BIANCA SPEZIAL Band 06
den Rebecca ihrem Mann schenken wollte, und der Grund für diese Einladung war sicher allein die Freude über Bobbis tadellose Arbeit gewesen.
Beklommen ging Bobbi die Auffahrt hinauf. Noch einmal glättete sie das Vorderteil ihres Trapezkleides und zupfte die Ärmel über den Ellbogen zurecht.
Ohne Vorwarnung öffnete sich die Tür. Ein zuvorkommend lächelnder Butler führte Bobbi in die geräumige Eingangshalle. Am hinteren Ende des Foyers schlossen sich zu beiden Seiten riesige Räume an, in denen elegant gekleidete Menschen gemächlich hin und her schlenderten.
Mit Menschen des gesellschaftlichen Standes, der die Familie Fox angehörte, war Bobbi zwar vertraut, sie begegnete ihnen jedoch meist nur einzeln in ihrer Werkstatt und nie in deren Häusern. Sie fühlte sich hier fehl am Platz.
Rebecca kam ihr in einem hellblauen Kleid entgegen, das ihre Brüste und die schmalen Hüften zauberhaft betonte. „Bobbi!“, rief sie und umarmte die Restaurateurin. „Ich dachte schon, Sie würden mich mit einer fadenscheinigen Entschuldigung im Stich lassen.“
„Das würde ich nie wagen“, gestand Bobbi. „Allerdings kann ich mich nicht lange aufhalten.“
„Unsinn.“ Rebecca hängte sich bei Bobbi ein und führte sie zu einer Gruppe in dem Raum zur Rechten des Foyers. „Ich weiß, was in Ihrem Kopf vor sich geht, aber es sind alles auch nur Menschen. Ein wenig laut, ein wenig großspurig, aber gute Freunde. Sie werden sie mögen, wenn Sie die erst einmal kennengelernt haben.“
Bobbi wollte erwidern, sie sähe wenig Sinn darin, diese Leute kennenzulernen, weil sie die ja ohnehin nie wiedersehen würde. Aber das hätte zu unfreundlich geklungen, und sie behielt es für sich.
„Ich kenne da jemanden“, fuhr Rebecca fort, „der Ihnen helfen wird, sich bekannt zu machen. Dann werden sie sich auch gleich besser fühlen.“
Rebecca führte sie zu einer nahe stehenden Gruppe. Eine Frau mittleren Alters in einer für sie unvorteilhaften, viel zu langen Silberlaméjacke wandte sich ihnen sogleich zu. Bobbi glaubte, an dieser Frau eine mütterliche Ausstrahlung zu entdecken und lächelte sie zaghaft an.
Okay, sagte sich Bobbi, eine halbe Stunde bleibe ich, aber dann gebe ich Kopfschmerzen vor und mache mich aus dem Staub.
„Claudia“, sprach Rebecca die Frau an, „dein David hockt mit Ridley und Dennis Weston in der Bibliothek. Beim Pokerspiel vermutlich. Sei so gut, und lock sie heraus. Es ist schon bald Zeit für den Kuchen und die Geschenke. Übrigens, dies ist Bobbi Perducci.“
Claudia sah Bobbi bewundernd an. „Sie haben fabelhafte Arbeit geleistet. Becky ließ mich heute Nachmittag einen Blick auf das Geschenk werfen. Ridley wird begeistert sein. Ich weiß, dies ist nicht der Ort, Sie um einen Gefallen zu bitten, aber ich habe bei dem Versuch, meinen alten Schaukelstuhl selbst zu restaurieren, stark gestümpert. Würden Sie ihn sich vielleicht einmal ansehen?“
„Sehr gern“, antwortete Bobbi. „Rebecca gibt Ihnen sicher meine Anschrift.“
„Wundervoll.“ Zufrieden nickte Claudia und entfernte sich.
Bobbi blickte ihr besorgt nach. Diese freundliche Frau war offensichtlich nicht ihre Beschützerin.
„Sin, Liebling …“
Beim Klang dieses Namens ruckte Bobbis Kopf herum. Sie sah, wie Rebeccas freie Hand unter den Arm eines Mannes im dunklen Anzug glitt. Der Mann hielt ein mit Champagner gefülltes Tulpenglas in einer Hand und drehte Bobbi den Rücken zu.
Bobbi erkannte die Hand, noch ehe der Besitzer sich zu ihr umdrehte. Nein, dachte sie, das kann nicht wahr sein. Nach dem Wochenende in Candle Bay hatte sie gehofft, diesen Mann nie wiederzusehen. Nie hätte sie erwartet, ihn im Hause einer Kundin anzutreffen. Schon schaute sie in jene blaue Augen, die ihr seit vier Monaten nicht aus dem Sinn gegangen waren, und plötzlich wurden ihre Knie weich.
Paul Sinclair hob ausdrucksvoll eine Braue. Beim Lächeln zeigte er die weißen Zähne.
„Sin, dies ist Bobbi Perducci“, stellte Rebecca Bobbi vor und gab dabei Bobbis Arm frei, sodass Bobbi keine andere Wahl hatte, als Sins ausgestreckte Hand zu ergreifen. „Sie hat Ridleys Schreibtisch restauriert.“
„Aha.“ Sin nickte. In seinen Augen leuchtete es belustigt auf. Offensichtlich wartete er ab, ob Bobbi gestand, ihn bereits zu kennen.
Aufrichtigkeit ist meist die beste Lösung, dachte Bobbi, aber hier schien sie ihr nicht angebracht. „Mr. Sinclair.“ Bobbi zwang sich, interessiert zu lächeln.
„Miss Perducci.“ Sin neigte den
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