BIANCA EXKLUSIV Band 0174
etwas Schlimmes handelte.
„Tim ist weggelaufen.“
Die Situation in Glorias Haus war genau so chaotisch, wie John befürchtet hatte. Er musste sich nicht nur mit Gloria, sondern auch noch mit ihren halbwüchsigen Töchtern befassen. Zum Glück war Anne mitgekommen, um ihm beizustehen.
„Was regst du dich so auf, Mom?“, fragte Betsy. „Er wird schon wiederauftauchen.“
„Wie kannst du denn nur so unbekümmert sein?“, rief Gloria empört.
„Weil es stimmt. Außerdem sollte Tim sich freuen, dass Dad sein leiblicher Vater ist. Er hat sich doch immer gewünscht, einer von uns zu sein. Also, was soll’s?“
Die vierzehnjährige Hope verdrehte die Augen. „Würdest du vielleicht ausnahmsweise einmal deinen Verstand benutzen, Betsy? Natürlich ist Tim nicht froh. Dass er Dads leiblicher Sohn ist, bedeutet doch, dass Dad sich während der Ehe anderweitig herumgetrieben und amüsiert hat. Und das, obwohl er uns ständig predigte, ja anständig zu bleiben und Gutes zu tun.“
„Mädchen!“ Gloria presste die Hände an die Schläfen. „Bitte, hört auf. Es ist schon schlimm genug, ohne dass ihr euren Senf dazugebt.“
John stellte sich zu Gloria. „Eure Mutter hat recht. Warum geht ihr nicht alle nach oben und beschäftigt euch mit irgendetwas?“
Die sonst so sanfte Susie starrte wütend auf ihre Mutter und ihren Onkel. Sie war sichtlich beleidigt, dass man sie mitten aus der Familienkrise wegschickte. „Okay“, zischte Susie. „Das machen wir. Zufrieden?“
Widerstrebend verschwand das Trio, und John versuchte zu besänftigen. „Gloria, sie wollten dir bestimmt nicht weh tun.“
„Natürlich nicht. Sie wollten mir auf ihre Art helfen.“ Gloria wirkte jetzt viel stärker als in den vergangenen Wochen. Es war, als ob die Probleme und die Ängste um Tim die frühere Energie wiedererweckt hätten. „Leider können sie das nicht“, fügte Gloria hinzu. „Es sei denn, sie fänden Tim und brächten ihn zurück. Wenn ich doch bloß vorhin nicht zusammengebrochen wäre. Vielleicht hätte Tim es dann nicht getan.“
„Es wird alles wieder gut“, tröstete John seine Schwägerin. Er freute sich ehrlich, dass sie endlich zu sich gefunden hatte.
Die ganze Nacht über warteten Gloria, John und Anne bei viel Kaffee auf irgendwelche Neuigkeiten. John wollte Anne nach Hause schicken, doch sie bestand darauf zu bleiben. Als der Morgen dämmerte, rief ein Freund an, dem in Kanada eine Fischerhütte gehörte. Er teilte mit, dass Tim bei ihm sei und so lange bleiben könne, wie er wollte.
„Was jetzt?“, fragte John, nachdem Gloria aufgelegt hatte. Zum ersten Mal seit dem Tod seines Bruders hatte er das Gefühl, dass Gloria mit allem zurechtkommen würde.
„Ich fliege natürlich zu ihm“, erklärte sie energisch. Plötzlich hörte man die Zeitung auf die Stufen vor der Haustür fallen. John ging hin, holte die Zeitung herein und schlug sie auf. Als er Melanies Artikel auf der ersten Seite las, stieß er einen wilden Fluch aus.
Gloria griff nach dem Blatt und überflog den Artikel. „Glücklicherweise ist Tim nicht da, um das zu erleben“, stellte sie ruhig fest.
John blickte auf die Uhr. „Wenn du dich beeilst, kannst du weg sein, bevor die Reporter sich auf uns stürzen.“
„Ja. Aber ich möchte das auch den Mädchen ersparen. John, es fällt mir schwer, dich darum zu bitten, weil du ohnehin schon so viel für uns getan hast. Doch jemand muss die Mädchen auf das Westfield-Anwesen bringen, bis das Ärgste vorbei ist.“
„Das mache ich gern, Gloria.“ Auch John hatte das Bedürfnis, ein wenig allein zu sein. Und der Familienbesitz war derart abgesichert, dass kein Ungebetener die elektronischen Zäune und Tore passieren konnte. Er wandte sich an Anne. „Würden Sie Lily ausrichten, wo ich mich aufhalte? Sie muss all meine geplanten Auftritte vorläufig verschieben.“
Anne nickte. „Selbstverständlich.“
Lächelnd beugte John sich zu ihr und küsste sie leicht auf die Wange. Wenn das vorbei ist, werden wir zusammenbleiben, nahm er sich vor. Ganz gleich, was auch geschieht, ich lasse Anne nicht mehr fort.
Als Anne am Montagmorgen ins Büro trat, rief Lily ihr aufatmend entgegen: „Bin ich froh, dass Sie hier sind!“ Sie fasste Anne am Arm und zog sie an den vielen Reportern vorbei in Johns Privatbüro. „Haben Sie schon die Zeitung gelesen?“
„Leider ja.“ Anne legte die Aktentasche aufs Sofa und seufzte. Sie fühlte sich elend, weil sie an diesem Skandal mitschuldig war.
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