Bianca Arztroman Band 0011
Ursache.”
Er erhob sich hastig, sah nach Anna, die schon das Notwendige in die Wege geleitet hatte. Der kleine Junge lag apathisch auf der Untersuchungsliege. Seine Mutter stand dicht neben ihm, hochgradig erregt.
“Bitte setzen Sie sich, Mrs. Roberts. Die Schwester bringt Ihnen einen Tee. Ihr Junge wird wieder gesund, aber wir müssen ihn zur Beobachtung ein paar Tage in der Klinik behalten. Er kommt auf die Kinderstation.”
Sie sprach mit sanfter, ruhiger Stimme, die ihre Wirkung auf die unglückliche Mutter nicht verfehlte. Beruhigt verließ Pete die Kabine und eilte zum Eingang, um an Ort und Stelle zu sein, wenn der Rettungswagen vorfuhr. Schon hörte er die schrillen Sirenen. Das Auto bog mit halsbrecherischer Geschwindigkeit um die Ecke.
Er dachte an Anna. Eine Woche arbeiteten sie schon zusammen, und keine Sekunde hatte er ihre Einstellung bedauert. Sie war die beste Notfallärztin, die er sich wünschen könnte. Sie hatte alle Eigenschaften, die er von einer Kollegin in dieser schwierigen Abteilung erwartete. Sie war nicht nur fachlich kompetent, sie war auch ein großartiger Mensch!
Frau!
Ob Bill das auch gespürt hatte?
Oder Ken Riddell?
5. KAPITEL
Der Rettungswagen kam zum Stehen. Der Patient war nicht bewusstlos. Im Gegenteil, er war munter, fast aufgekratzt, und unterhielt sich mit den Sanitätern.
Pete kannte den jungen Mann. Er litt an schweren, chronischen Depressionen und hatte schon zwei Selbstmordversuche hinter sich.
“Welche Tabletten sind es diesmal?”, fragte Pete, und der Sanitäter reichte ihm die leere Schachtel eines bekannten Antidepressivums.
“Er hat es erst gestern verschrieben bekommen”, erklärte er, “und nach seinen eigenen Aussagen heute Morgen die ganze Packung geschluckt.”
Pete wandte sich an Kim. “Ein EKG zuerst, bevor ich ihm den Magen auspumpe!”
Er machte sich nichts vor. Lester, so hieß der Mann, ging es zwar noch ganz gut, aber das konnte sich rasch ändern. Die Tabletten entfalteten ihr verheerende, oft tödliche Wirkung erst nach einer gewissen Zeit.
Anna kam dazu. “Soll ich eine Infusion legen?”
Er nickte. “Ja, aber zuerst bitte eine Blutprobe für das Labor.” Wendy brachte ihm den Magenschlauch, und Lester brachte ein schiefes Grinsen zu Stande.
“Okay, Lester, Sie kennen die Prozedur ja schon, nicht wahr? Also, bringen wir es hinter uns!” Pete begann mit der Magenspülung, und Anna assistierte ihm. “Ich benutze Kohle als Neutralisierungsmittel, um so viel giftige Substanz wie möglich zu binden”, erklärte er.
Das Schlimmste war vorbei, für Pete und sein Team wenigstens. Was Lester betraf, so stand ihm das Schlimmste noch bevor! Zwar grinste er immer noch, als zwei Krankenpfleger von der Intensivstation ihn abholten, aber irgendwann würde sein Körper auf die Toxine reagieren! Die nächsten Stunden und Tage konnten sehr unangenehm werden! Er hatte Patienten erlebt, die noch nach vier bis fünf Tagen unter plötzlich einsetzenden Herz-Kreislauf-Komplikationen litten.
Anna sah nachdenklich aus. “Ich las, es sind neue Antidepressiva mit weniger Nebenwirkungen bei Überdosierung entwickelt worden”, bemerkte sie, streifte ihre Handschuhe ab und warf sie in den Abfallbehälter.
“Richtig, es gibt ein paar neue Mittel gegen Depressionen. Ich vermute, dass Lester sie schon ausprobiert hat. Wahrscheinlich haben sie nicht gewirkt.”
Anna hob fragend die Brauen. “Die klassischen Mittel haben auch nichts bewirkt. Sonst wäre er nicht hier gelandet!”
“Richtig!” Pete zuckte die Schultern. “Wären Sie gern Psychiaterin geworden?”, fragte er.
Sie schüttelte vehement den Kopf. “Auf keinen Fall! So viel Frust könnte ich nicht ertragen! Ein Psychiater ist oft sehr hilflos. Wir Notfallmediziner sind da besser dran. Wir können meistens noch etwas tun, nicht wahr?”
“Oh ja!”, rief Carol munter. “Das Wartezimmer ist rappelvoll! Wen soll ich schicken?”
“Der Reihe nach!”, rief Pete zurück.
“Für mich die schweren Fälle, bitte”, meinte Anna und lächelte viel sagend. “Ich bin noch in der Probezeit und muss meine Fähigkeiten unter Beweis stellen!”
Ist das eine Anspielung auf meine häufigen Besuche in ihrer Kabine, fragte sich Pete und beschloss, sie weniger oft zu kontrollieren.
“Warum sind die meisten Menschen montags krank?”, fragte Anna, als sie am Spätnachmittag über den Parkplatz zu ihren Autos gingen.
Pete lachte. “Ich kenne es nicht anders, und ich weiß, dass es in allen
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