BIANCA EXKLUSIV Band 0174
mal.“
Colby sah sie so intensiv an, dass sie eine Gänsehaut bekam. Irgendetwas an dem Mann irritierte sie, und das lag nicht an seinem hoheitsvollen Gesichtsausdruck, denn Dani war es gewöhnt, unterschätzt zu werden.
Das nutzte sie sogar aus. Sie hatte gelernt, dass man als Frau – besonders wenn man jung und einigermaßen hübsch war – viel mehr erreichte, indem man die anderen glauben ließ, dass sie diejenigen waren, die eine Entscheidung trafen. Es gab ihnen ein Gefühl der Überlegenheit, das sie gelegentlich sogar dazu veranlasste, ihre Spende zu vergrößern oder eine Null an die Schecksumme dranzuhängen.
Dani fand nichts dabei, Wohlhabende ein bisschen zu manipulieren, damit die Bedürftigen davon profitierten. Das war für beide Seiten nützlich. Die einen fühlten sich spendabel, die anderen konnten einen weiteren Tag überleben.
Ihr Nachbar gehörte eindeutig zu den Wohlhabenden. Von den handgearbeiteten Schuhen bis hin zu den eleganten Manschettenknöpfen und der Seidenkrawatte, die vermutlich mehr kostete als das, was Dani pro Woche verdiente, roch Colby Sinclair nach feiner Familie und altem Geld.
Dennoch gab es einen Widerspruch zwischen seinem Verhalten und seinem Blick, in dem trotz seiner Kühle gelegentlich Verständnis aufblitzte.
Mr. Sinclair war eindeutig etwas schwierig. Und sicher nicht durch Small Talk zu beeinflussen. So dankte Dani ihm nur mit einem Lächeln, als er ihr die Glastür aufhielt und sie ins sonnige Los Angeles hinaustrat.
Colby folgte ihr zum Parkplatz. Plötzlich sagte er: „Sie sehen müde aus.“
Dani sah erstaunt auf. In seinen grauen Augen spiegelte sich das Sonnenlicht, und sie entdeckte, dass sein Haar goldene Strähnen hatte. Die Fältchen um seine Augen bewiesen, dass er gelegentlich lachte. Eigentlich sah er richtig gut aus! Komisch, dass ihr das bisher nie aufgefallen war.
Er fügte hinzu: „Ich wollte damit nicht sagen, dass Sie … äh, schlecht aussehen.“
„Ich habe das nicht als Beleidigung empfunden, Mr. Sinclair, ich war nur überrascht, dass es Ihnen aufgefallen ist.“
„Normalerweise wäre es das auch nicht. Ich frage mich nur, ob ich wohl der Einzige bin, der die halbe Nacht wach lag, weil das Baby geschrien hat.“
Dani spannte die Schultern an. „Tut mir leid, die kleine Valerie bekommt gerade Zähne.“
„Das habe ich mir gedacht.“
Das hatte vorwurfsvoll geklungen. Dani schaute Colby direkt an. „Es tut mir aufrichtig leid, dass Sie gestört wurden. Aber wenn ich zwischen dem Wohlbefinden einer obdachlosen Familie und ein paar Stunden Schönheitsschlaf wählen muss, ist mir das Erste wichtiger. Mrs. Risvold ist eine hart arbeitende Frau, die im Augenblick einfach am Ende ihrer Kräfte ist. Erst hat sie ihren Mann verloren, dann ihre Stellung und nun auch noch ihre Wohnung. Sie und die Kinder brauchen Hilfe, und ich brauche nicht erst Ihr Einverständnis dazu, sie ihnen zu gewähren.“
Colby betrachtete Dani nachdenklich, dann nickte er. „Äußerst lobenswert, wenn auch ein bisschen naiv.“ Er schaute auf die Uhr. „Was Ihre unglücklichen Gäste angeht, so erwarte ich, dass sie woanders untergebracht sind, wenn ich heute Abend nach Hause komme. Schönen Tag, Ms. McCullough.“ Damit ging er zu seinem schnittigen Wagen und fuhr davon.
Dani stieg wütend in ihren zehn Jahre alten Kombi und blieb erst mal sitzen.
Im Laufe ihrer Arbeit bei der Fürsorge hatte sie schon Hunderte, vielleicht Tausende von Menschen getroffen, deren Verhalten von großer Liebenswürdigkeit bis zu offener Feindseligkeit reichte, aber sie war mit allen zurechtgekommen. Bis jetzt.
„Oh, Nancy, ich kann dir gar nicht sagen, wie dankbar ich dir bin.“ Dani hatte das Telefon zwischen Ohr und Schulter geklemmt und notierte etwas in ihrem Kalender. „Die Risvolds bleiben auch nur ein paar Tage, bis nächste Woche das neue Heim eröffnet wird.“
„Schon gut“, sagte Nancy fröhlich, „meine Kinder sind den ganzen Tag in der Schule, da ist es ganz nett, Gesellschaft zu haben.“
„Du bist ein Schatz. Aber sag mal, weißt du auch, dass Marta drei Kinder hat und eins davon noch ein Baby ist?“
„Das macht nichts.“
„Es könnte ein bisschen eng werden …“
„Hör schon auf.“ Nancy lachte. „Wenn es dich nicht gegeben hätte, hätte ich nicht mal ein Dach über dem Kopf! Wann immer du etwas brauchst, sag mir Bescheid, okay? Auf mich kannst du zählen.“
„Ich weiß, Nancy. Ich wollte wirklich, ich könnte sie bei mir
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