BIANCA EXKLUSIV Band 0187
habe dich doch gar nicht beschuldigt“, unterbrach er sie. „Und ich habe nicht behauptet, du seist schäbig und eine zweifelhafte Person.“ Er machte eine Pause, ehe er hinzufügte: „Unwillkommen bist du auch nicht.“
Ihre Augen wurden ganz dunkel und wirkten geheimnisvoll. „Ich weiß aber, dass ich nicht willkommen bin. Und du hast mir indirekt unterstellt, ich sei schäbig und eine zweifelhafte Person, indem du erklärt hast, du würdest dich nicht erpressen lassen.“
Diese Frau war ihm ein Rätsel. Am Abend zuvor war sie verzweifelt und niedergeschlagen gewesen und hatte geweint. Jetzt war sie empört und entrüstet. Er überlegte, ob ihr Schlafwandeln nur gespielt gewesen war. Schon als Teenager war ihm bewusst geworden, dass sich die Mädchen und Frauen für ihn interessierten. Er konnte sich wie ein Despot aufführen, und einige Frauen liefen trotzdem hinter ihm her. Traf das etwa auch auf Alli zu?
Für Geld nimmt man vieles in Kauf, dachte er ironisch und blickte sie an.
„Du bist nicht unwillkommen“, wiederholte er. „Es tut mir leid, dass ich den Eindruck erweckt habe. Willst du den Kaffee trinken oder nicht?“
„Es hat sich jedenfalls so angehört, als wärst du überzeugt, ich hätte versucht, dich hereinzulegen.“
Sie trank einen Schluck Kaffee. Slade betrachtete ihre Lippen, die verführerisch und sinnlich wirkten. Glücklicherweise steht sie auf der anderen Seite der Küchentheke, sonst könnte ich für nichts garantieren, dachte er.
Die vergangene Nacht war ihm endlos lang vorgekommen. Als er in der Dunkelheit neben Alli im Bett gelegen hatte, hatten ihre sanften Rundungen und ihre feine Haut ihn so sehr erregt, dass er sich nur mühsam hatte beherrschen können, sie nicht zu verführen. Hatte er nicht großspurig behauptet, mit einem starken Willen könne man alles erreichen?
Sogar in diesem Moment begehrte er sie geradezu verzweifelt. Er konnte kaum noch einen klaren Gedanken fassen. Obwohl er ein vorsichtiger Mensch war, wollte er ihr allzu gern glauben, dass sie wirklich einen Albtraum gehabt hatte. Sie hatte sich an ihn geklammert, und er hatte nicht den Eindruck gehabt, sie wünschte sich Sex. Sie hatte sich so zufrieden an ihn geschmiegt, dass er sie mit einem Vogel verglichen hatte, der Schutz vor dem Sturm suchte.
Aber er hatte auch gelernt, nichts für bare Münze zu nehmen. Da er Alli begehrte, war sein Urteil getrübt. Er kannte sie nicht gut genug, um ihr vertrauen zu können.
„Erzähl mir, was du geträumt hast“, bat er sie, während er sich einen Kaffee einschenkte.
Sekundenlang zögerte sie. Dann zuckte sie die Schultern. „Es ist immer derselbe Traum. Ich suche Schutz, doch niemand will mir helfen.“
„Du hast davon geredet, dir sei kalt.“
Als Alli noch einen Schluck Kaffee trank, zitterte ihre Hand.
„Ja. Im Traum bin ich davon überzeugt, dass ich sterben werde, wenn ich nicht gewärmt werde.“
Als Slade sie vor seiner Tür gefunden hatte, hatte sie nicht gezittert, sondern war erstarrt gewesen. Sie hatte sich nicht bewegt, als er ihr den Puls am Hals gefühlt hatte. Er hatte immer noch das Gefühl, ihre seidenweiche Haut unter seinen Fingern zu spüren. Ihre Hände und Füße waren kalt gewesen.
„Kein Wunder, dass du so entsetzt warst.“
Sie umfasste die Tasse mit beiden Händen, als wollte sie sich wärmen. „Kinder haben oft solche Träume, die sich ständig wiederholen. Doch später hört es meist auf.“
„Es überrascht mich, dass du von Kälte träumst, obwohl es auf Valanu nie so kalt wird.“
Sie blickte ihn mit ihren goldbraunen Augen nachdenklich an. „Ja, da hast du recht. Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Ich habe natürlich Grimms Märchen gelesen. Deshalb wusste ich, dass es so etwas gibt.“
In dem Moment läutete es an der Haustür, und Alli zuckte zusammen.
„Entschuldige mich. Ich bin gleich wieder da“, sagte Slade.
Alli sah hinter ihm her. Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Wer mochte das sein? Um acht Uhr morgens kamen bestimmt keine Freunde. War es etwa Caroline Forsythe?
Slade kam jedoch mit zwei Tragetüten wieder herein. „Das Frühstück ist da“, verkündete er. „Ich hatte es bestellt. Nimm deinen Kaffee mit, wir setzen uns an den Esstisch.“
Sie folgte ihm in das kombinierte Ess- und Wohnzimmer. Dieser große Raum wirkte ausgesprochen gemütlich. Die Morgensonne schien durch die Glastüren. Auf der Terrasse, von der aus man einen wunderschönen Blick auf das Wasser hatte,
Weitere Kostenlose Bücher