Bianca Extra Band 2
vorgeherrscht. Dann, ohne jede Vorwarnung, war alles abrupt zu Ende gegangen.
Sie dachte an ihre eigenen Eltern und konnte sich nicht vorstellen, beide unverhofft zu verlieren und keine Möglichkeit zu haben, sich zu verabschieden. „Du musst sie furchtbar vermissen.“
„In letzter Zeit denke ich sehr oft an sie und erinnere mich, wie es war, Teil einer Familie zu sein.“ Travis sprach in die Finsternis, den Blick geradeaus gerichtet. „Bis vor Kurzem war mir nicht klar, wie sehr ich es vermisse, ein echtes Zuhause zu haben.“
Sie zog die Brauen zusammen. Er hatte immer behauptet, zu seinem Glück nur ein Bett, einen BMW und einen XXL-Bildschirm zu brauchen. Bevor sie die seltsame Bemerkung hinterfragen konnte, öffnete einer der Organisatoren die Terrassentüren und rief alle Gäste hinein.
Travis legte ihr die Hände auf die Schultern und drehte sie zum Gebäude um.
Sie wünschte, sie könnten draußen bleiben und weiter reden. Das Gespräch wirkte unvollendet, als stünde der wichtigste Teil kurz bevor. Aber schon schob er sie zur Tür.
Seine Miene wirkte undurchdringlich, allerdings sah sie einen Anflug von Traurigkeit in seinen Augen. Obwohl sie sich vorgenommen hatte, Distanz zu wahren, griff sie impulsiv nach seiner Hand.
Seine Finger schlossen sich fest um ihre. Seine Augen blitzten auf. Die Traurigkeit machte einem intensiveren Gefühl Platz.
Mary Karen spürte ihr Herz hämmern und befeuchtete sich die Lippen mit der Zungenspitze.
Die Stimme von Harlan Stromberg, dem Leiter des Krankenhauses von Jackson Hole, füllte den großen Ballsaal. „Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.“
Obwohl die meisten Anwesenden die Aufforderung unverzüglich befolgten, schlenderte Travis ganz gemächlich durch den Saal. Dabei hielt er ihre Hand ganz fest in seiner. Hin und wieder blieb er stehen, um mit Kollegen zu sprechen, und stellte Mary Karen diejenigen Leute vor, die sie noch nicht kannte. In seiner Stimme lag ein besitzergreifender Unterton, den sie nie zuvor gehört hatte, und in seinen Augen eine ausgeprägte Wärme, wann immer er sie anblickte.
Sie selbst benahm sich auch etwas besitzergreifend, vor allem, wenn sie auf seine Exfreundinnen trafen. Er verhielt sich ihnen gegenüber zwar freundlich, machte aber deutlich, dass die Frau an seiner Seite die Einzige war, die ihn an diesem Abend interessierte.
Die freien Plätze wurden immer rarer. Mary Karen hätte sich gern in den hinteren Bereich gesetzt, falls sie plötzlich den Waschraum aufsuchen musste, doch Travis führte sie an einen Tisch direkt vor dem Podium.
„Hier ist ja reserviert!“, stellte sie fest, sobald sie sich gesetzt hatten. Sie deutete zu dem entsprechenden Schild und wollte wieder aufstehen, doch er hielt sie mit einer Hand auf ihrem Knie zurück.
Im selben Moment nahmen Harlan und der Amtsarzt Dr. Grant nebst Ehefrauen ihre Plätze am Tisch ein.
„Es ist ein Jammer, dass David und seine Frau heute nicht bei uns sein können.“ Anita Stromberg blickte zu zwei leeren Stühlen. „Vorsichtshalber haben wir ihre Plätze trotzdem frei gehalten.“
„Sie wären gern gekommen“, versicherte Travis, „aber July hatte den ganzen Tag immer mal wieder Wehen. Deswegen sind sie lieber zu Hause geblieben.“
„Das klingt ja, als ob der Kleine schon sehr bald das Licht das Welt erblicken wird!?“
„Es könnte durchaus noch heute Abend passieren.“
Verstohlen trat sie Travis unter dem Tisch auf den Fuß. Sie konnte es nicht fassen, dass er ihr nichts von den Wehen erzählt hatte. „Ich sollte schnell mal anrufen.“ Während der Entbindung sollten ihre Eltern nämlich auf Julys und Davids einjährigen Sohn Adam aufpassen.
„Ach, kann das nicht warten?“ Anita Stromberg wirkte enttäuscht. „Harlan verleiht gleich die Auszeichnungen. Das wollen Sie doch sicherlich nicht versäumen.“
Eigentlich hätte Mary Karen die langweiligen Ehrungen sehr gern verpasst, aber die beiden Ehepaare blickten sie an, als wäre es völlig unangebracht, sich jetzt zu entfernen. Und obwohl sie rein gar nichts mit Krankenhauspolitik zu tun hatte, lag der Fall bei Travis ganz anders. Deshalb sagte sie: „Sie haben recht, die Zeremonie will ich wirklich nicht verpassen.“
Er flüsterte ihr zu: „Falls du in den Waschraum musst, erfinde ich eine Ausrede.“
„Ich wollte nur schnell July anrufen. Das kann warten.“
Harlan betrat das Podium und tippte auf das Mikrofon. Sobald es im Saal still wurde, verkündete er: „Als Erstes vergeben wir
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