Bille und Zottel 06 - Gefahr auf der Pferdekoppel
sie ein Schlammbad genommen. „Echt Gold! Und ein Erbstück! Sie ist unersetzbar!“
„Was heißt hier Armbanduhr - meine Brieftasche“, brüllte der Mann, „meine Brieftasche mit sämtlichen Papieren und dreihundert Mark! Wahrscheinlich hat der Bengel sich das Geld eingesteckt und die Tasche in den Moorsee geworfen, um die Spuren zu verwischen!“
„Ich weiß überhaupt nicht, wovon Sie reden!“ empörte sich Jens. „Wie oft soll ich Ihnen noch sagen . . .“
„Herr Wachtmeister!“ schrie Kuddel dazwischen. „Ich muß eine Aussage machen!“
„Ruhe!“ brüllte jetzt auch Wachtmeister Bode, der bis dahin mühsam die Geduld bewahrt hatte. „Eins nach dem anderen!“
„Wollen Sie den Bengel nicht endlich mal untersuchen, ob er das Geld noch bei sich hat“, schimpfte der Mann. „Ich werde mich beschweren . . .“
„Aber ich hab das Geld ja nicht!“ schrie Jens.
„Er kann’s ja gar nicht haben!“ beteuerte nun auch Kuddel.
„Ruhe habe ich gesagt!“ brüllte Bode.
Zottel wieherte beunruhigt.
„Ich verbitte mir das!“ wüteten Bode und der Mann zugleich. Jeder hatte den anderen in Verdacht, daß er sich über ihn lustig machte, und der Polizist fügte hinzu: „Ich werde ein Protokoll aufnehmen, und dann werden wir ja sehen!“
„Aber ich weiß, wer der Dieb ist!“ fiel Kuddel ihm ins Wort. „Du redest gefälligst nur, wenn du gefragt wirst!“ Wachtmeister Bode spannte einen Bogen in die Schreibmaschine und begann zu tippen.
„Name?“
„Karl Krautbier.“
„Hanni Böllermann.“
„Jens . . .“
„Kuddel. . .“
riefen alle vier durcheinander. Zottel wieherte, aber das schien bei dem Lärm niemandem aufzufallen.
„Nicht alle auf einmal!“ stöhnte der Polizist. „Wie soll sich denn da ein Mensch konzentrieren! Also noch mal.“
„Karl Krautbier. Ich erstatte Anzeige gegen . .
„Später.“ Bode tippte mit den beiden Zeigefingern, vertippte sich, löschte den Fehler, tippte wieder.
Zottel schnaubte ungeduldig.
„Pschscht, Mausilein“, sagte der Mann, „sonst vertippt er sich wieder, und wir kommen nie weiter!“
„Ich vertippe mich nie“, sagte Polizeiwachtmeister Bode beleidigt und vertippte sich noch einmal. „Das ist alles Ihre Schuld, Sie machen mich nervös . . .“
Zottel schnaubte ärgerlich.
„Nun hör schon auf, Mausilein“, sagte der Mann beschwörend und reichte der Frau sein Taschentuch.
„Aber, ich mache doch gar nichts, das ist der . .
„Und Ihr Name?“ unterbrach Bode sie und schaute auf. Dabei fiel sein Blick zum erstenmal auf Zottel, der seinen Kopf zwischen Jens und Kuddel hervorgeschoben hatte.
Wachtmeister Bode klappte der Unterkiefer herunter.
„Was willst du denn hier!“ brüllte er. „Raus!“
Zottel fuhr erschrocken zurück und brachte den Stuhl der Frau ins Wanken.
„Aber er ist doch der Dieb, er hat die Tasche mitgenommen und den Proviant gefressen!“ versuchte Kuddel zu erklären, aber nun hatten auch Herr Krautbier und seine vollbusige Freundin Mausilein das Pony entdeckt und gerieten in heillose Panik.
„Hilfe! Hiiilfe!“ quietschte Mausilein und flüchtete auf den Schreibtisch.
„Nichts wie raus hier!“ stöhnte Herr Krautbier.
Zottel bezog das auf sich und versuchte ins Freie zu gelangen, indem er sich zugleich mit dem beleibten Herrn Krautbier durch die Türfüllung drängte.
„Nein! Nicht doch! Ich ersticke! Das Vieh bringt mich um!“ ächzte Herr Krautbier und saß fest wie ein Korken in der Flasche.
„Dies ist eine Amts. . . eine Amts. . japste Bode und zerrte vergeblich an der kreischenden Frau auf seinem Schreibtisch. „Was fällt Ihnen ein! Runter da! Dies ist . . . dies ist ein öffentlicher Schreibtisch . . . ich meine . . . ich bin . . . ja, sind wir denn hier im Irrenhaus!“
Zottel wurde es angst und bange. Verzweifelt keilte er aus, beförderte mit einem gezielten Schlag den hinter ihm stehenden Stuhl durch die geschlossene Fensterscheibe, drückte und schob, bis Herr Krautbier neben ihm zu Boden ging, und galoppierte in wilder Panik davon. Hinter ihm her Kuddel und Jens.
An Bauer Brodersens Scheune machte Zottel zitternd halt. Jens redete ihm beruhigend zu. Sanft wie eine Krankenschwester nahm er das Pony am Halfter und führte es zur Koppel zurück.
„Das hätten wir geschafft!“ seufzte Kuddel und wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Mann, das hätte ins Auge gehen können!“
„Mach bloß das Gatter richtig zu, damit er nicht noch mal abhaut!“ Jens zitterte immer
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