Bianca Exklusiv Band 229
sein Lächeln machte ihr Mut.
Dotties Hofdamen legten ihr den schweren Samtmantel über die Schultern. An Randolphs Arm ging sie hinaus zu der offenen Kutsche.
Kurz darauf fuhren sie durch die geschmückten Straßen, und die Menschenmenge jubelte ihnen fahnenschwenkend zu.
In der Kathedrale war es kühl und düster. Dottie hatte erwartet, diesen Moment verschwommen wie in einem Traum zu erleben. Stattdessen waren all ihre Sinne geschärft, und sie hörte jeden Ton der Orgel, erkannte einzelne Gesichter. Unzählige Länder hatten Repräsentanten geschickt.
Sie sah Prinz Harold und seine Prinzessin, die eingeladen worden waren, weil die Diplomatie es erforderte. Sophies Gesicht wirkte maskenhaft starr, aber Harold versprühte förmlich Zorn.
Dottie und Randolph blieben vor dem Erzbischof stehen. Die Orgel verstummte, und er verkündete mit erhobener Stimme: „Dieses ist ein glorreicher Tag …“
„Es ist ein schändlicher Tag!“
Betroffenes Schweigen folgte dem Ausruf.
„Es ist ein schändlicher Tag“, fuhr Harold fort, „an dem Ellurien eine Hochstaplerin krönt, die kein Anrecht auf den Thorn hat.“
„Sei still“, verlangte Randolph.
„Du erwartest, dass ich schweige, während ich um meine Rechte betrogen werde?“, empörte Harold sich. „Es ist eine Verschwörung!“ Er zog ein Papier aus der Tasche, wandte sich an die Kirchengemeinde und wedelte damit. „Sie ist keine rechtmäßige Erbin! Sie ist ein Bastard, und hier ist der Beweis!“
„Unsinn!“ Durmand eilte vor. „Die Abstammung Ihrer Majestät wurde zurückverfolgt bis zu Herzog Egbert und für direkt befunden.“
„Direkt, aber nicht ehelich“, beharrte Harold. „Egbert hatte nie ein Kind von seiner Ehefrau. Seine Tochter war das Balg einer außerehelichen Beziehung zu einem Hausmädchen.“
„Das ist doch Unsinn! Wie hätte er es als Kind seiner Frau ausgeben können?“
„Damals konnte er – und das mit dem Stillschweigen seiner Frau. Vergessen Sie nicht, wie lange sie brauchten, um von Ellurien nach England zu reisen. Eine Reise von einigen Tagen dauerte mehrere Monate.“
„Weil sie sich Zeit ließen und Urlaub machten.“
„Weil es leichter war, den Betrug in einem anderen Land zu begehen! Das Kind wurde in der Schweiz geboren, wo beide Frauen unbekannt waren. Sie wohnten in einem abgelegenen Landhaus. Die Zofe brachte das Kind zur Welt. Dem Arzt wurde sie als die Herzogin vorgestellt. Wie hätte er es besser wissen sollen?“
„Aber die Herzogin hätte niemals zugestimmt“, protestierte Durmand.
„Warum nicht? Das Volk hatte sie verhöhnt, weil sie zu alt war, dem Herzog ein Kind zu schenken. Sie reiste mit ihrem angeblichen Baby nach England und wurde nicht länger verhöhnt. Die Zofe wurde abgefunden, aber sie brach ihr Wort und redete.“
Enderlin trat vor. „Niemand hat bisher etwas davon gehört. Die Geschichte ist für meinen Geschmack zu einem verdächtig günstigen Zeitpunkt aufgekommen.“
„Bisher waren es nur Gerüchte. Es hat so lange gedauert, den Beweis zu erbringen, der in den Archiven in der Schweiz aufbewahrt wurde.“ Erneut wedelte Harold mit dem Papier. „Untersuchen Sie den Beweis. Einstweilen verlange ich die Absetzung dieser falschen Königin.“
Dottie schwirrte der Kopf. Nur eines war klar: Randolph stand in Gefahr, zum zweiten Mal alles zu verlieren. Sie selbst würde Freunde und das geliebte Land verlieren, aber ihre Sorge galt ihm. „Randolph“, flüsterte sie betroffen und umklammerte seine Hand.
„Es wird alles gut, Liebes.“
„Aber kann es wahr sein?“
„Es würde mich nicht überraschen“, erwiderte er ruhig. „Der alte Egbert war sehr freizügig mit seiner Gunst. Vermutlich hatte er zahlreiche Affären. Zweifellos ehelichte er seine Frau wegen ihres Geldes, und sie war etliche Jahre älter als er. Das klingt alles sehr wahrscheinlich. Zum Glück ist es nicht früher ans Licht gekommen.“
„Aber Randolph, was macht das denn für einen Unterschied? Jetzt ist es herausgekommen, und ich kann nicht Königin werden, und das bedeutet …“
„Vertrau mir, Dottie, ich mache dich zur Königin, bevor dieser Tag zu Ende geht.“
Sophie starrte Dottie mit einer Mischung aus Triumph und Boshaftigkeit an. „Diese Frau ist eine Hochstaplerin. Sie sollte wegen Staatsbetrugs verhaftet werden.“
„Aber der König wird nie einwilligen“, entgegnete Randolph milde.
„Ich bin der König!“, verkündete Harold.
„Nein, ich bin es“, widersprach Randolph immer
Weitere Kostenlose Bücher