BIANCA EXKLUSIV Band 0174
ihn doch wohl, oder?“
„Olivia war schon vor ihrem dreißigsten Geburtstag dreimal geschieden. Inzwischen gibt es vielleicht noch ein paar weitere Ehemänner. Wir hatten jahrelang keinen Kontakt. Bis vor ein paar Minuten wusste ich nicht mal, dass ich eine Nichte habe.“ Er seufzte tief. „Sie sehen also: Meine Möglichkeiten sind ziemlich beschränkt.“
Als er wieder zum Telefon greifen wollte, packte Dani sein Handgelenk. „Bitte, tun Sie das nicht. Sie scheinen die Konsequenzen nicht zu begreifen.“
„Und Sie verstehen nicht, dass ich keine Wahl habe.“
„Es gibt immer eine Wahl.“
„Es wäre ja nur vorübergehend. Bis ihre Mutter zurückkehrt.“
„Beim Jugendamt ist nichts vorübergehend. Ein Kind auszusetzen gilt als schweres Vergehen.“
Colby schien allmählich zu begreifen. „Meinen Sie damit, dass, wenn ich das Jugendamt anrufe, meine Schwester Gefahr läuft, das Sorgerecht zu verlieren?“
„Genau das, Mr. Sinclair, und ich werde Ihnen auch erklären, was dann kommt. Solange Megan klein und niedlich ist, wird sie von Pflegefamilie zu Pflegefamilie gereicht, wo sie, wenn sie Glück hat, gelegentlich noch etwas Zuneigung erfährt. Wenn sie dann älter wird, stehen die Chancen gut, dass sie entweder aufsässig wird und in eine Besserungsanstalt kommt, oder aber sie wird still und depressiv und landet in einem Heim.“
„Das hört sich reichlich übertrieben an“, meinte Colby, obgleich er blass geworden war. „Ich dachte immer, die staatliche Fürsorge gehöre mit zu den besten ihrer Art.“
„Ich weiß nur, dass die Menschen dort zwar gute Absichten haben, aber unzureichende Mittel und viel zu wenig Personal. Ich sehe die Ergebnisse jeden Tag: junge Leute, die sich aufgegeben haben, nur noch menschliche Hüllen sind, leere Schalen. Aber selbst wenn Megan zu den Glücklichen gehört, die in einigermaßen normalen Umständen aufwachsen, wird sie niemals ganz verwinden, dass sie ungewollt war und weggegeben wurde.“
Colby schwieg. Er schaute versonnen zu seiner Nichte hinüber, und sein Blick war gar nicht mehr so arrogant, wie Dani ihn anfangs eingeschätzt hatte. Als er schließlich sprach, rührten seine Worte sie. „Jedes Kind verdient es, geliebt zu werden.“
Eine Stunde später war Megan gefüttert, gebadet und mit einer hübschen Strampelhose bekleidet. Colby hatte aus sicherer Entfernung zugesehen und bewundert, wie routiniert seine junge Nachbarin mit dem Baby umging, das sich bei ihr sichtlich wohl fühlte.
Natürlich traute er sich das auch zu. Ein Mann in seiner Stellung benötigte schließlich, um so erfolgreich zu werden, eine gewisse Flexibilität im Erlernen neuer Dinge. Und die Bedürfnisse von Kindern schienen nicht besonders kompliziert zu sein. Olivia hatte eine genaue Aufstellung von Dingen gemacht, die Megan brauchte oder mochte, inklusive Schlaf- und anderer Gewohnheiten, dazu hatte sie eine Vollmacht ausgestellt für eine vorübergehende Vormundschaft.
Alles in allem war Colby optimistisch, dass es dem Kind gutgehen würde, ohne dass sein eigener Tagesablauf groß darunter leiden musste.
Der Ärger über das Verhalten seiner Schwester war der Verwunderung darüber gewichen, wie problemlos seine Nachbarin diese unmögliche Situation bewältigte.
Colby kam ins Schlafzimmer, als Dani gerade die letzten Knöpfe des Strampelanzugs schloss. „So, mein Schatz, alles frisch und sauber und fertig zum Schlafen.“ Der kleine Blondschopf sah auf dem riesigen Bett winzig aus.
Megan kicherte. „Ummmh, jajajaja.“
„Na, was ist?“ Dani beugte sich über sie, und ihre blonden Locken fielen ihr über die Stirn. „Du möchtest am Bauch gekitzelt werden? Na, ich weiß nicht recht.“ Sie schnalzte mit der Zunge. „Am Bauch ist man besonders kitzelig, meinst du, du stehst das durch?“
Megan griff mit ihrer kleinen Faust nach Danis Locken.
„Hey, du bist ja ein kleiner Grobian!“ Lachend barg sie das Gesicht auf dem weichen Bauch der Kleinen und brummte laut, sodass Megan vergnügt quietschte.
Colby staunte, wie anders das noch vor einer Stunde so quengelige Kind sich nun verhielt. Danielle McCullough schien ein Händchen für Kinder zu haben. Er war äußerst froh darüber.
„Also gut, du hast gewonnen.“ Dani befreite ihre Locken aus den Fingern des Babys und nahm es in die Arme. „Zeit, heia-heia zu machen.“
„Heia“, wiederholte Megan das Wort.
Dani hob das Kind auf ihre Hüfte und näherte sich Colby. „Und nun geben wir dem Onkel noch
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