Bianca Arztroman Band 0031
war schlau und ehrgeizig, zu ehrgeizig. Sie hatten beide eine Anstellung in der Pädiatrie eines Krankenhauses in den Midlands gehabt, er als Chefarzt und sie in einer weniger einflussreichen Position.
Er war von schneller Auffassungsgabe, charmant und risikobereit. Und Nigel war außergewöhnlich arrogant. Als sie beide in diese schreckliche Affäre geraten waren, hatte er keine Skrupel gehabt, weiter zu praktizieren.
Für Suzannah war es mittlerweile unbegreiflich, was sie an diesem Mann so anziehend gefunden hatte. Von Liebe konnte seinerseits nicht die Rede gewesen sein. Sonst hätte er sie nicht für einen Fehler beschuldigt, den er in einem kindischen Wutausbruch begangen hatte.
Schon am Anfang ihrer Beziehung hatte die viel stillere Suzannah bemerkt, dass Nigel Summers keine Konkurrenz duldete. Eine zu glänzende Persönlichkeit an seiner Seite hätte nur die Aufmerksamkeit von ihm abgelenkt. Damals hatte es ihr nichts ausgemacht.
Bis zu dem Zeitpunkt, als er der kleinen Tochter einer der führenden Persönlichkeiten der Stadt einen Teil der Versorgung aus Verärgerung gestrichen und Suzannah seine Entscheidung angezweifelt hatte, war er mit ihr sehr zufrieden gewesen.
Es war in einer dunklen Novembernacht, als sie Nigel von einem offenbar feuchtfröhlichen Abendessen mit einem seiner Golfkollegen in das Krankenhaus rufen musste.
“Warum ausgerechnet ich?”, schimpfte er. “Es hat eine Ewigkeit gedauert, bis ich ein Taxi gefunden habe. Bin ich denn der einzige Arzt hier in der Gegend?”
“Du bist der Chef der Pädiatrie, Nigel”, entgegnete sie müde. “Es handelt sich um Hannah Kerwin.” Suzannah wusste, wie sehr er von dem sozialen Status des Vaters beeindruckt war. “Du hast selber angeordnet, dass du ständig über ihre Behandlung informiert werden möchtest.”
“Und wo liegt das Problem?”, erkundigte er sich irritiert.
Sie betrachtete ihn für einen Augenblick. Schon seit einiger Zeit hatte sie über ihre Beziehung zu diesem überehrgeizigen Mann nachgedacht.
Es war ein langer Tag, und sie war erschöpft. Eigentlich hätte sie schon zu Hause sein sollen.
Die kleine Hannah litt unter dem Reye-Sheehan-Syndrom. Es verursachte Hirnschwellungen und die Leber war durch anhaltendes Erbrechen beschädigt worden. Dazu kamen Gedächtnisverlust und Delirium, um nur einige der Symptome zu nennen.
Aufgrund der beschädigten Leber war Hannah an das Dialysegerät angeschlossen. Gegen die Hirnschwellungen gab man ihr das Medikament Kortikosteroid. Bis vor etwa einer Stunde war ihr Zustand stabil gewesen.
Die Eltern des Mädchens hatten gerade das Krankenhaus verlassen, als eine der Krankenschwestern zu Suzannah gelaufen kam.
Obwohl die beiden Frauen Nigels Anweisungen befolgten, um den Zustand der Patientin zu stabilisieren, hatte ihn Suzannah in das Krankenhaus bestellt.
Als Nigel dort ankam, war der Zustand des Mädchens deutlich besser geworden, was ihn nur noch mehr verärgerte.
“So etwas kann im Verlauf des Reye-Sheehan-Syndroms vorkommen”, sagte er unfreundlich, während er und Suzannah am Krankenbett standen. “Wir werden das Kortikosteroid für eine Weile absetzen. Der Anfall könnte eine Reaktion darauf gewesen sein.”
Suzannah sah ihn besorgt an. “Bist du sicher?”, fragte sie. Es schien ihr, als wäre Nigel nicht ganz bei der Sache. “Hannah bekommt das Medikament schon seit einiger Zeit, und ich denke …”
Er kniff die Lippen zusammen. Nigel war es nicht gewohnt, dass jemand seine Entscheidung infrage stellte, und entgegnete bissig: “Warum hast du mich herbestellt, wenn du es doch besser weißt? Es wird so gemacht, wie ich es angeordnet habe. Deine Schicht ist ohnehin vorbei, und du siehst wirklich schlecht aus. Am besten gehst du nach Hause.”
Suzannah errötete. Um die Sache für sie noch unangenehmer zu machen, lächelte er der Krankenschwester zu und sagte: “Nicht wahr, Schwester, wir werden die Angelegenheit schon in den Griff bekommen?”
Die junge Frau, die eine von Nigels zahlreichen Verehrerinnen war, strahlte ihn an, woraufhin Suzannah sich ihrer Erschöpfung ergab.
Zu Hause angekommen, ging sie sofort ins Bett, ohne den Wecker zu stellen, da sie den nächsten Tag freihatte.
Am Tag darauf erschien sie zu ihrer gewohnten Schicht im Krankenhaus. Sie ging in Hannahs Zimmer und sah voller Schrecken, dass das Bett leer war. Die Krankenschwester wich ihrem bestürzten Blick aus.
Das war der Anfang eines bösen Albtraumes. Die Krankenschwester erzählte
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