Bianca Extra Band 2
Augenblick wurden Rebecca zwei Dinge klar. Erstens: ihre Zähne klapperten, und sie hatte das bisher gar nicht bemerkt. Und zweitens: „Warum sitze ich jetzt auf dieser Bank? Ich finde die Idee mit dem Krankenhaus gut, Seth. Richtig toll .“
Er kniete sich vor sie hin. „Hör zu, Liebes. Ich muss das Auto holen, damit du keine drei Blocks weit laufen musst. Wenn ich das allein mache, bin ich viel schneller. Aber dafür muss ich dich kurz allein lassen. Ich verspreche, dass ich mich beeile. Schaffst du das?“
Rebecca starrte ihn an. Den Mann, den sie liebte. Bei dessen Anblick sie Herzklopfen bekam. Der tiefe Sehnsüchte in ihr weckte. Der sie mit einer einzigen Berührung dahinschmelzen ließ. Für den sie vielleicht ihr ganzes Leben ändern würde. Und als sie ihn anstarrte, kamen ihr noch zwei Dinge in den Sinn.
Erstens: Er hatte offensichtlich den Verstand verloren. Zweitens: Sie würde ihn erwürgen.
„Wag es nicht“, flüsterte sie. „Wehe, du …“
Er küsste sie. Heftig. Hastig. „Du hast ja recht, Süße. Schon verstanden.“ Seth zog sie auf die Füße und hob sie dann wieder hoch. „Ich bin ein Idiot, dass ich das überhaupt vorgeschlagen habe. Ich werde dich keine Sekunde allein lassen.“
Seth lehnte sich an die Wand vor Rebeccas Krankenhauszimmer. Alles war so schnell passiert. Als sie am Vorabend im Krankenhaus angekommen waren, war er überzeugt gewesen, dass die Geburt ihres Babys kurz bevorstand.
Aber Rebeccas Arzt hatte auf die Risiken einer verfrühten Geburt – auch noch so spät in der Schwangerschaft – hingewiesen. Die Risiken waren gering. Aber mit sechsunddreißig Wochen waren die Lungen der Kleinen noch nicht voll entwickelt. Weil die Fruchtblase nicht geplatzt war und jeder Tag dem Baby mehr Zeit gab, die Lungen voll zu entwickeln, hatte der Arzt zu dem Versuch geraten, die Wehen zu stoppen.
Der Arzt hatte Rebecca sofort an den Tropf gehängt. Innerhalb einer Stunde kamen die Wehen deutlich langsamer. Nach drei Stunden hatten sie aufgehört. Nach fünf Stunden war Rebecca eingeschlafen.
Lange Zeit hatte Seth es nicht über sich gebracht, sich von Rebeccas Seite zu rühren. Also war er im Zimmer geblieben und hatte dem leichten, rhythmischen, beruhigenden Herzschlag seiner Tochter durch den Monitor zugehört und Rebecca beim Schlafen zugesehen.
Bis ihn auf einmal, urplötzlich, alles eingeholt hatte. Die Panik und die Hilflosigkeit. Er zitterte vor Schock. Er hatte schon Angst, dass er sich übergeben würde, nur weil die Nerven mit ihm durchgingen.
Also ging er auf dem Flur auf und ab, betrachtete die Neugeborenen durch das Fenster, ging weiter. Inzwischen fühlte er sich innerlich ganz leer und mehr als erschöpft und fragte sich, was er tun sollte.
Zum allerersten Mal verstand er Rebeccas Sicht der Dinge. Auch wenn er nie glauben würde, dass ihre Entscheidung richtig war, ihn von dem Kind fernzuhalten, konnte er auf einmal gut verstehen, warum sie diesen Versuch unternommen hatte.
Er hatte ihr schon vergeben. Sie jetzt auch noch zu verstehen, hätte befreiend sein sollen. Stattdessen war er völlig durcheinander.
Denn obwohl er angefangen hatte, darüber nachzudenken, sein Leben für Rebecca zu ändern, hatte er immer noch gehofft, dass sie ihr Leben für ihn aufgeben würde. Vielleicht hatte er sogar insgeheim gedacht, dass sie ihm das schuldig war. Aber verdammt, jetzt konnte er das nicht mehr denken. Denn jetzt verstand er sie wirklich.
Seine zehnjährige Dienstzeit bei der Air Force war in drei Monaten vorbei. Davon hatte er Rebecca nichts gesagt. Sie wusste nicht, dass er schon im September die Möglichkeit hatte, das Risiko auszuschalten, vor dem sie solche Angst hatte.
Oder er könnte seinen Dienst verlängern. Solange er wollte. Oder er könnte seinen ursprünglichen Plan weiterverfolgen. Wenn er sich für weitere fünf Jahre verpflichtete, könnte er sich den Pilotenbonus sichern. Das war gutes Geld wert. Und gleichzeitig könnte er das tun, was er als seine Berufung ansah. Ja, er hatte die Wahl.
Er hatte die Möglichkeit, Rebecca das zu geben, was sie wollte. Wahrscheinlich wäre das auch genau die Entscheidung, die seiner Familie lieber wäre. Aber die bittere Wahrheit war, dass Seth alles wollte: die Frau, das Kind und die Karriere, die er liebte.
Und deswegen war er ein egoistischer Bastard. Oder etwa nicht?
8. KAPITEL
Donnerstagnachmittag saß Rebecca mit einem Haufen Zeitschriften links von ihr und einem Stapel Babybücher rechts von ihr
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