BIANCA SPEZIAL Band 06
Bild vor Augen: der tolle blonde Playboy in seiner Junggesellenumgebung und sie, Bobbi Perducci, in ihrer engen Garagenwerkstatt, in der es nach Leim, Farbe und Lacken roch. Es konnte nicht funktionieren. Sin war der falsche Mann.
Rasch richtete sie sich zu ihrer vollen Größe von einssechzig auf, hauchte ihm einen Kuss zu und sagte, ehe sie das Schlafzimmer verließ: „Du solltest mich gehen lassen, Sin. Und weiterhin viel Glück bei … allem.“
Sie schloss die Tür hinter sich und biss sich auf die Lippe. Viel Glück bei allem? Fabelhafter Abgang. Sins verwirrte Miene zeigte ihr, dass er anscheinend nicht ahnte, was sie gemeint hatte.
Wie verabschiedet man sich von einem Mann, mit dem man gerade geschlafen hat, obwohl man ihn nicht länger als acht Stunden kannte, und den man auch nie wiederzusehen wünscht? Bobbi tat, was ihr gerade einfiel. Sie eilte davon.
Paul Sinclair lehnte sich in seinem Schreibtischsessel zurück und starrte trübsinnig auf Bobbi Perduccis rote Ohrringe. Sie waren ihm an jenem unvergesslichen Abend vor einer Woche aufgefallen, weil sie die gleiche Farbe hatten wie ihr Pullover.
Während der Hochzeitsfeier von Patrick und Gina hatte Bobbi kühl, wie ein Standbild in graue Seide gehüllt, hinter der Braut gestanden. Doch später, als sie sich umgekleidet hatten und vor der Abreise der Gallaghers nach Oregon zum Lunch gegangen waren, hatte Bobbi eine enge schwarze Hose und einen roten Pullover an und lächelte ein zauberhaftes Lächeln, das Sin förmlich umwarf.
Die Ohrringe hatte sie in seiner Wohnung vergessen. Unfassbar, sie hatte sein Zimmer verlassen, als hätte sie einer Tupperparty beigewohnt. Noch immer brachte ihn der Gedanke daran in Wut.
Am meisten ärgerte es ihn, dass er sich ihr Verhalten nicht erklären konnte. Für gewöhnlich waren ihm Leute und Situationen zuwider, die er nicht verstand.
Am Abend war Bobbi charmant und bezaubernd gewesen. Rührend verletzlich auf eine Weise, wie sie Sin seit dem Besuch der Highschool bei keiner Frau mehr aufgefallen war. Er hatte viele Liebesnächte erlebt, doch seit Langem war ihm keine so bedeutungsvoll wie die mit Bobbi erschienen.
Aber gerade als er überzeugt war, einen neuen Typ Frau gefunden zu haben, machte sie sich gleich nach dem Aufwachen davon, als handelte es sich um etwas so Geringes wie eine zufällige Begegnung.
Nachdenklich ließ Sin den Zeigefinger über die Cloisonnéherzen gleiten. Er war überzeugt gewesen, Bobbi würde als Erste anrufen, so wie er es von den anderen Frauen gewohnt war.
Er wählte Bobbis Nummer, die er vor ein paar Tagen im Telefonbuch nachgeschlagen hatte. Vor dem zweiten Rufzeichen änderte er jedoch seine Meinung und legte wieder auf. Nein, sie wird bestimmt noch anrufen.
Zufrieden lächelte er, als dann das Telefon tatsächlich läutete. „Paul Sinclair“, sagte er ruhig.
„Sin, hier spricht Patrick.“
Sin ließ die rasende Enttäuschung nicht Oberhand gewinnen. „Hallo!“ Patricks freundschaftlicher Ton brachte Sin nach einer Woche verwirrender, erotischer Tagträume in die Wirklichkeit zurück. Er erinnerte ihn an das geplante Vorhaben, das Wochenende um den dreißigsten Mai mit ihm und Gina in Candle Bay zu verbringen. „Sei nett, und bring Bobbi mit. Gina würde sich freuen, sie zu sehen. Sie hat eine harte Woche hinter sich.“
„Fühlt sich Gina nicht wohl?“
„Doch, es geht ihr ausgezeichnet.“
Die Freunde plauderten noch eine Weile und machten sich gegenseitig freundliche und weniger freundliche Komplimente, ehe sie auflegten.
Endlich hatte Sin einen legitimen Grund, Bobbi anzurufen. Aber bis Ende Mai waren es noch vier Wochen. Sin wollte doch lieber noch einige Zeit mit dem Telefonieren warten, damit Bobbi nicht glaubte, der Anruf habe etwas mit jener Nacht zu tun. Später, wenn er dann in Candle Bay mit ihr schlief, wollte er ihr auch die Ohrklipps zurückgeben.
2. KAPITEL
August …
Bobbi parkte vor dem im georgianischen Stil erbauten Herrenhaus, das auf einem hohen, grasbedeckten Wall in der exklusiven Gegend von Beverly Hills stand. Auf der kreisförmigen Auffahrt glänzte im Lichterschein der hell erleuchteten Fenster eine lange Reihe nobler Sportwagen.
Obwohl die Gastgeberin Rebecca Fox auf Bobbis Erscheinen bestanden hatte, war Bobbi überzeugt, dass keiner der illustren Gäste, die hier zum Geburtstag des Gastgebers versammelt waren, ihre Abwesenheit bemerken würde. Aber sie hatte den georgianischen Sockelschreibtisch aus Walnussholz restauriert,
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