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Bilder von dir: Roman (German Edition)

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Titel: Bilder von dir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Racculia
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machen, denn ein guter Teamleiter zu sein, war schließlich vor allem eine Frage der Diplomatie, und Dani Drake begnügte sich mit den Brocken, die man ihr hinwarf. Andrew war de facto zum Leiter der Gruppe geworden, eine Position, die Oneida normalerweise für sich in Anspruch genommen hätte, wäre sie nicht aufgrund seiner körperlichen Präsenz in ihrem Haus erstarrt gewesen. In ihrer Küche. Wie gern wäre sie ihm mit der Hand durch sein dichtes schwarzes Haar gefahren, wie sehr wünschte sie sich, Dani und Wendy würden sich in Luft auflösen, sodass sie und Andrew Lu hier sitzen und reden konnten, nur sie beide, an einem Samstagnachmittag über Gott und die Welt: Der scharlachrote Buchstabe , ihre Lektüre im Englischunterricht. Was war sein Lieblingsfilm? Wie war es gewesen, in China aufzuwachsen? Das wünschte sie sich so sehr, dass ihr ein wenig übel wurde.
    »Ich stimme für The Clash«, sagte Wendy.
    »Ne, also wirklich.« Dani wickelte ihren leuchtend blauen Kaugummi um ihren Finger und zog einen langen Strang von ihren Zähnen. »Das sind im Grunde die Beatles des Punk.«
    »Die Sex Pistols sind die Beatles des Punk«, warf Wendy ein.
    »Nein.« Dani beugte sich auf ihre Ellbogen gestützt nach vorne, um ihn besser herausfordern zu können. »Die Sex Pistols sind die Stones des Punk. Hör endlich auf, mit deinem Arsch zu denken.«
    »Willst du ihn küssen?«
    »Ooh!«, piepste Dani, »der war gut!«
    In einem eindeutigen Versuch, die Situation zu neutralisieren, indem er nicht darauf einging, holte Andrew das Aufgabenblatt heraus, das ihre Geschichtslehrerin vor drei Tagen verteilt hatte, und studierte es eingehend. Von ihnen wurde erwartet, dass jeder ein selbst gewähltes Referat zu einem speziellen Thema verfasste und sie dann in einer Gruppenpräsentation vier »bemerkenswerte Lebensläufe« vorstellten, wie Mrs. Dreyer es formuliert hatte. Anfangs war Oneidas Gruppe voller Begeisterung gewesen, dass sie aus Dreyers alter Baseballkappe Musiker gezogen hatten, aber die Entscheidung, über vier Einzelmusiker oder vier Mitglieder einer einzigen Band zu schreiben, erwies sich als schwierig. Oneida war hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, die Sitzung ewig währen zu lassen – denn egal wie sehr sie es sich auch wünschte, Andrew Lu würde aller Wahrscheinlichkeit nach ohne dieses Schulprojekt nicht eines Kakaos und Gesprächs wegen hier verweilen – und dem, Wendy und Dani so schnell wie möglich loszuwerden.
    »Wir müssen über die Beatles schreiben«, sagte sie schließlich und rückte ihre Brille zurecht.
    »Ne, sag bloß«, sagte Dani.
    »Also, sie sind die einzige Gruppe, die wir bisher erwähnt haben, bei der es zu allen vier Mitgliedern jede Menge Informationen gibt«, sagte Oneida zu Andrew. »Sofern ihr also nicht Gefahr laufen wollt, beim Schreiben über die anderen Typen von U2 nicht weiterzukommen, müssen wir die Arbeit über die Beatles machen.« Sie tippte mit ihrem Bleistift auf ihr Schulheft.
    »Das ist ein hervorragendes Argument«, sagte Andrew. Oneida spürte ein Zittern in ihrem Bauch. Errötend grinste sie. »Ich werde George nehmen«, sagte er.
    »John!«, sagte Oneida und hob dabei ihre Hand.
    »Verdammt, dann werde ich wohl Paul nehmen«, sagte Dani. »Ich freue mich schon auf die Beschäftigung mit seinem krankhaften Wunsch, gemocht zu werden, und dem sich daraus ableitenden künstlerischen Tribut an das Genie von John Lennon.«
    Wendy rieb sich seine Narbe. »Bleibt also … wie heißt sie noch mal? Yoko Bono?«
    »Für einen Soziopathen bist du wirklich witzig«, sagte Dani.
    »Ringo«, sagte Andrew. »Ringo Starr, Wendy. Okay?«
    Wendy zuckte mit den Schultern.
    Mit eilends zugeklappten Schulheften löste sich die Gruppe auf. Dani stapfte durch die Küche hinaus auf die Veranda, und Oneida empfand spürbare Erleichterung, als sie hinter ihr die Fliegengittertür geräuschvoll zufallen hörte. Hätte man sie bedrängt, wäre sie vermutlich gar nicht in der Lage gewesen zu benennen, was genau an Dani sie verrückt machte, aber die Kombination aus Kaugummischnalzen, Beatles verreißen und zu glauben, auf Teufel komm raus blöde Witze reißen zu müssen, reizte Oneida so sehr, dass sie sich vorstellen konnte, zu großer körperlicher Gewalt fähig zu sein. Oneida wäre nie so weit gegangen zu behaupten, dass sie und Dani verfeindet waren – nichts war je zwischen ihnen vorgefallen, woraus weitreichender Hass hätte erwachsen können –, aber verdammt , sie regten

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