Bierleichen: Ein Fall für Kommissar Pascha (Knaur TB) (German Edition)
dass Sie Ehrenpräsidentin einer betrügerischen Organisation sind?«
»Gestern Abend kam eine Pressemitteilung heraus. Ich habe mein Ehrenamt niedergelegt«, erwiderte sie unbeeindruckt.
»Seit wann haben Sie ein Verhältnis mit Bayrak?«, fragte Demirbilek, ohne sich umzudrehen. In seiner Stimme lag ein Ton, der deutlich machen sollte, er habe die Situation im Griff.
Zu seinem Erstaunen hustete in seinem Rücken Koca plötzlich auf – als hätte sie einen schlechten Witz gehört. Demirbilek dämmerte ein Zusammenhang, der ihm bis dahin vollkommen entgangen war.
»So ist das!«, entfuhr es der Diplomatin. Ihre Stimme erreichte eine Tonlage, die einen hysterischen Anfall andeutete. Demirbilek, der den Teekessel in der Hand hielt, erschrak unmerklich. Er drehte sich zu ihr, vor seinen Augen erhob sich Koca und wies ihm mit ausgestrecktem Arm den Weg hinaus.
»Ich bitte Sie, zu gehen.«
Da ertönte Necati Kocas Stimme. Der Ehemann lehnte im Türrahmen der Küchentür, seine Zeitung in der Hand. Seine Stimme klang ernst, als er sagte: »Nihal, ich möchte, dass du ihm alles erzählst.«
»Aber warum? Er weiß nichts. Sieh ihn dir an. Er ist gekommen, um uns Angst einzujagen. Und wir wären beinahe darauf hereingefallen.« In ihrer Stimme lag keine Hysterie mehr, es war eine erfreute Erregung, als wäre sie gerade dem Tod von der Schippe gesprungen.
»Wenn du es nicht tust, werde ich ihm alles sagen.«
»Das wirst du nicht!«, schrie sie ihn an.
»Setz dich«, befahl er ihr streng und musterte Demirbilek mit zusammengekniffenen Augen.
Dem Kommissar wurde unwohl. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit war Necati Koca Psychiater, malte er sich aus.
»Meine Frau …«
Bevor Kocas Ehemann weitersprechen konnte, sprang die Diplomatin auf und verließ laut fluchend die Küche. Instinktiv versuchte der Kommissar, die Flüche im Kopf ins Deutsche zu übersetzen. Die derben Worte jedoch klangen in der Übersetzung lächerlich. Im Türkischen hatten ihre Ausdrücke eine geradezu poetische, aber auch beängstigende Kraft. Er spürte das Bedürfnis, ihr zu folgen, doch da der Ehemann keine Anstalten dazu machte, wartete er ab. Viel, stellte er fest, musste er bei der Vernehmung nicht tun.
»Herr Demirbilek, Sie leben in Deutschland, möglicherweise sehen Sie darin kein großes Problem. Auch wir leben in einem modernen, aufgeklärten Staat, aber Ehebruch wird bei uns nicht toleriert.«
Seine pastorale Stimme hätte gut und gerne in eine Kirche gepasst, ging es Demirbilek durch den Kopf. »Auf was wollen Sie hinaus, Herr Koca?«, fragte er ungeduldig.
»Sie sind wegen des Mannes in Istanbul, der Bayrak die irrwitzige Idee mit der bayerischen Brauerei ins Ohr gesetzt hat.«
»Warum interessiert Sie das? Kannten Sie ihn?«
Necati Koca trat in die Küche ein und legte die Zeitung auf den Tisch.
An seinem Gang und in seinem Gesicht bemerkte Demirbilek eine merkwürdige Veränderung. So langsam dämmerte ihm ein Zusammenhang.
»Ihre Frau hatte gar kein Verhältnis mit Süleyman Bayrak.«
»Aber nein, wie kommen Sie denn darauf? Er und meine Frau kennen sich seit vielen Jahren, sie sind enge Freunde«, erklärte Herr Koca überrascht.
»Aber mit Florian Dietl hatte sie eine Affäre«, bemerkte Demirbilek mit fester Stimme.
»Mit ihm ja. Bayrak und er waren bei seinen Besuchen in Istanbul öfters bei uns zum Essen eingeladen. Florian und Nihal haben sich hier kennengelernt. Die Treffen waren sporadisch. Immer nur, wenn er in Istanbul zu tun hatte, wenn er Bayrak aufsuchte, um die Demontage der Mingabräu zu besprechen. Es ist nicht ihr erster Liebhaber, müssen Sie wissen. Sie reist viel«, erzählte er offen.
»Wo ist dann das Problem?«
»Sie war schwanger von ihm.«
»Was heißt, war?« Seine Überraschung unterdrückte er aus taktischen Gründen. Gleichzeitig fiel es ihm wie Schuppen von den Augen, wer die Gestalt mit dem roten Blutkleid aus seinem Traum war. Nicht Selma, wie er glaubte. Es musste Jale sein.
»Sie hat abgetrieben, ohne den Erzeuger davon in Kenntnis zu setzen«, erklärte der Ehemann sachlich, dabei ignorierte er die Verachtung in Demirbileks Gesicht. »Herr Dietl war außer sich, als sie es ihm beim letzten Besuch in München beichtete. Er hätte sein Kind behalten wollen.«
Demirbilek war jetzt tatsächlich verdutzt. »Und warum erzählen Sie mir das?«
»Weil Sie uns nur helfen werden, wenn Sie die Wahrheit kennen. Ich sehe Ihnen Ihre osmanische Seele an. Wir wollen ehrlich zu
Weitere Kostenlose Bücher