BIANCA SPEZIAL Band 04
einfach so, als hättest du sie nie gesehen.“
Flo nahm ihr die Schachtel aus der Hand und drückte sie an die Brust. „Nimmst du sie mir weg, bin ich gezwungen, dich umzubringen.“ Sie hob den Deckel und seufzte. „Oh, mit Schokolade und Gelee! Da kann ich wirklich nicht widerstehen.“
Heather lachte. „Nur zu, bedien dich. Ich bringe Diane in ihr Zimmer.“
Diane war bereits seit fünf Uhr auf und zufrieden, in dem inzwischen vertrauten Bett zu liegen. Heather zog eine Spieldose auf und tätschelte ihr den Bauch. „Schrei nur, wenn du etwas brauchst. Tante Flo wird hier hereinstürzen, noch bevor du zum zweiten Mal Luft holen kannst.“
„Ich kann dich hören!“, rief Flo aus dem Nebenzimmer.
„Ich dachte, du wärst mit der Aufnahme von Zucker beschäftigt.“
„Das bin ich auch. Bring dir eine Tasse Kaffee mit.“
Heather tat wie geheißen und setzte sich an ihren Schreibtisch.
„Ich esse nur einen“, verkündete Flo. „Wenn du mich in der Nähe der Schachtel siehst, darfst du mich wegzerren, notfalls an den Haaren. Du musst mich vor mir selbst schützen.“
„Warum bist du denn auf Diät? Du siehst doch großartig aus.“
Flo verdrehte die Augen. „Und das von einer Größe 34!“
„Ich habe nicht 34, und du siehst wirklich großartig aus. Ich wünschte, ich hätte auch ein paar Kurven wie du. Aber ich war mein Leben lang dünn. Meine Arme und Beine sehen aus wie Stangen. Ich hasse es, Badeanzüge zu tragen, weil ich sie nicht ausfülle. Ich habe jetzt nur Busen, weil ich stille, und der geht wieder weg, ehe ich mich’s versehe.“
Flo trug wie gewöhnlich hautenge Kleidung. An diesem Tag waren es eine magentarote Bluse und eine schwarze Hose. „Ich habe keine Spur von Mitgefühl, aber es tut gut, dich über deinen Körper klagen zu hören, den ich als wundervoll ansehe.“
„Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie furchtbar es ist, nicht einmal Körbchengröße A auszufüllen.“
„Das ist doch harmlos. Ich nehme schon zu, wenn ich Essen nur anschaue. Ich hatte noch nie einen flachen Bauch, und wenn meine Brüste noch größer wären, könnte ich nicht mehr gerade stehen.“
Heather lachte. „Mir hat mal ein Mann gesagt, meine Hüftknochen wären so scharf, dass er befürchtet, sie könnten ihn durchbohren.“
„Wirklich? Ich könnte dir viel Schlimmeres erzählen, aber ich fühle mich besser, wenn ich dich diesen kleinen Wettbewerb gewinnen lassen.“
„Danke, Flo.“
„Wofür?“
„Für alles. Du bist sehr freundlich zu mir.“
„Ich mag es, dich hier zu haben. Es war ziemlich einsam hier als einzige Frau.“
„Aber hier arbeiten so viele tolle Männer. Gefällt dir das nicht?“
Flos Miene verdüsterte sich. „Ich bin kein besonders großer Fan der Spezies Mann. Ich bete Jim an und würde alles für ihn tun, und ich habe jetzt einen großartigen Mann in meinem Leben. Aber das war nicht immer so.“
Heather wusste nicht, was sie zu diesem höchst persönlichen Thema sagen sollte. Obwohl sie Interesse an ihrer neuen Freundin hatte, wollte sie sich nicht in deren Privatangelegenheiten einmischen.
Flo beugte sich zu ihr vor. „Mach dir keine Gedanken. Ich binde es nicht jedem auf die Nase, aber ich mache auch kein Geheimnis daraus. Ich wurde misshandelt. Mein Exmann hat mich von unserer Hochzeitsnacht an bis zu unserer Trennung fünfundzwanzig Jahre später geschlagen.“
Unwillkürlich stieß Heather einen entsetzten Laut aus.
Flo lächelte betrübt.„Ich weiß, was du denkst. Warum, in aller Welt, ich es so lange bei ihm ausgehalten habe.“ Sie zuckte die Achseln. „Damals hätte ich dir eine ellenlange Liste mit Gründen nennen können. Ich hatte keine Ausbildung. Er ließ mich nicht arbeiten und keine Freunde haben. Ich war sehr isoliert. Aber wenn ich jetzt bedenke, wie furchtbar es damals war und wie weit ich es inzwischen gebracht habe, verstehe ich selbst nicht, warum ich so lange gebraucht habe, um den Mut aufzubringen.“
„Ich verurteile dich nicht“, beteuerte Heather hastig.
„Ich weiß.“ Flo seufzte. „Eines Abends war er wieder mal total betrunken und grundlos eifersüchtig. Ich war damals im vierten Monat. Er behauptete, das Baby sei nicht von ihm, und wollte mich dafür bestrafen. Er schlug und trat mich so hart, dass ich das Baby verlor und keine Kinder mehr kriegen kann. Da beschloss ich, ihn lieber zu verlassen und zu riskieren, von ihm verfolgt und erschossen zu werden, als zu bleiben und auch nur noch einen einzigen Schlag
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