BIANCA EXKLUSIV Band 0174
ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen.
„Wir sollten wohl zurückgehen“, schlug John seufzend vor.
Anne nickte. Es wäre nicht gut, beim Austausch von Zärtlichkeiten erwischt zu werden. Aber noch nie im Leben war es ihr so schwergefallen, sich unter andere Menschen zu mischen.
8. KAPITEL
John trug die Schüssel mit seinem Müsli ins Wohnzimmer, wo er sich während eines gemütlichen Frühstücks einen alten Film im Fernsehen anschauen wollte. Doch er konnte an nichts anderes denken als an Anne und das Picknick am Vortag. Er war an das Chaos und die vielen Menschen bei einem Familientreffen gewöhnt, aber Anne hatte sich nicht sehr wohl gefühlt.
John erinnerte sich daran, wie er sie umarmt und geküsst hatte. Es war ihm natürlich und richtig vorgekommen. Er hatte ihr zeigen wollen, dass sie zu ihm gehörte, und das war ihm für eine Weile auch gelungen. Wenn sie nicht gestört worden wären, dann hätte er sie jetzt vielleicht hier bei sich.
Es klingelte. John öffnete die Tür und sah zu seinem Erstaunen Melinda vor sich. „Was gibt’s?“, fragte er unwirsch.
„Darf ich eintreten? Ich muss mit dir sprechen.“
„Sicher.“ Er führte sie ins Wohnzimmer und bemerkte beiläufig: „Wir haben dich gestern beim Picknick vermisst.“
„Ich hatte viel zu tun.“
„Auch am Samstagabend? Möchtest du einen Kaffee?“
„Nein, danke.“ Melinda zögerte. „Sei mir jetzt bitte nicht böse. Aber ich musste es tun.“
„Was?“ John verstand nicht.
Sie wurde bleich. „Die … die Geschichte über … über Frank und Tim.“
John reagierte, als hätte man ihm einen Schlag versetzt, und stieß scharf den Atem aus. „Wovon redest du?“
Ihr Gesichtsausdruck verriet John, dass Melinda sich verdammt gut bewusst war, wie sehr sie ihn und seine Familie verraten hatte. „Dir ist genau bekannt, wovon ich rede. Und falls ich mich nicht irre, hast du aus diesem Grund mit allen Mitteln versucht, die Wahrheit zu vertuschen. Du wusstest von Anfang an, dass Tim das uneheliche Kind von Frank ist.“
John zuckte zusammen. Diese Information war hochexplosiver Zündstoff. „Wie hast du das herausgefunden?“, fragte er, und seine Ängste verwandelten sich in wilde Wut. Melinda wusste, wie sehr es Tim, Gloria und die drei Mädchen verletzen würde. Trotzdem hatte sie nur an ihren eigenen Vorteil gedacht.
„Nun, ich habe ein bisschen nachgeforscht. Das war nicht sehr schwer.“
„Obwohl ich dich darum gebeten habe, es zu unterlassen?“ Nur mühsam konnte John sich beherrschen.
„Tim hat nicht aufgegeben. Er wollte sich sogar einen Privatdetektiv nehmen. Also half ich ihm. Und wenn du für die schlimme Situation jemandem die Schuld geben willst, dann Anne Haynes. Sie hat mit ihren Untersuchungen in ein Wespennest gestochen und nicht nur Tims Neugierde erweckt.“
„Wessen noch?“
„Bei meinen Recherchen stellte ich fest, dass sich zwei Reporter vom ‚Boston Globe‘ ebenfalls für die Geschichte interessierten. Keine Sorge, sie haben noch nichts entdeckt. Aber früher oder später werden sie auf die Tatsachen stoßen, und darum veröffentlichte ich die wahre Geschichte zuerst.“
„Das hast du gemacht?“, tobte John.
„Ja. Sie erscheint morgen früh in der Lokalpresse und wird dann wahrscheinlich von den Nachrichtenagenturen verbreitet werden.“
„Ist Tim schon informiert?“
„Nein. Deswegen kam ich ja her. Ich dachte, du möchtest vielleicht Tim und Gloria darauf vorbereiten.“
„Du hast es gewusst, nicht wahr?“, rief Tim außer sich. „Du hast es die ganze Zeit gewusst. Darum warst du so dagegen, dass ich Nachforschungen anstelle.“
In diesem Moment hasste John seinen Bruder dafür, dass er außereheliche Beziehungen gehabt und ihn zur Verschwiegenheit verpflichtet hatte. Dafür musste Tim jetzt so leiden. „Ich wollte nicht, dass du verletzt wirst“, erklärte John traurig.
„O nein. Du wolltest nur nicht, dass der Heiligenschein meines Dads zerstört wird“, schrie Tim wild und ballte die Hände zu Fäusten. „Ich hasse ihn, weil er mich angelogen hat.“
„Tim …“
„Geh weg! Ich will nichts mehr hören.“ In blinder Wut hieb Tim mit der Faust auf einen Tisch.
„Aber du wirst es dir anhören müssen.“ John hielt Tims Arme fest. „Dein Vater ist kein Heiliger gewesen und hat sicherlich Fehler gemacht. Aber er versuchte, das Richtige für dich zu tun.“
„Ach ja?“ Tim riss sich los und fauchte in maßlosem Zorn: „Mein Vater war nichts anderes als ein
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