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Billard um halbzehn

Billard um halbzehn

Titel: Billard um halbzehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Böll
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Fragen eine militärische Antwort: Kann man mit dem Ding jemand umbringen? Ja? Gut.
    Auf wieviel Meter Entfernung hat man die größte
    Treffsicherheit? Zehn, zwölf, allerhöchstens fünfundzwanzig.
    Mein Gott, nun regen Sie sich doch nicht auf! Wie bange so ein alter General sein kann; melden? Da gibt es nichts zu melden; euch haben sie das Melden wohl so eingetrichtert, daß ihr's nicht lassen könnt, was? Küssen Sie mir meinetwegen die Hand, aber halten Sie nur den Mund, und morgen früh wird ministriert, verstanden? So 'nen hübschen weißhaarigen gutgewachsenen Ministranten haben die hier noch nie gehabt; kannst du denn keinen Spaß verstehen? Ich interessiere mich nun mal für Waffen, so wie du dich für Schußfeld interessierst;
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    willst du denn nicht begreifen, daß es zu den ungeschriebenen Gesetzen dieses trauten Heimes hier gehört, daß jeder jedem sein Pläsierchen läßt; du hast eben deinen Schußfeld-Tick; Diskretion, Schußfeld, denk an deine gute Erziehung - vorwärts mit Hurra und Hindenburg; siehst du wohl, das gefällt dir, man muß nur die richtigen Worte wählen - hier geht es rum, an der Kapelle vorbei, willst du nicht eintreten und dir die Stätte deines künftigen Wirkens einmal anschauen?; friedlich, Alter, das weißt du also noch: Hut abnehmen, den rechten Finger ins Weihwasserbecken, jetzt ein Kreuzzeichen, so ist's brav; jetzt hinknien, aufs Ewige Licht blicken, ein Ave Maria und ein Vaterunser beten - schön still; es geht doch nichts über eine katholische Erziehung; aufstehen, Finger ins
    Weihwasserbecken, Kreuzzeichen, der Dame den Vortritt lassen, Hut aufsetzen; so ist's lieb, da sind wir wieder: Sommerabend, herrliche Bäume in herrlichem Park, eine Bank; vorwärts mit Hurra und Hindenburg, das gefällt dir, was? Wie gefällt dir das andere: muß haben ein Gewehr, muß haben ein Gewehr; das gefällt dir auch, wie? Laß doch die Scherze; nach Verdun war es eigentlich mit diesen Scherzen vorbei; da sind die letzten Kavaliere - gefallen, zu viele Kavaliere, zu viele Liebhaber auf einmal - zu viele junge guterzogene Leute; hast du dir einmal ausgerechnet, wieviel Pädagogenschweiß da innerhalb von ein paar Monaten verschwendet worden ist?
    Umsonst! Warum seid ihr nie auf die Idee gekommen, gleich nach der Gehilfenprüfung oder nach der Abiturientenprüfung ein Maschinengewehr auf dem Flur der Handwerks- oder
    Handelskammer, auf dem Flur des Gymnasiums aufzustellen und die jungen Männer mit dem strahlenden ›Bestanden‹ im Gesicht totzuschießen? Du findest das übertrieben? Nun, dann laß dir sagen, daß Wahrheit reine Übertreibung ist; ich hab mit der Abiturientia 1905, 1906, 1907 noch getanzt und Kommers gefeiert mit diesen Mützenträgern und Biertrinkern - aber von den drei Jahrgängen ist mehr als die Hälfte bei Verdun gefallen.
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    Was denkst du wohl, was von der Abiturientia 1935, 1936, 1937
    übriggeblieben ist; oder 1941, 1942 - such dir einen Jahrgang aus; und fang doch nicht wieder an zu zittern, ich wußte ja gar nicht, wie bange so ein alter General sein kann. Laß das doch sein: Hände auf meine Hände legen - wie ich heiße? Merk dir: nach so was fragt man hier nicht, hier hat man keine Visitenkarte, hier trinkt man nicht Schmollis miteinander, hier duzt man sich ungefragt, hier weiß man, daß alle Menschen Brüder sind, wenn auch feindliche Brüder; die einen haben vom Sakrament des Lammes gegessen, wenige nur, Alter, die anderen vom Sakrament des Büffels, und mein Name ist: muß haben ein Gewehr, muß haben ein Gewehr, Zuname: vorwärts mit Hurra und Hindenburg; leg alle deine bürgerlichen Vorurteile, deine Kommentvorstellungen endgültig ab, hier herrscht die klassenlose Gesellschaft; und beklage dich nicht über den verlorenen Krieg. Mein Gott, habt ihr ihn tatsächlich verloren, zwei schon hintereinander? Einem wie dir hätte ich sieben verlorene Kriege gewünscht! Nun, hör mit dem Flennen auf; mir ist's wurscht, wieviel Kriege du verloren hast; verlorene Kinder, das ist schlimmer als verlorene Kriege; du kannst hier im Denklinger Sanatorium ministrieren, eine höchst ehrenvolle Beschäftigung, und rede mir nicht von der deutschen Zukunft; ich hab in der Zeitung gelesen: die deutsche Zukunft ist genau abgesteckt. Wenn du schon weinen mußt, dann weine nicht so weinerlich; Unrecht haben sie dir auch getan, deine Ehre angetastet? Was nützt einem schließlich die Ehre, wenn jeder Fremdling dran kratzen kann, nicht wahr? Aber nun sei zufrieden,

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