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BIGHEAD - Ein brutaler, obzöner Thriller (German Edition)

BIGHEAD - Ein brutaler, obzöner Thriller (German Edition)

Titel: BIGHEAD - Ein brutaler, obzöner Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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sie stellte fest, dass sie mehr auf sich selbst blickte als auf alles andere. Nein, es war ihr nicht klar gewesen, wie es sich anfühlte, nach Hause zu fahren, und sie hatte auch nicht gewusst, was es für ein Gefühl sein würde, Tante Annie wiederzusehen. Luntville, ihre Tante, dieses Haus – das alles waren die zerbrochenen Scherben ihres Lebens, die man am besten mit allem anderen hinter sich zurückließ, zusammen mit den tieferen Wunden: dem Tod ihres Vaters, den psychischen Problemen und dem Selbstmord ihrer Mutter, den Eltern, die sie nie gekannt hatte, den Schatten. Doch jetzt, wo sie mitten in diesem erstarrten Bild ihrer Erinnerung stand, wusste sie, dass sie das Richtige getan hatte. Das einzig Mögliche, um genau zu sein.
    Die Rückkehr nach Luntville würde Charity die Möglichkeit geben, sich selbst gegenüberzutreten und all den Teilen ihres Selbst endlich den richtigen Platz zuzuweisen. Und das waren eine Menge Teile.
    Charity, jetzt selbst in Tränen aufgelöst, umarmte ihre Tante auf der Verandatreppe.
    »Oh Gott, Charity«, heulte Tante Annie. »Dich wiederzusehen, ist ein Geschenk des Himmels.«
    »Aber ihr müsst müde sein«, sagte Annie und führte sie in den Salon. »Nach so einer langen Fahrt.«
    »Es war nicht so schlimm«, sagte Jerrica. »Ungefähr zehn Stunden.«
    »Oh, tut mir leid«, entschuldigte sich Charity, die vergessen hatte, ihre Begleiterin vorzustellen. »Das ist meine Freundin Jerrica Perry. Sie arbeitet für diese große Zeitung in Washington.«
    »Freut mich, Sie kennenzulernen«, sagte Annie und reichte Jerrica ihre kleine, weiße Hand. »Eine Reporterin, hm?«
    »Nicht ganz«, gab Jerrica zu. »Ich schreibe für die Lokalredaktion der Post . Ich gehöre zur Belegschaft, aber ich bekomme nur ganz bestimmte Aufträge. Und deshalb ist es ja so großartig, dass Charity und ich zusammen hierherfahren konnten.«
    Tante Annie hielt inne und versuchte sich ihre Verwirrung nicht anmerken zu lassen. »Ich versteh nich’ ganz, was Sie meinen.«
    Mein Gott, dachte Jerrica. Ich glaube, Charity hat ihr überhaupt nichts von mir gesagt . »Wir haben uns bei den Kleinanzeigen getroffen. Wir wollten beide Annoncen wegen der Fahrt hierher aufgeben. Meine Zeitung hat mich damit beauftragt, eine Serie von Artikeln über ländliche Regionen in der Nähe von Washington, D.C., zu schreiben. Die ersten Artikel werden von dieser Gegend hier handeln, zwischen den Allegheny Mountains und den Appalachen.«
    »Das klingt nach einer wundervollen Chance für eine hübsche junge Frau wie Sie, in Ihrem Beruf, meine ich.«
    Jerrica war verdutzt. Sie war sich nicht ganz sicher, was das heißen sollte. Normalerweise würde sie sich jetzt beleidigt fühlen; sie hasste es, wenn im Zusammenhang mit ihrer Karriere auf ihr Geschlecht angespielt wurde. Doch dann überlegte sie: Sie stammt aus einer anderen Welt, aus einer anderen Gesellschaft ... »Ja, so ist es«, antwortete sie, und es stimmte ja auch. Sie arbeitete für die Zeitung, seit sie ihren Abschluss an der Uni gemacht hatte, und dies war der erste richtig gute Rechercheauftrag, den sie bekommen hatte. Sie versuchte, die Unterhaltung etwas zu beleben. »Es ist eine Chance, da haben Sie recht, und das Beste dabei ist: Mein Chef bezahlt alles.«
    Tante Annie legte den Kopf etwas schief. »Na, wegen Kost und Logis brauchen Sie sich keine Gedanken zu machen.« Sie klopfte Charity auf die Schulter. »Ich würde nich’ im Traum dran denken, einer Freundin meines kleinen Mädchens etwas zu berechnen.«
    »Ich weiß Ihre Großzügigkeit sehr zu schätzen«, antwortete Jerrica, aber ihr war der Ausdruck in Charitys Gesicht nicht entgangen. Hier scheint es noch ein paar Kommunikationsprobleme zu geben, dachte sie. Lieber nicht fragen ...
    »Das mit den Schildern ist schön«, sagte Charity und ließ sich endlich entspannt in die großen Kissen des Sofas sinken. »Wir haben sie überall an der Interstate gesehen. ›Annies Gästehaus‹, alle 20 oder 30 Meilen. Die müssen ein Vermögen gekostet haben.«
    »Haben sie auch«, gab Annie zu. »und das is’ auch etwas, worüber wir reden müssen.«
    Doch bevor Annie fortfahren konnte, unterbrach Charity sie wieder. »Und das Haus erst – es sieht großartig aus. Es sieht fast aus wie neu.«
    »Na ja, nich’ wirklich neu«, schmunzelte Annie. »Aber ich hab’ einiges in die Renovierung gesteckt. Die McKully-Brüder – erinnerst du dich an sie? Sie haben bei der Renovierung hervorragende Arbeit geleistet und sie

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