Bille und Zottel 06 - Gefahr auf der Pferdekoppel
noch am ganzen Körper.
„Hallo, ihr beiden - was macht ihr denn da?“
Jens und Kuddel fuhren herum, als hätte sie eine Natter gebissen. Hinter ihnen stand Bille.
„Och, nichts . . . wir . . . wir kamen grade so vorbei und . . .“
„Und da dachten wir, kontrollieren wir mal, ob das Gatter auch richtig zu ist. Man kann ja nie wissen . .
„So, so“, Bille sah prüfend von einem zum anderen. „Ich dachte schon, ihr wolltet wieder was anstellen.“
„Wir? Wie kommst du denn darauf Nie im Leben!“ Jens verbarg seine Röte hinter übertriebener Empörung.
„Okay, schon gut. Ich hätte mir denken können, daß ihr noch von eurem letzten Abenteuer genug habt.“
„Eben“, sagten Kuddel und Jens und sahen sich an.
Ein schwarzer Tag auf Peershof
Kein Zweifel, daß in Billes Leben Pferde die Hauptsache sind. Trotzdem ist der Höhepunkt des Tages für sie der Augenblick, wenn sie sich abends mit Mutsch und Onkel Paul an den Tisch setzt, wenn Mutsch das Essen aufträgt und Onkel Paul einschenkt, und es so richtig gemütlich wird. Im Sommer sitzen sie auf der Veranda draußen, wo es nach Rosen und Levkojen duftet und manchmal nach frisch gemähtem Gras. Dann kommen Moischele, das kleine, weiße Shetlandpony, das sie scherzhaft „Mutschs Hofhund“ nennen, und Zottel an den Tisch und holen sich einen Leckerbissen ab.
Im Herbst, wenn es kühler wird, sitzen sie wieder in der Küche an dem großen, runden Bauerntisch, der vor Alter schon Runzeln und Narben in seinem blankgescheuerten Holz hat. Mutsch zündet eine Kerze an, und immer stehen frische Blumen auf dem Tisch.
Da Mutsch und Onkel Paul drüben in Leesten gemeinsam den „Sparmarkt“ leiten, das Einkaufszentrum für die umliegenden Dörfer, sieht sich die Familie den ganzen Tag nicht. Abgesehen vom Frühstück natürlich, aber da gibt’s meistens
Unruhe, weil die Zeit drängt und man zur Schule oder zur Arbeit muß. So wird der Abend immer zu einem kleinen Fest. Mutsch kocht etwas Gutes, und Onkel Paul hilft ihr dabei. Und wenn sie dann beieinander sitzen, wird erzählt und gelacht. Man kann sich den Arger des Tages von der Seele reden oder gemeinsam Zukunftspläne schmieden. Richtig kuschlig ist das, wie in einem großen Nest.
Seit sie wieder eine richtige Familie geworden sind, mit einem Vater, ist überhaupt alles schöner geworden, findet Bille. Aber das liegt natürlich vor allem daran, daß Onkel Paul so ein prima Kerl ist und dafür sorgt, daß Mutsch sich nicht überarbeitet und nicht mehr so abgehetzt ist.
An diesem Abend drehte sich das Gespräch um Edmund den Weisen. Bille hatte ausführlich von Edmunds Reitversuchen berichtet, und Mutsch und Onkel Paul hatten Tränen gelacht, als sie seinen gestotterten Wortschwall während des Trabs nachmachte.
„Aber tüchtig soll er sein, der Junge“, sagte Onkel Paul. „Das hat mir Lohmeier erzählt. Er ist sehr zufrieden mit ihm. Ein bißchen pedantisch vielleicht und vollgestopft mit Theorien, aber das wird sich schon abschleifen, wenn er erst eine Weile praktisch in der Landwirtschaft gearbeitet hat.“
„Und für sein Aussehen kann der arme Junge schließlich nichts“, meinte Mutsch. „Ich hoffe, ihr laßt ihn nicht fühlen, wie komisch ihr ihn findet.“
„Aber nein, keine Sorge, so was würden wir nie tun! Wir kommen ganz prima miteinander aus, auch wenn es manchmal nicht leicht ist, seinen verrückten Ideen zu folgen. Wißt ihr, was sein Hobby ist?“
„Du wirst es uns zweifellos gleich verraten.“
„Verhaltensforschung. Er erforscht das Verhalten von Tieren.“
„Was ist daran so verrückt?“
„Die Tatsache als solche natürlich nicht“, stellte Bille fest und drückte mit dem Löffel eine Mulde in ihren Kartoffelbrei, um einen See aus Tomatensol3e darin anzulegen, in dem mindestens zwei gekochte Eier Platz fanden. „Aber wie er es macht! Er . . .“
„Du spielst mit dem Essen rum wie ein kleines Kind“, konnte Mutsch sich nicht verkneifen zu sagen, woraufhin Onkel Paul den Kartoffelbreiteich auf seinem Teller schnell wieder zuschüttete.
„Wir sind ja unter uns“, meinte Bille lachend. „Also, Edmund ist der Meinung, Tiere seien viel intelligenter, als wir Menschen meistens annehmen. Sie könnten unsere Sprache verstehen, und wenn sie die gleichen Sprechwerkzeuge hätten wie wir, dann könnten wir uns mit ihnen unterhalten. Natürlich sind nicht alle geistig so weit entwickelt wie wir, aber immerhin. Er hat einen Haufen Bücher gelesen über rechnende und
Weitere Kostenlose Bücher