Bilderbuch Aus Meiner Knabenzeit
ins offen stehende Zimmer und setzten ihn unter Umarmungen und Verbeugungen in seinen Armsessel, den sie dann mit ihm an den Tisch trugen, und ihm, sowie der freundlich am Arme des Offiziers herbeigekommenen Ehehälfte zu verstehen gaben, daß sie gute Freunde seien und nichts mehr begehrten, als nur Wein zu den Würsten. Frau Therese brachte aber nun nicht nur diesen, sondern sie fischte auch den Speisekammerschlüssel wieder aus der Wasserkufe, ließ ein Feuer auf dem Herde anzünden und bereitete in Eile die Schinken und Würste und anderes den Gästen zum fetten Mahle. Die Professorin spendete auch sonst immer gern mit reichen Händen zum Jammer ihres Ehegemahls, und sie beklagte nie den Verlust aus Kamin und Speisekammer, sondern nur den Verlust der Reinheit ihrer Stubenböden oder ihres Tischweißzeuges, was auch jetzt allein ihr sehr schmerzlich war.
Die Franzosen in der Oberamtei
Weniger Störung verursachten die Franzosen in der Prälatur. Es stiegen bei 24 Chasseurs vor derselben ab, sprangen die Treppen hinauf, kamen aber eben so bald wieder, wie von einem Schreckbilde verscheucht, zurück.
Die Frau Prälatin mit dem Eulenkopfe hatte sie auf der Treppe empfangen, da suchten sie schnell wieder das Freie; nur wenige blieben, und der größte Teil wandte sich nach der der Prälatur gegenüberstehenden Oberamtei, wo aus den Erkern junge Mädchen schauten, die großen Kellertüren ihnen reichlichen Wein und der rauchende Schornstein ihnen Speise zu verkünden schienen.
Hier waren auch schon in Küche und Keller alle Hände in Tätigkeit. Meine ängstliche Mutter war bereit alles zu geben, nachdem sie aber doch vieles versteckt hatte, was ihre Angst und Bereitwilligkeit zu geben nur wieder vermehrte. Wir hatten sogar von einem Straßburger adeligen Gutsbesitzer, einem Herrn
von Türkheim,
Kisten voll reicher Effekten, die er über den Rhein zu uns rettete, im untern Stocke des Hauses in Verwahrung.
Doch man sah bald, daß es hier auf kein Plündern abgesehen war, und meine lebhafte Schwester Ludovike, nachdem sie sich in Herbeischaffung von Speise und Trank erschöpft hatte, kam auf den Einfall: es wäre ganz schön und würde dem Bruder in Paris sicher wohlgefallen, ja! könnte ihm dort von Nutzen sein, würde die Mutter einen Ballen roten wollenen Zeuges, den sie zu Sesselüberzügen bestimmt, den guten Franzosen zu Kappen austeilen, das würde sie so erfreuen, daß sie gewiß nach dem Versteckten nicht fragen würden.
Die beängstigte Mutter willigte ein. Schnell ward das gute Stück roten Wollenzeuges zu Kappen verschnitten, am Ende des Mahls an die trunkenen Gäste, die voll Jubel waren, ausgeteilt, während schon unten der Trompeter zum Abmarsch blies.
Flugs waren sie alle versammelt und wieder zu Pferde und verließen mit ihren anderen Kameraden in schnellem Galopp das Kloster zur großen Beruhigung meiner Mutter und des Professors
Maier,
aber zu meinem Leide; denn diese neue Erscheinung hatte mich in der Seele erfreut.
Die Sauvegarde. Meine und meines Vaters Gesinnungen gegen die Franzosen. Mein Bruder Karl
Mein Vater kam am andern Tage mit einer Sauvegarde, mehreren Chasseurs, und den besten Versprechungen vom General
Dessaix,
daß das Kloster geschont und geschützt werde, aus dem französischen Hauptquartier zurück.
Ich hatte damals, obgleich schon 10 Jahre alt, für Politik noch gar keinen Verstand. Und geschah es, daß ich den Franzosen mehr anhing, als den Österreichern, so kam dies nur daher, weil mein Bruder
Georg
in und für Frankreich lebte; auch waren die Franzosen mir wieder etwas Neues. Die Österreicher in den immer weißen Röcken waren mir nach und nach langweilig geworden.
Es kamen mir die Franzosen in ihrem gebrochenen Deutsch, mit dem sie sich bemühten, sich mir zu verständigen, während ich ihnen nachhelfen durfte, auch kindlicher und zutulicher vor; es machte mich bald vertraut mit ihnen.
Um ihr politisches Wollen kümmerte ich mich nicht. So kam es, daß die Chasseurs, die mehrere Wochen lang in der Oberamtei und sonst im Kloster als Sauvegarde einquartiert blieben, mir zu großer Freude und Zeitversäumnis wurden, und ich nur mit Tränen von ihnen schied.
Ich habe von einem derselben noch Jahre lang geträumt. Es war ein junger Mann von etlich und zwanzig Jahren mit langem schwarzem Knebelbart, bleichem Aussehen, kohlschwarzen feurigen Augen, schwarzen Haaren, immer lebendig, voll Feuer und dennoch voll Sanftmut, und mitspielend wie ein Kind. Auf
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