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Billard um halbzehn

Billard um halbzehn

Titel: Billard um halbzehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Böll
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zahlte eins fünfzig, und die Wirtin lehnte die fünfzig Pfennig, die er draufgeben wollte, ab! ›Nein, mein Herr, ich nehme kein Trinkgeld, ich bin eine unabhängige Frau.‹
    Er hatte sie also doch geduzt, die da mit dem Kind auf dem Schoß in seinem Zimmer saß; Joseph, er nahm ihn ihr vom Schoß, hielt ihn eine Minute ungeschickt, legte das Kind aufs Bett, und das uralte Wissen füllte ihn wieder, seine Hände, seinen Mund, seine Arme. Sie lernte nie, Tee aufzuschütten, auch später nicht, als sie in einer eigenen Wohnung wohnten; Puppenmöbel, wenn er von der Universität kam, oder in Urlaub:
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    Unteroffizier bei den Pionieren; ließ sich als Sprengspezialist ausbilden, bildete später selbst Sprengtrupps aus, säte Formeln, die genau das enthielten, was er wünschte: Staub und Trümmer, Rache für Ferdi Progulske, für den Kellner, der Groll hieß, den Jungen, der seine Zettel in den Briefkasten geworfen hatte. Edith mit dem Einkaufsnetz, mit dem Rabattmarkenbuch, Edith, im Kochbuch blätternd; gab dem Jungen die Flasche, legte Ruth an die Brust; junger Vater, junge Mutter; sie kam mit dem Kinderwagen ans Kasernentor, um ihn abzuholen, sie wanderten am Flußufer entlang, über Schlagballwiesen, Fußballwiesen, bei Hoch- und bei Niedrigwasser, saßen auf Kribben, während Joseph im Flußsand spielte, Ruth erste Gehversuche machte; zwei Jahre lang das Spiel gespielt: Ehe; er kam sich nie wie ein Ehemann vor, wenn er auch mehr als siebenhundertmal seine Mütze, seinen Mantel an die Garderobe hängte, den Rock auszog, sich an den Tisch setzte; Joseph auf dem Schoß, während Edith das Tischgebet sprach: Herr, Herr!; nur keine Privilegien, keine Extravaganzen; Feldwebel bei den Pionieren, Dr. Robert Fähmel, mathematisch begabt; Erbsensuppe essen, während die Nachbarn aus dem Radioapparat das Sakrament des Büffels empfingen; Urlaub bis zum Wecken; mit der ersten Straßenbahn in die Kaserne zurück, Ediths Kuß an der Tür, und das merkwürdige Gefühl, sie wieder einmal geschändet zu haben, die kleine Blonde da im roten Morgenrock; Joseph an der Hand, Ruth im Kinderwagen; keine politische Betätigung; hatte er sich je politisch betätigt? Amnestiert war die Jugendtorheit, verziehen; einer der begabtesten Offiziersanwärter; vom Stumpfsinn fasziniert, weil er Formelhaftes enthielt; säte Staub und Trümmer, paukte Sprengformeln in Hirne. ›Keine Post von Alfred?‹ - Er wußte nie, wen sie meinte, vergaß, daß auch sie Schrella geheißen hatte. Zeit an Beförderungen ablesbar: ein halbes Jahr: Gefreiter; ein halbes Jahr: Unteroffizier; ein halbes Jahr: Feldwebel, und noch ein halbes Jahr: Leutnant; dann zog die stumpfe graue, völlig freudlose Masse zum Bahnhof hinaus:
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    keine Blumen, kein Lachen am Wegesrand, kein Kaiserlächeln über ihnen, nicht der Übermut zu lange angestauten Friedens; gereizte Masse, und doch dumpf ergeben; verlassen die Puppenstube, in der sie Ehe gespielt hatten, und am Bahnhof den Schwur erneuert, nie vom Sakrament des Büffels zu kosten.
    War es die feuchte Bettwäsche, oder die Feuchtigkeit der Mauern, die ihn frieren machte? Er durfte die Station verlassen, auf die sie ihn postiert hatte. Stichworte: Edith, Joseph. Er trat seine Zigarette am Boden aus, ging die Treppe wieder hinunter, drückte zögernd die Klinke herunter, sah seine Mutter am Telefon stehen; sie winkte ihm lächelnd Schweigen zu, während sie in den Hörer hinein sagte: »Ich bin ja so froh, Herr Pastor, daß Sie die beiden am Sonntag trauen können; wir haben die Papiere beisammen, die standesamtliche Trauung findet morgen statt.« Hörte er wirklich die Pfarrerstimme antworten, oder war es nur im Traum: »Ja, liebe Frau Fähmel, ich bin ja so froh, wenn dieses Ärgernis endlich beseitigt wird.«
    Edith trug kein weißes Kleid, weigerte sich, Joseph zu Hause zu lassen, hielt ihn auf dem Arm, während der Pfarrer die beiden Jas forderte, die Orgel spielte; und er trug nicht Schwarz; überflüssig, sich umzuziehen; weg; kein Sekt; Vater haßte Sekt, und der Vater der Braut, den er nur einmal gesehen hatte, spurlos verschwunden, vom Schwager noch kein
    Lebenszeichen; gesucht wegen Mordversuchs, obwohl er das Pulverpaket verachtet, den Anschlag hatte verhindern wollen.
    Sie hängte den Hörer ein, kam auf ihn zu, legte ihm die Hände auf die Schultern, fragte: »Ist er nicht süß, dein kleiner Junge?
    Du mußt ihn sofort nach der Hochzeit adoptieren, und ich habe mein Testament zu seinen Gunsten

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