Bilderbuch Aus Meiner Knabenzeit
Prälatur und zog in eine andere Wohnung.
Auf seine Klagen sandte die Regierung eine Abteilung Soldaten, die Tag und Nacht in der nun menschenleeren Prälatur Wache halten mußte. Früher hatten Bürger in ihr gewacht, aber, wie sie, wurden auch die Soldaten von dem Unwesen nur gefoppt und kamen auf keinen Grund.
Ebensowenig brachten fürstliche Räte, die zur Untersuchung gesandt wurden, durch weitläufige Verhöre etwas heraus. Den 15. August nachts kam es in die Stube und dann in die Nebenstube und an das Bette, in dem der Offizier der Wache schlief, und schüttelte und rüttelte die Bettlade, so daß er vermeinte, mit derselben in die Höhe gehoben zu werden. Ein Hund, der mit ihm im Zimmer lag, sprang zum Zimmer, als würde er gejagt, hinaus.
Am 17. nachts sah einer von der Wache bei völliger Windstille zum Laden hinaus, kaum aber hatte er den Kopf wieder hereingezogen, schlug es den Laden wieder mit solcher Gewalt zu, daß er in Stücke zersprang.
In einer andern Nacht zwischen 12 und 1 Uhr entstand in mehreren Gemächern der Prälatur ein furchtbares Gepolter. Der auf der Wache stehende Soldat
Brinkh
eröffnete das Gemach, von wo aus die heftigsten Töne gingen; da war es ihm aber, als fahre etwas mit großem Ungestüme zum Zimmer hinaus, und es fing auf einmal ein solches Poltern und Krachen an, als würde ein großes Stück vom Dache abgehoben und in den Garten hinabgeworfen. Als man morgens das Dach untersuchte, fand man an ihm nichts verletzt, auch nichts im Garten liegen.
Von einer andern Nacht gab einer der wachhabenden Soldaten an:
Als er vor des Prälaten Gemach Wache gehabt, sei etwas die Schneckenstiege heraufgerauscht; er habe nun nachgesehen, was es sei. Da habe er ein langes, weißes Ding (so war sein Ausdruck) erblickt.
Als er der Schneckenstiege zugegangen, und es genau habe visitieren wollen, sei es auf einmal zu einer runden Kugel geworden, die in die Stiege hinabgefahren.
Oft legte es sich auf die Soldaten im Schlafe, ging schwer, und es war ihnen, als drückte ihnen eine schwarze Gestalt mit beiden Daumen fest aufs Herz.
Am öftesten neckte es die Soldaten und auch die andern Bewohner unter der Gestalt einer schwarzen Katze, die aber größer, als eine gewöhnliche Katze und hinten höher als vorn war.
Die Regierung setzte einen Preis von 40 Fl. auf die Habhaftwerdung dieses gespenstigen Tiers, aber nie konnte es gelingen, immer entwischte es. Diese Geisterkatze wurde meistens, nachdem irgend so ein Spuk geschehen war, sogleich gesehen.
Doktor Faust und sein Freund Prälat Entenfuß
In einer Ecke des Gartens, der hinter der Prälatur und den Kreuzgängen lag, war an die Klostermauer ein Turm angebaut, den man den Fauststurm hieß; denn er diente einst dem berühmten
Dr. Faust
zum Laboratorium und Aufenthaltsorte.
Der Abt Johannes
Entenfuß
war ein besonderer Freund
Fausts
und räumte ihm bei Besuchen diesen Turm zur Wohnung ein; daß war im Jahr 1516.
Entenfuß
und
Faust
waren in dem nahen Städtchen
Knittlingen
geboren. Ein Zeugnis, daß
Fausts
Geburtsort
Knittlingen
war, gab
Melanchthon
in seinen Tischreden mit den Worten:
»Ich habe einen gekannt, mit Namen
Faust
von
Knittlingen,
einer Stadt in der Nähe meiner Vaterstadt (Bretten). Er hatte auf der Schule zu Krakau die Magie gelernt, schweifte überall herum und lernte viele Geheimnisse.
Er wollte sich zu Venedig sehen lassen und sagte: er wolle gen Himmel fliegen.
Der Teufel aber zog ihn herab und gab ihm einen solchen Stoß, daß er auf die Erde stürzte und fast gestorben wäre; doch starb er nicht.
Vor wenigen Jahren saß dieser Johannes
Faust
abends gar traurig in einem Dorfe. Der Wirt fragte ihn: warum er gegen seine sonstige Art und Weise so traurig sei. Er sagte: Laß dich heute Nacht nicht erschrecken. Um Mitternacht nun bekam das Haus einen Stoß. Als morgens
Faust
nicht aufstand und es fast schon Mittag war, ging der Wirt in sein Zimmer und fand ihn neben dem Bette auf dem Gesichte liegen; und so hatte ihn der Teufel getötet. Er hatte, so lange er lebte, einen Hund bei sich, welcher ein Teufel war.« –
Es ist schade, daß
Melanchthon
das Dorf nicht benannte, in dem
Faust
sein tragisches Ende gefunden haben soll. Zu Maulbronn sagte man nicht anders, als daß ihn der Teufel auch in jenem Turme seines Freundes, des Abts Johannes
Entenfuß,
geholt habe.
Mein Aufenthalt in Knittlingen
Die Stille des Klosters wurde nun oftmals durch Töne unterbrochen, die in seinen Mauern wohl schon lange
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