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Billard um halbzehn

Billard um halbzehn

Titel: Billard um halbzehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Böll
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also gegen neunzehn Uhr dreißig; der Aufmarsch der Kämpfer gegen neunzehn Uhr fünfzehn; bedaure, ich bin nicht in der Lage, Ihnen Auskunft darüber zu geben, ob der Herr Minister zugegen sein wird; Hugo las mit seiner Schulentlassenenstimme: ›Und überreichten die Stadtväter dem verdienten Boxer nicht nur die
    Ehrenbürgerurkunde, auch die goldene Marsilius-Plakette, die nur für besonders hohe kulturelle Verdienste verliehen wird. Ein Festbankett schloß die würdige Feier ab.‹ Endlich verließen die Globetrotter die Halle; ja, meine Herren, das Festbankett für die linke Opposition im blauen Zimmer - nein, für die rechte Opposition im gelben Zimmer; der Weg ist mit Schildern markiert, der Herr; wer gehörte zur Linken, wer zur Rechten; es war ihnen nicht anzusehen; für solche Sachen wäre Jochen besser gewesen; dessen Instinkt war untrüglich, wenn es galt, jemand einzustufen; der erkannte im schäbigen Anzug den wirklichen Herrn, erkannte im allerbesten Anzug den Proleten; der würde die linke von der rechten Opposition zu unterscheiden wissen; nicht einmal die Menüs unterschieden sich voneinander
    - ach, da war noch irgendein Bankett: Aufsichtsrat der Gemeinnützigsten der Gemeinnützigem; roter Saal, mein Herr; alle trugen die gleiche n Gesichter, und alle würden Hummercocktail als Vorspeise essen, die Linke und die Rechte und der Aufsichtsrat; Mozart zur Vorspeise, Wagner zum
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    Hauptgang, wenn sie die schweren Soßen kosteten, Hot zum Nachtisch; ja, im roten Saal, der Herr: Jochens Instinkt war untrüglich, wenn es nur ums Soziale ging, versagte aber, wenn es um mehr ging. Als die Schafpriesterin zum ersten Mal auftauchte, war es Jochen gewesen, der flüsterte: ›Vorsicht, das ist allererste Klasse‹, und als dann die kleine Blasse kam, mit dem langen wirren Haar, nur mit 'ner Handtasche und 'nem Taschenbuch unterm Arm, flüsterte Jochen: ›Nutte‹, und ich sagte: ›Die tut's mit jedem, nimmt aber nichts dafür, also keine Nutte‹, Jochen sagte: ›Die tut's mit jedem, und nimmt was dafür‹
    - und Jochen hatte recht. Für Unheil aber hatte Jochen keinen Instinkt; als dann die andere kam, die Blonde, Strahlende mit ihren dreizehn Koffern, sagte ich ihm, als sie in den Aufzug stieg: ›Wetten, daß wir die nie lebend wiedersehen?‹ Und Jochen sagte: ›Unsinn, die ist nur mal für ein paar Tage ihrem Mann durchgegangen; und wer hat recht gehabt? Ich!
    Schlaftabletten und das Schild Bitte nicht stören an der Tür; die schlief vierundzwanzig Stunden, dann ging das Geflüster los:
    ›Tod, Tod auf Zimmer 118‹; herrliche Sache, wenn nachmittags gegen drei die Mordkommission kommt, und wenn um fünf 'ne Leiche aus dem Hotel rausgeschleppt wird, herrlich.
    Puh, was ist das für eine Büffelvisage. Kleiderschrank mit Diplomatenair, zwei Zentner, Dackelgang und ein Anzug! Das roch nach Bedeutsamkeit, hielt sich im Hintergrund, während zwei weniger Bedeutungsvolle an die Theke traten: »Zimmer für Herrn M. bitte.« »Ach, ja, Zimmer 211, Hugo, komm, bring die Herren hinauf«; da glitten sechs Zentner, in englisches Tuch gehüllt, lautlos nach oben.
    »Jochen, Jochen, mein Gott, wo bist du denn so lange gewesen?«
    »Entschuldige«, sagte Jochen, »du weißt, daß ich fast nie unpünktlich bin; besonders wo deine Frau und die Kinder auf dich warten, war ich gern pünktlich gewesen, aber wenn's um meine Tauben geht, da schwankt mein Herz zwischen
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    Freundespflicht und Taubenzüchterpflicht, und wenn ich sechs auf die Reise schicke, will ich auch sechse zurückhaben, aber es kamen nur fünf pünktlich, verstehst du, die sechste zehn Minuten verspätet und völlig erschöpft, das arme Tier; nun geh schon, wenn ihr zum Feuerwerk noch 'nen guten Platz erwischen wollt, wird es Zeit; ja, ich sehe schon, linke Opposition im blauen Zimmer, rechte Opposition im gelben Zimmer, Aufsichtsrat der Gemeinnützigsten der Gemeinnützigen im roten Zimmer; nun ja, das geht fürs Wochenende; das ist ja viel weniger aufregend, als wenn die Briefmarkensammler sich treffen oder die Bierspitzenorganisation; keine Angst, mit denen werd ich schon fertig, ich werd meine Gefühle mäßigen, obwohl ich der linken Opposition am liebsten den Hintern versohlen, den Rechten und den Gemeinnützigsten aller Gemeinnützigen am liebsten in die Vorspeise spucken würde; nu, reg dich nicht auf, die Fahne des Hauses wird schon hochgehalten; und um deine Selbstmordkandidaten kümmere ich mich schon; ja, gnädige Frau, Hugo

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