeln ließ Poldl keine Chance. Er nahm ihr einfach
die Probe aus der Hand und ging zu den chromglänzenden Kühlschränken, die uns
beim Eintreten schon aufgefallen waren.
Beim
zweiten von rechts angekommen, öffnete er die Tür und holte aus einer der
unzähligen Ablagen im Inneren ein in hellbraunes Butterbrotpapier gewickeltes
Päckchen hervor, an dem ein rosa Zettel befestigt war.
»Duvenbeck,
Hans-Peter. Rechnungsanschrift, schon bezahlt«, las er vor. Er riss den Zettel
ab.
»So, a
Signatur, bittschön.« Er hielt uns den Zettel hin. Doch weder Laura noch ich
hatten etwas zum Schreiben dabei.
»Ka
Problem, hamma glei«, meinte Poldl und drehte sich um. »Ferdl, bring dein
Blei!«
»Bin i
dei Tschusch, oder was?«
»Scheiß
di net an, bring den Blei, die Herrschaftn ham nix zum Schreibn dabei.«
»Leck
mi am Oarsch«, donnerte Ferdl daraufhin durch den Raum. Timbre, Lautstärke und
Koloratur hätten der Staatsoper alle Ehre gemacht, leider war das Libretto
schlecht, aber das ist ja bei den meisten Opern so.
Das
»Oarsch« hallte noch zwischen den Wänden des Lofts wider, als Poldl
wutentbrannt auf Ferdl zuschritt, der ihm den Rücken zugewandt mit
Messvorrichtungen und Zutatenbehältern aus weißem Steingut an einem großen
Stahltisch hantierte.
»Der
Herr Maestro is si z’schad für’s alltägliche Hackeln, er lebt nur in der Welt
seiner großen Kompositionen.«
»Bledsinn,
Poldl. Aber mia miassn die Sendung für Dubai bis Montag fertig ham, sonst simma
angschmiert.«
»Aber
die Zeit für an Blei hamma sicher no!«
»Wenn
da Scheich von Dubai Schokolade bestellt für den Geburtstag seiner Tochter,
dann net. Dann hamma ka Zeit für an Blei.«
»Des is
net der Scheich, sondern der Emir, und net der von Dubai, sondern der von
Dschardscha, du intellektuelles Armutschgerl!«
»A
Armutschgerl, a intellektuelles? I? Wer hat denn damals die Adress’ vergessen,
dass ma die Mischung für die Windsors nach York und net nach London gschickt
ham? War des
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