Bianca Exklusiv Band 0226
weil er annahm, man erwartete das von ihm als, weil er es wirklich bedauerte. „Und wo ist die Damenabteilung? Jetzt muss auch Allison ein Paar ausgeblichene Jeans bekommen. Wir wollen doch nicht, dass sie gar zu vornehm rumläuft, wenn wir ‚cool‘ aussehen.“
„Nein, das ist nicht nötig“, protestierte Allison. Aber genau so, wie sie nicht auf ihn gehört hatten, hörte er nicht auf sie und zog sie zu einer Verkäuferin. „Wir möchten für die Dame ein Paar Jeans genau wie diese hier.“
Aus einem Stapel suchte die Verkäuferin ein Paar für Allison heraus. „Diese hier müssten passen. Die Umkleidekabinen sind dort drüben.“
„Aber …“, begann Allison.
„Kein Aber“, schnitt Justin ihr das Wort ab. „Susan musste es tun, ich musste es tun, und nun bist du an der Reihe. Wenn es auch eine Schande ist, diese fantastischen Beine zu verstecken.“
Allison gab nach und zog sich in eine Umkleidekabine zurück. Mit den Jeans über dem Arm kam sie wieder zurück. „Sie passen gut. Aber ich werde sie bezahlen.“
Er winkte ab. „Betrachte das als Geschenk dafür, dass du uns einkaufen hilfst. Ohne dich wäre Susan dazu verurteilt gewesen, auf ewig ‚doofe‘ Kleider zu tragen, und ich wäre bis ans Ende meines Lebens ‚uncool‘ geblieben.“
„Ja, Miss Greene“, meldete Susan sich. „Du musst sie nehmen. Wenn du deine nicht trägst, dann trägt mein Daddy seine nicht, und dann wird er immer aussehen wie jetzt.“
Lächelnd hob Allison die Hände. „Ich geb’s auf. Es ist eine Verschwörung.“
Doch Justin wünschte eine Klarstellung. „Wieso stört es dich, wie ich aussehe?“
„Jetzt wollen wir Großmutter besuchen, Daddy.“
„Moment mal! Was stört dich an meinem Aussehen?“, wiederholte Justin, doch Allison und Susan strebten schon, lachend und plappernd wie die besten Freunde, dem Ausgang zu.
„Hier also wohnen Carolines Eltern.“ Allison blickte sich um und erkannte sofort den Luxus der Superreichen. Riesige Häuser auf riesigen Grundstücken. Cherry Hills, Kirschhügel. Selbst der Name war anmaßend. Es gab keine Hügel und, soweit Allison erspähen konnte, auch keine Kirschbäume.
Auf jeder Einfahrt, an der sie vorbeikamen, stand ein teures Auto. Gärtner arbeiteten an perfekt gestutzten Rasenflächen und Blumenbeeten mit Sprinklersystem und bereiteten sie für den Winter vor.
Nicht, dass Allison diese Leute um ihren Besitz beneidete. Sie kannte diesen Lebensstil nur zu gut und war froh, nicht daran teilhaben zu müssen, denn sie ahnte, wie viel Traurigkeit und Einsamkeit es hinter mancher dieser luxuriösen Türen gab. Sie wusste aus Erfahrung, dass Geld keine Garantie für Glück war. Die Freunde ihrer Mutter waren oberflächliche unglückliche Menschen. Die Freunde ihres Vaters waren ehrgeizig bis zur Skrupellosigkeit.
Allison war in einer Atmosphäre emotionaler Unsicherheit aufgewachsen. Nichts, was sie tat, schien gut genug zu sein. Ihre Mutter war enttäuscht, keine hübschere Tochter zu haben. Zum achtzehnten Geburtstag hatte sie ihr „carte blanche“ für eine Operation beim besten plastischen Chirurgen von Boston gegeben und ihr eine Schönheitsoperation empfohlen.
Doch Allison hatte das Geschenk an ein Kinderhospital weitergereicht für ein Kind, das mit Defekten geboren wurde und dessen Eltern sich eine Behandlung nicht leisten konnten. Allison war nicht nach Colorado gezogen, nur weil Tante Millie ihr das Haus vererbt hatte. Sie war geflohen. Geflohen vor einem Lebensstil, der dem in dieser Nachbarschaft glich.
„Wir sind da“, erklärte Justin, als er in die Auffahrt einer riesigen Villa im französischen Kolonialstil einbog. „Möchtest du mit reinkommen? Ich weiß nicht, wie lange wir bleiben werden.“
Allison wollte schon sagen, sie bliebe lieber im Wagen. Doch dann sah sie einen Ausdruck in seinem Gesicht, der ihren Vorsatz änderte. Er sah aus, als müsse er in einen Löwenkäfig und ginge nicht gern allein. „Sicher, ich würde Susans Großeltern gern kennenlernen“, willigte sie ein und registrierte seine unmittelbare Erleichterung.
Susan ergriff mit einer Hand, die von Justin und mit der anderen die von Allison, und so gingen sie auf die Eingangstür zu.
Eine hochgewachsene Blondine öffnete die Tür. „Tag, Justin“, grüßte die Frau ohne auch nur einen Anflug von Willkommensein in der Stimme.
„Tag, Charlotte. Darf ich dir Susans Lehrerin vorstellen? Miss Allison Greene.“
„Guten Tag“, sagte Charlotte kurz angebunden.
Weitere Kostenlose Bücher