Bianca Exklusiv Band 229
zurückgehalten, hatte ihr Lust bereitet und gezeigt, wie sie auch ihm Lust bereiten konnte.
Im Augenblick brauchte sie Einsamkeit, um sich mit der neuen Person vertraut zu machen, die sie geworden war. Daher stand sie behutsam auf, schlüpfte in ihren Bademantel und öffnete die Terrassentür, die in den Garten führte.
Nun, bei Tageslicht, sah sie, wie klein das Grundstück war. Nicht für sie. Nach Wenford erschien ihr alles geräumig. Es musste allerdings winzig wirken auf einen Mann, der in Palästen aufgewachsen war. Es war jedoch sein Schlupfwinkel, seine Zuflucht.
Sie erblickte einen kleinen Park mit einem Teich und spazierte zum Ufer hinab. Enten glitten begierig zu ihr und tauchten mit empörtem Geschnatter wieder unter Wasser, weil sie mit leeren Händen gekommen war. Lachend wandte sie sich dem Haus zu und erblickte Randolph. Er breitete die Arme aus, und sie lief zu ihm.
Einen Moment lang hielten sie einander schweigend umschlungen. Es gab nichts zu sagen. Was in der vergangenen Nacht geschehen war, war zu tief für Worte.
Nach einer langen Weile begann er zu sprechen. „Ich hatte befürchtet, dass es dir hier nicht gefallen würde.“
„Es ist herrlich hier. Ich wünschte, wir könnten für immer hier bleiben.“
„Ich auch.“ Er küsste sie sanft. „Komm, lass mich dir mein Zuhause zeigen, sodass es zu deinem wird.“
Während des Frühstücks empfahl er ihr, sich leger zu kleiden, was früher mal einfach gewesen wäre. Doch nun hatte sie in ihrer Garderobe nichts Schlichtes mehr. Sie schloss einen Kompromiss mit einer Seidenbluse und einer eleganten Tweedhose.
Randolph hingegen erschien in der authentischen Aufmachung eines Farmers. Nach einem Blick auf seine verwaschenen Jeans und das alte Sweatshirt brach Dottie prompt in Gelächter aus.
„Ich trage nie etwas anderes, wenn ich hier bin“, erklärte er.
Kellensee war ein Farmbetrieb und gerade groß genug, um wirtschaftlich selbstständig zu sein. Randolph züchtete Rinder und Schafe, und obgleich er einen Vorarbeiter beschäftigte, war er selbst sehr engagiert.
„Der Besitz hat meinem Vater gehört“, erklärte er, während sie Hand in Hand durch Wiesen voller Wildblumen und Schmetterlinge wanderten. „Er benutzte ihn als Schlupfwinkel für seine weniger würdigen Hobbys. Angeblich hat er sein Schlafzimmer im Erdgeschoss eingerichtet, damit er nach zu viel Alkoholgenuss nicht die Treppe hinaufsteigen musste. Aber Bier war nicht sein einziges Laster. Es gab verschiedene leichte Damen, die er diskret durch die Terrassentür hinein- und hinauslassen konnte.“
„Und deine Mutter?“
„Sie mochten einander, aber jeder führte sein eigenes Leben. Sie hatte nichts gegen seine Freundinnen, und er war diskret. Ich war erst vierzehn, als sie starb, aber ich kannte die Tatsachen schon lange vorher.“ Er sah einen Schatten über ihr Gesicht huschen. „Was ist denn?“
Sie schüttelte stumm den Kopf.
Statt sie zu bedrängen, fuhr er fort zu erzählen. „Ich fürchte, ich war eine Enttäuschung für meinen Vater. Sein Lebensstil hat mich schockiert, und das empfand er als seltsam.“
„Aber so sehen königliche Ehen doch aus, oder?“
„Einige. Mir hätte es nicht gefallen.“
„Wenn man allerdings jemanden heiraten muss, den man eigentlich gar nicht will, ist es doch verzeihlich, oder?“
„Nein“, entgegnete er heftig. „Wenn du auf Liebhaber anspielst, rate ich dir, das gleich zu vergessen. Ich bin kein toleranter Ehemann.“
„Sei nicht albern“, erwiderte sie und bemühte sich, ihre Freude zu verbergen. „Und wie kommst du darauf, dass ich von mir gesprochen habe?“
Er legte die Fingerspitzen an ihre Lippen. „Waren wir nicht übereingekommen, die Vergangenheit hinter uns zu lassen?“
Sie unterdrückte den Drang, nach Sophie zu fragen. Hatte er nicht recht? War es nicht besser, ihren unglückseligen Auftakt zu vergessen und ein neues Kapitel zu beginnen?
Er nahm ihre Hand und führte sie tiefer in den Wald, bis sie ein dicht bewachsenes Tal erreichten. Auf dem Hügel stand eine kleine Blockhütte. Er führte sie hinein, und sie blickte sich begeistert um.
„Das ist ja ein richtiges Cottage!“
„Es ist ein Versteck, von dem aus man Tiere beobachten kann. Mein Vater hat es gebaut. Wir haben hier die glücklichsten Zeiten zusammen verbracht. Seit seinem Tod komme ich oft allein her.“ Er deutete zu einem rustikalen Bett an einer Wand. „Manchmal übernachte ich sogar hier. Am schönsten ist es im
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