Bianca Arztroman Band 0031
und von neuer Willenskraft, seit wir diesem Arzt begegnet sind?”
Ein Schatten zog über Suzannahs Gesicht. “Nach außen mag das vielleicht so wirken, aber es ist nur auf der Oberfläche.”
Das Essen verlief in bester Stimmung und während Lafe die beiden Jungs mit Geschichten über Eisbären und Polarwölfe faszinierte, folgte John seiner Schwester in die Küche.
Sie blickte ihn fragend an, woraufhin er die Daumen hochhielt und lächelte. “Du glaubst also nicht, dass er mich in ein Iglu verschleppen und verführen würde?” Suzannah musste ebenfalls lächeln. Die Gedanken an seinen schönen Körper weckten ein Verlangen in ihr, dem sie eigentlich abgeschworen hatte.
“Und, habe ich die Prüfung bestanden?”, fragte Lafe, als sie gemeinsam zu seinem Auto gingen.
“Mit Auszeichnung.”
“Und wie steht es mit Ihnen?”
Sie hätte ihm sagen können, dass er wie ein Sonnenstrahl ihr schattiges Leben erhellte, und dass sie seit ihrer ersten Begegnung fortwährend an ihn denken musste. Aber würde das nicht ein Unglück geradezu herausfordern?
Sie antwortete daher mit besonderer Leichtigkeit. “Ich lasse es Sie wissen, sobald feststeht, dass wir zusammenarbeiten werden.”
“Ich wollte von dir wissen, was du über mich als Privatperson denkst.” Er war unversehens zum vertrauten Du übergegangen.
“Unvergesslich.” Es war eine schmeichelhafte Antwort, aber es konnte alles damit gemeint sein.
Er warf lachend den Kopf zurück. “Ich gebe auf. Dann werde ich den zuständigen Personen sagen, dass ich meine Assistenzärztin gefunden habe. Mit welchem englischen Kollegen werden sie sich in Verbindung setzen müssen?”
“Mit Malcolm Stennet, dem Manager.” Sie reichte ihm einen Notizzettel mit dem Adresskopf darauf. “Die Adresse steht hier.”
“Danke”, antwortete er unbeschwert. “Ich rufe dich an, sobald ich ein Ergebnis habe.”
Suzannah nickte und fragte sich, wie das Ergebnis wohl aussehen würde; Suzannah Harding: null Punkte; Nigel Summers, der Herr der gespaltenen Zunge: Sieger?
Als er zu dem Haus zurückfuhr, an dem bald das Schild
Zu verkaufen
hängen würde, war er vollkommen in Gedanken. Die entzückende englische Ärztin war aus einem ihm unbekannten Grund sehr vorsichtig.
Heute war es ganz deutlich geworden, und er fragte sich, woran das lag. Möglicherweise lag der Grund nur darin, dass sie sich erst so kurze Zeit kannten.
Vielleicht glaubt sie, ich sei nach einem zweijährigen Aufenthalt in der Arktis vollkommen sexbesessen, überlegte Lafe amüsiert. Sie konnte nicht wissen, dass auch er auf der Flucht gewesen war. Die Gedanken an Nicolette kamen erst jetzt langsam wieder in sein Bewusstsein.
Seine hübsche jüngere Schwester hätte nicht gewollt, dass er für immer um sie trauerte. Das wusste Lafe. Wenn es nach ihr ginge, würde er seine rastlosen Wanderungen eines Tages einstellen und sich niederlassen.
Und, war er auf dem Weg dahin? Ganz und gar nicht! Jetzt war es sogar soweit, dass er das Haus, in dem sie beide als Kinder glücklich aufgewachsen waren, verkaufen würde. War er verrückt geworden?
Aus England kamen keine Einwände, und in dem kurz darauf folgenden Interview sagte man Suzannah, dass sie die Stelle haben könne.
“Wann fangen wir an?”, erkundigte sie sich, als Lafe ihr die Neuigkeiten telefonisch überbrachte.
“Sobald die Formalitäten erledigt sind, das heißt zum Beispiel deine Arbeitserlaubnis und dergleichen. Der Umbau der Walfangstation ging sehr zügig voran. Jetzt werden nur noch die letzten Kleinigkeiten fertig gestellt. Die Geräte sollen am kommenden Montag einsatzbereit sein. Das heißt, wir müssten uns schon am nächsten Wochenende dort einrichten.”
“Gibt es auch genügend Schlafmöglichkeiten für sechs Angestellte?”, fragte sie.
“Ja. Auch das. Es gibt kleine Hütten; eine für dich, eine für mich, und die anderen vier Mitarbeiter teilen sich jeweils ein Häuschen.”
“Wie abgelegen ist der Ort?”
“Man könnte es vielleicht so beschreiben: Die Station liegt inmitten einer Ansammlung von kleinen Gemeinden, die vom Fischfang leben. Nahezu alle dieser Gemeinden befinden sich unmittelbar an der Küste. Es gibt dort meist ein eigentümliches Motel, einen Supermarkt und manchmal sogar ein Gemeindezentrum, genauer gesagt eine Halle, in der sich das soziale Leben abspielt. Wir werden im Grunde ähnliche Arbeit leisten wie Grenfell, nur dass wir nicht mit Hundeschlitten, sondern mit Autos durch die Landschaft fahren
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