Bierleichen: Ein Fall für Kommissar Pascha (Knaur TB) (German Edition)
Kündigung konfrontierte, fing sie an zu toben. Wie eine Furie. Sie bestand darauf, mit in die Türkei zu kommen.«
Sie lüftete das Halstuch von den Schultern. Eine rote Narbe zeigte sich.
»Ihr Schlüsselbund hängt an einem ledernen Band. Sie hat damit wie mit einer Peitsche zugeschlagen.«
Demirbilek erinnerte sich, das Schlüsselband bei dem Gespräch in ihrem Büro gesehen zu haben. Er hatte keine Mühe, sich vorzustellen, wie sie damit um sich schlug.
»Wieso soll ich Ihnen das glauben, Frau Koca? Wenn ich Karin Zeil frage, ob es so war, lacht sie mich aus.«
»Bringen Sie sie zu einem Geständnis. Haben Sie das nicht gelernt?«
Demirbilek schluckte erstaunt über die Einfachheit des Ansatzes. Vielleicht, sagte er sich, lag ja darin tatsächlich die Möglichkeit, den Fall zu lösen.
»Wollen Sie mir sagen, Zeil hat Bayrak getötet, weil er sie gefeuert hat?«
»Nein, weil er sie als alte, unnütze Frau abgestempelt hat.«
Demirbilek schwieg, um sich das Motiv durch den Kopf gehen zu lassen. Er war sich nicht sicher, ob er der Erklärung Glauben schenken konnte. Auf der anderen Seite hatte er erlebt, wie eiskalt sie sein konnte. »Wann und wo haben Sie Frau Zeil getroffen?«, fragte er schließlich.
»Das war gestern am späten Abend. Sie stand plötzlich vor unserer Tür – wie Sie. Ich wollte sie natürlich nicht hereinlassen. Aber schließlich rückte sie damit heraus, was sie wollte. Wir haben uns im Wohnzimmer unterhalten.«
»Waren Sie dabei?«, fragte er ihren Ehemann, der jedoch den Kopf schüttelte.
Zeil muss nach dem Streit mit Dietl im Topkapi-Café zu den Kocas gegangen sein, rekonstruierte der Kommissar. Sie hat ihm eine Art Heiratsantrag gemacht, er hat abgelehnt, sie hat mit Schlägen reagiert. War Dietl als Geldquelle versiegt? Erpresste Zeil deshalb Koca?, spekulierte Demirbilek. Eine andere Erklärung fiel ihm nicht ein.
»Wusste Bayrak eigentlich von den Betrügereien in der Brauerei?«
»Ja, aber nicht, wer dahintersteckt«, erwiderte Koca. »Unter uns, solche Nebengeschäfte sind nicht gerade ungewöhnlich. Er hat mir geraten, mich von der Fair-Trade-Organisation zu distanzieren. Schlagen Sie sich Frau Zeil diesbezüglich aus dem Kopf. Sie hat er als Erstes durchleuchten lassen.«
Demirbilek kam sich wie ein dummer Junge vor, der in einem Spiel mitzumachen versuchte, dessen Regeln er vergessen hatte. Die Fastenzeit hatte seinem Denkvermögen mehr zugesetzt, als er es für möglich gehalten hatte.
»Gut, ich helfe Ihnen«, fasste Demirbilek einen Entschluss, auch wenn er keinen Schimmer hatte, wie er die Verdächtige zu einem Geständnis bringen sollte. Doch bevor er über eine Lösung nachdenken wollte, hatte er noch eine Frage. Es war ihm egal, ob er sich damit lächerlich machte. »Wissen Sie, wer Manuela Weigl getötet hat?«
»Nein.«
Der Kommissar spürte, dass es keinen Sinn hatte, weiter nachzubohren. Als er plötzlich gähnte, ohne es zu wollen, sprach er den Gedanken aus, der ihm als Nächstes in den Sinn kam. Eine seiner Ideen: »Haben Sie was dagegen, wenn ich mich bei Ihnen kurz hinlege? Ich brauche dringend einen klaren Kopf.«
77
S elim Kaymaz hatte auf Demirbileks Wunsch am späten Vormittag die Besprechung anberaumt, nachdem der Münchner sich bei den Kocas eine halbe Stunde im Gästezimmer ausgeruht und eine Strategie überlegt hatte, die genauso gut von Kriminellen stammen konnte. Noch wusste sein Kollege an dem überdimensionierten Schreibtisch nichts davon. Fünf Beamte saßen vor ihm, darunter die Gäste aus Bayern, die beiden Zivilfahnder und eine uniformierte Beamtin. Über den Kopf des Dienststellenleiters der Istanbuler Polizeiinspektion hing Atatürks Porträt. Neben einem basketballgroßen Globus befand sich die türkische Fahne, gleich daneben der Obstler mit weiß-blauer Schleife, den Demirbilek als Präsent mitgebracht hatte.
»Wir müssen Frau Zeil unter Druck setzen …«, begann Demirbilek, als er von Kaymaz’ Diensttelefon prompt unterbrochen wurde.
Kaymaz bat mit einer Geste um Geduld und führte ein kurzes Gespräch. Dann sah er in die Runde. »Florian Dietl liegt im Krankenhaus«, erklärte er ohne Regung.
»In welchem?« Cengiz sprang auf, um sich sofort auf den Weg zu machen.
»Warten Sie«, hielt Kaymaz sie auf. »Er wird gerade operiert. Er ist nicht vernehmungsfähig.«
»Was ist passiert?«, fragte Cengiz nach.
»Offenbar wurde er ausgeraubt und niedergestochen«, erklärte Kaymaz.
»Wo und wann?«, fragte Demirbilek,
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