Bhagavad Gita wie sie ist
Mutter, die für all diese Lebewesen sorgt. Ebenso wie die Mutter all ihren verschiedenen Kindern gleichgesinnt ist, so ist es auch der höchste Vater (bzw. die höchste Mutter), und deshalb ist die Überseele immer in jedem Lebewesen gegenwärtig.
Andererseits befindet sich auch jedes Lebewesen in Kṛṣṇa, nämlich in Seiner Energie. Wie im Siebten Kapitel erklärt wird, hat der Herr grundsätzlich zwei Energien – die spirituelle (oder höhere) und die materielle (oder niedere) Energie. Obwohl das Lebewesen ein Teil der höheren Energie ist, wird es von der niederen Energie bedingt; aber in jedem Fall befindet sich das Lebewesen immer in der Energie des Herrn. Jedes Lebewesen befindet sich also auf die eine oder andere Weise in Ihm.
Der yogī sieht alle Lebewesen mit gleichen Augen, denn er sieht, daß sie unter allen Umständen Diener Gottes sind, wenngleich sie sich je nach den Ergebnissen ihrer fruchtbringenden Arbeit in verschiedenen Situationen befinden mögen. Während sich das Lebewesen in der materiellen Energie befindet, dient es den materiellen Sinnen, und wenn es sich in der spirituellen Energie befindet, dient es direkt dem Höchsten Herrn. In beiden Fällen aber ist das Lebewesen der Diener Gottes. Diese Sicht der Gleichheit findet in einem Kṛṣṇa-bewußten Menschen ihre Vollkommenheit.
Vers 30
30
yaAe maAM pazyaita s$avaR‡a s$ava< ca maiya pazyaita /
tasyaAhM" na ‘aNAzyaAima s$a ca mae na ‘aNAzyaita //30//
yo māṁ paśyati sarvatra
sarvaṁ ca mayi paśyati
tasyāhaṁ na praṇaśyāmi
sa ca me na praṇaśyati
yaḥ – jeder, der; mām – Mich; paśyati – sieht; sarvatra – überall; sarvam – alles; ca – und; mayi – in Mir; paśyati – sieht; tasya – für ihn; aham – Ich; na – nicht; praṇaśyāmi – bin verloren; saḥ – er; ca – auch; me – für Mich; na – und nicht; praṇaśyati – ist verloren.
Jemand, der Mich überall sieht und alles in Mir sieht, ist niemals von Mir getrennt, und Ich bin niemals von ihm getrennt.
ERLÄUTERUNG: Ein Mensch im Kṛṣṇa-Bewußtsein sieht Kṛṣṇa zweifellos überall, und er sieht alles in Kṛṣṇa. Es mag erscheinen, als sehe ein solcher Mensch die verschiedenen Formen der materiellen Natur als getrennte Manifestationen, doch in jedem Fall ist er sich immer über Kṛṣṇa bewußt, da er weiß, daß alles eine Manifestation von Kṛṣṇas Energie ist. Nichts kann ohne Kṛṣṇa existieren, und Kṛṣṇa ist der Herr aller Dinge – dies ist das Grundprinzip des Kṛṣṇa-Bewußtseins. Kṛṣṇa-Bewußtsein bedeutet, Liebe zu Kṛṣṇa zu entwickeln, was sogar zu materieller Befreiung transzendental ist. Auf dieser Stufe, jenseits von Selbstverwirklichung, wird der Gottgeweihte mit Kṛṣṇa in dem Sinne eins, daß Kṛṣṇa alles für den Gottgeweihten wird und daß der Gottgeweihte von Liebe zu Kṛṣṇa erfüllt wird. Dann besteht zwischen dem Herrn und dem Gottgeweihten eine enge Beziehung. Wenn das Lebewesen diese Stufe erreicht, geht seine Individualität nicht verloren, und die Persönlichkeit Gottes entschwindet niemals seiner Sicht. Mit Kṛṣṇa zu verschmelzen wäre spirituelle Vernichtung. Ein Gottgeweihter nimmt ein solches Risiko nicht auf sich. In der Brahma-saṁhitā (5.38) heißt es:
premāñjana-cchurita-bhakti-vilocanena santaḥ sadaiva hṛdayeṣu vilokayanti
yaṁ śyāmasundaram acintya-guṇa-svarūpaṁ govindam ādi-puruṣaṁ tam ahaṁ bhajāmi
„Ich verehre Govinda, den urersten Herrn, den derjenige Gottgeweihte, dessen Augen mit dem Balsam der Liebe gesalbt sind, immer in Seiner ewigen Gestalt als Śyāmasundara im Innern seines Herzens sieht.“
Auf dieser Stufe entzieht Sich Śrī Kṛṣṇa niemals der Sicht des Gottgeweihten, ebenso wie der Gottgeweihte den Herrn niemals seinem Blick entschwinden läßt. Das gleiche gilt für einen yogī, der den Herrn als Paramātmā in seinem Herzen sieht. Ein solcher yogī wird zu einem reinen Gottgeweihten und kann es nicht ertragen, auch nur einen Augenblick zu leben, ohne den Herrn in seinem Innern zu sehen.
Vers 31
31
s$avaRBaUtaisTataM yaAe maAM Bajatyaek(tvamaAisTata: /
s$avaRTaA vataRmaAnaAe'ipa s$a yaAegAI maiya vataRtae //31//
sarva-bhūta-sthitaṁ yo māṁ
bhajaty ekatvam āsthitaḥ
sarvathā vartamāno ’pi
sa yogī mayi vartate
sarva-bhūta-sthitam – im Herzen aller gegenwärtig; yaḥ – er, der; mām – Mir; bhajati – dient
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