Bianca Exklusiv Band 87
einlud? Alles, was sie wollte, war seine Meinung zu ihrem Artikel.
Sie parkte den Wagen und ging über den Steg. Der Geruch von Salzwasser, Fisch und Teer hing in der Luft. Man hörte das leise Rauschen des Wassers; die Boote schlugen leicht aneinander.
Aus dem Hausboot drang Licht und das tippende Geräusch einer Schreibmaschine. Sie umklammerte ihre beschriebenen Seiten fest und klopfte an die Tür. Erst nach dem zweiten Klopfen hörte das Tippen auf. Schritte näherten sich, die Tür wurde geöffnet.
„Was gibt’s?” fragte Trevor barsch. Dann erkannte er sie und seine Stimme nahm einen anderen Ton an. „Wenn das nicht meine Chefin ist!”
Sie war überzeugt, dass er sie nur „Chefin” nannte, um sie zu verunsichern. „Darf ich reinkommen?”
Er trug einen weißen Rollkragenpullover, der die Kontur seiner breiten Schultern betonte, und legere Hosen aus leinenähnlichem Material, mit einem Seil als Gürtel. Seine bloßen Füße steckten in einfachen Strandschuhen. Jetzt fehlt ihm nur noch der goldene Ohrring und die schwarze Augenklappe, und der Pirat wäre perfekt, dachte Linda bei sich.
Innen war das Hausboot gemütlicher und größer, als man von außen vermuten konnte. Außer seinem Schreibtisch, auf dem sich die Papiere stapelten, und einer Stereoanlage beherrschten Rattanmöbel, geflochtene Reedteppiche und volle Bücherregale das Bild. Rechts ging es zur Küche, links stand eine Tür halb offen und ließ den Blick auf ein verwühltes Wasserbett zu. Ihr kam die blonde Frau in den Sinn. Hatten Trevor und sie zusammen hier heute Abend das Bett benutzt?
Sie wandte ihre Augen, ihre Wangen brannten. „Ich war noch nie auf einem Hausboot.”
„Und, was halten Sie davon?”
Sie wanderte durch den Raum. Wie zwei Krieger, die sich vorsichtig taxieren, dachte sie. Ob er ihre Gegenwart genauso stark wahrnahm wie sie die seine?
„Sieht ganz gemütlich aus”, murmelte sie.
„Ist es auch.”
„Ich habe gehört, dass Sie vor einem Jahr nur mit einem Motorrad in die Stadt gekommen sind.”
Ein Schatten verdunkelte sein Gesicht. „Sie haben sich über mich erkundigt?”
„Mir wurden lediglich einige Gerüchte gratis geboten. Ich erwähne dies nur, weil es den Anschein hat, als ob Sie sich innerhalb eines Jahres recht gut ausgestattet hier niederlassen konnten. Da mir das Gleiche bevorsteht, interessiert mich, wie.”
„Das ist nicht schwer. Was Sie hier sehen, sind Ausverkäufe. Solches Zeug kriegen Sie fast geschenkt, vor allem, wenn man bei der Zeitung arbeitet und die Verkaufs-Angebote eher als jeder andere in der Stadt sieht.”
„Das stimmt allerdings.”
Sie war vor den Regalen angelangt und studierte die Buchrücken. „Lexika, Nachschlagewerke, Geschichte, Biografien, Psychologie, Romane.” Sie nahm eine Anthologie der englischen Literatur aus dem Regal. „Aha, Sir Walter Scott. Daher also. Ich war wirklich beeindruckt, wissen Sie das?”
„Sind Sie hierher gekommen, um eine Auflistung meiner Bücher vorzunehmen?”
„Nein, natürlich nicht, ich wollte nicht neugierig scheinen”, entschuldigte sie sich errötend.
Sie hielt ihm ihr Machwerk entgegen. „Ich hatte einige Ideen für meinen ersten Leitartikel. Ich wollte gern Ihre Meinung dazu hören.”
Er zog eine Augenbraue in die Höhe. „Sie wollen wirklich meine Meinung hören? Sie sind doch professionelle Autorin. Sie schreiben für die großen Frauenmagazine. Ich bin nur ein Zeitungsmann in einer Kleinstadt.”
„Deshalb möchte ich ja gerade, dass Sie mir sagen, was Sie davon halten. Ich schreibe hier für eine völlig andere Leserschaft. Sie kennen die Leser hier besser, Sie können die Reaktionen abschätzen.”
„Also gut. Möchten Sie ein Glas mit mir trinken, während ich mir das hier durchlese? Ich habe gerade eine Flasche Champagner im Kühlschrank.”
Linda dachte an Shodra Nichols. Ärger stieg in ihr auf. „Oh, hatten Sie eine Party?” fragte sie kühl.
„Ein paar Freunde haben vorbeigeschaut.” Gebrauch lieber den Singular, dachte sie erbost.
Er verschwand in der Küche und kam kurz danach mit zwei vollen Gläsern zurück. Mit kalten Fingern umfasste Linda das ihr angebotene Glas und unterdrückte den Impuls, ihm den Inhalt ins Gesicht zu schleudern. Was war bloß los mit ihr? Was machte es für einen Unterschied, ob Trevor Messano mit Shodra Nichols in seinem Schlafzimmer eine Party veranstaltet und diesen Champagner getrunken hatte? Sie verlor ihren Verstand, sie musste sich
Weitere Kostenlose Bücher