BIANCA SPEZIAL Band 06
Dann nahm er seinen Platz hinter dem Steuer ein. „Deine Vermieterin war beschäftigt. Was meinst du, sitzt du in diesem Wagen nicht viel bequemer als in dem Porsche?“
Es war ein zauberhafter, sonniger Tag. Südkalifornien zeigte sich von der besten Seite. Irgendwo im Norden und Osten jedoch würde der Sommer bald in Herbst übergehen. Obwohl sie ihr ganzes Leben im sonnigen Westen verbracht hatte, fühlte sie immer den Herbst in ihrem Innern, so als ignorierte eine innere Uhr die Umgebung hier, in der es keine jahreszeitlichen Veränderungen gab.
Sie lächelte. Demnächst hatte ihre innere Uhr andere Pflichten anzuzeigen. Die Gedanken an ihr Baby brachten sie in die Gegenwart und zu Sin zurück. Sein Anblick erfüllte sie mit seltsamer Scheu, ohne den Grund dafür zu kennen. Vielleicht lag es an den abrupten Bewegungen, dem selbstbewusst vorgeschobenen Kinn. Seine ruhige und lässige Art sich zu geben schien sich verändert zu haben. Die Haltung des Kopfes und der Schultern wirkte beinahe militärisch korrekt. Und der Mund, der so oft gelacht hatte, war offensichtlich nicht mehr dazu fähig.
Nun, vielleicht bildete sie sich das alles auch nur ein, weil sie zu lange ans Bett gefesselt war. Diese sechsunddreißig Stunden kamen ihr vor wie ein Monat im Gefängnis. „Ich kann es gar nicht erwarten, nach Hause zu kommen“, sagte sie, als Sin auf den Highway einbog. „Ich habe tausend Sachen vor …“ Während sie Sin alle Einzelheiten mitteilte, erklärte sie sich sein Schweigen damit, dass er sich scharf aufs Fahren konzentrierte.
Beim Erreichen des Freeway ging Bobbi der lockere Gesprächsstoff aus. „Was hatte Mrs. Grabinski heute eigentlich zu tun?“, erkundigte sie sich.
„Wer?“, fragte Sin zerstreut, während er in den Seitenspiegel blickte.
„Mrs. Grabinski, meine Vermieterin.“
„Ach so. Irgendetwas mit ihrer Tochter.“
„Ich dachte, ihre Tochter wohnt in Tucson.“
„Dann besucht sie sie wohl dort.“
„Und welches ist dein Ziel im Moment?“ Sie befühlte den Ärmel seines blau-weiß gestreiften Rugbyhemdes. „Offensichtlich nicht die Kanzlei.“
Sin schüttelte den Kopf. „Ich besitze eine Hütte im Willamette Valley in Oregon. Dort kann man wunderbar fischen.“
„Ist das in der Nähe von Patrick und Ginas Hotel?“
„Ungefähr achtzig Meilen weiter über eine zauberhafte Bergkette hinweg.“
Wie schön für Sin, dachte Bobbi. Aber ich habe Wichtigeres zu tun. Letzte Nacht in ihrem Krankenhausbett hatte sie bereits angefangen, Pläne zu schmieden. Für sie war Schluss mit dem unbeschwerten Leben in den Tag hinein. Sie musste ihren Kundenkreis erweitern, musste Nutzen ziehen aus der Bekanntschaft jener Personen, die sie bei Rebecca kennengelernt hatte. Vielleicht sollte sie eine Werkstatt in einem Antikhof pachten, wo sie dann die Stücke verkaufen konnte, die sie noch zusätzlich restaurierte. Möglicherweise fand sie ein kleines Haus zur Miete. Eines mit einem Garten und einem Zaun …
In diesem Moment bog Sin auf eine Straße ab, die zu einem Autobahnkreuz führte. Bobbi war froh, dass er es aufgegeben hatte, mit ihr über ihre Entscheidung wegen des Sorgerechts für das Baby zu streiten. Offensichtlich hatte er seine Meinung geändert.
Sie nahm sich nämlich ihrer Probleme gern auf eigene Weise an. Und in diesem höchst wichtigen Stadium ihres Lebens hatte sie nun mal ganz eigene Vorstellungen.
„Ich möchte dir sagen“, begann sie, „wie sehr ich mich über deine Haltung in dieser Angelegenheit freue.“
Sin warf ihr einen flüchtigen Blick zu. „Tatsächlich?“
„Ja.“ Bobbi öffnete das Fenster an ihrer Seite. Ihr Haar flatterte im Wind. Sie drehte sich zu Sin um. „Ich hätte es bedauert, wenn du dich weiterhin so besitzergreifend und bestimmend gezeigt hättest. Es ist mein Baby, und das klügste für dich wäre, dein Leben zu leben und mich das meine leben zu lassen.“
Erneut schaute er sie von der Seite an, aber diesmal sagte er nichts.
Staunend freute sie sich über die Tatsache, bereits zwanzig Minuten ohne Streit in Sins Gesellschaft zu verbringen, als sie die vor sich über der Fahrbahn angebrachte Straßenübersicht las.
„Sin, du nimmst den falschen Weg“, warnte sie und wies über ihre Schulter.
Sin behielt den Straßenverkehr im Auge. „Nein, das ist der richtige.“
„Sinclair …“ In ihrer Besorgnis klang Bobbis Stimme plötzlich schrill. Sie hatte Mühe, nicht zu schreien. „Wohin fahren wir?“
Er lächelte sie an. „Gehst
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