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Blackbirds

Blackbirds

Titel: Blackbirds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Wendig
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EINS
    Der Tod von Del Amico
    Das Licht der Autoscheinwerfer tastet sich durch kaputte Moteljalousien.
    Als es hereinfällt, betrachtet sich Miriam im schmutzigen Spiegel.
    Ich sehe aus wie jemand, der von einem staubigen Highway hereingeweht wurde , denkt sie. Dreckige, zerrissene Jeans. Knappes, weißes T-Shirt. Wasserstoffblonde Haare, deren Ansatz dunkel nachwächst, dunkle und erdfarbene Haarwurzeln.
    Sie stemmt die Hände in die Hüften und wiegt sie erst in diese, dann in jene Richtung. Mit dem Handrücken wischt sie verschmierten Lippenstift weg, dort, wo Del sie geküsst hat.
    »Die Lichter müssen an sein.« Die Worte sind an niemanden gerichtet; sie prophezeien nur, was geschehen wird.
    Miriam schaltet die Lampe am Bett an. Fahlgelbes Licht erhellt das schäbige Zimmer.
    Mitten auf dem Boden sitzt reglos eine Kakerlake.
    »Husch!«, sagt sie. »Hau ab! Du darfst gehen.«
    Die Kakerlake tut wie geheißen. Erleichtert flitzt sie unter das Schrankbett.
    Also, zurück zum Spiegel.
    »Man hat immer schon gesagt, du hättest eine alte Seele«, murmelt sie. Heute Abend fühlt sie sich auch so.
    Im Bad prasselt die Dusche. Es ist jetzt fast Zeit. Miriam setzt sich auf die Bettkante und reibt sich die Augen. Sie gähnt.
    Sie hört das Quietschen der Drehknöpfe an der Dusche. Die Leitungsrohre in den Wänden ächzen und rattern, als würde ein Zug vorbeifahren. Sie krümmt ihre langen, schmalenAffenzehen und streckt sie wieder aus. Die Zehenknöchel knacken.
    Im Bad summt Del vor sich hin. Irgendeine Hintertupfingen-Flachwichser-Countrymelodie. Miriam hasst Country. Diese Musik ist der dumpfe, pulsierende Herzschlag des Kernlands. Augenblick mal. Das hier ist North Carolina, richtig? Ist North Carolina das Kernland? Egal.
    Das Kernland. Die Konföderation. Das weite flache Nirgendwo. Ist das überhaupt von Bedeutung?
    Die Tür zum Bad geht auf, und Del Amico kommt heraus, in geisterhafte Dampfschwaden gehüllt.
    Möglicherweise ist er einmal attraktiv gewesen. In diesem Licht könnte man sagen, er ist es noch. Er ist in den mittleren Jahren, mager wie ein Strohhalm. Arme wie Seile, harte Waden. Billige, gewöhnliche Retro-Pants sitzen straff auf knochigen Hüften.
    Er hat einen guten Kiefer, ein nettes Kinn , denkt sie, und die Stoppeln schaden nicht.
    Er lächelt sie groß und breit an und leckt sich die Zähne – strahlende Beißer, über die sich mit einem Quietschen die Zunge schlängelt.
    Sie riecht Minze.
    »Mundwasser«, sagt er, spitzt die Lippen und bläst seinen heißen, frischen Atem in ihre Richtung. Er reibt sich mit einem verschlissenen Handtuch über den Kopf. »Hab was davon unterm Waschbecken gefunden.«
    »Super«, sagt sie. »Hey, ich habe eine neue Idee für eine Buntstiftfarbe: Kakerlakenbraun.«
    Del guckt unter der Kapuze, die sein Handtuch formt, hervor. »Was? Buntstift? Wovon zum Teufel redest du?«
    »Crayola macht alle möglichen verrückten Farben, kennst du doch. Gebrannte Umbra. Gebrannte Siena. Blanchierte Mandel. Säuglingskackegelb. Und so weiter und so fort. Ich will nur sagen, Kakerlaken haben ihre eigene Farbe. Sie istindividuell. Crayola sollte da einsteigen. Die Kinder werden es lieben.«
    Del lacht, aber er ist offensichtlich ein bisschen verwirrt. Er trocknet sich weiter ab und hört auf einmal auf. Er blinzelt und sieht sie an, als versuchte er, den Delfin in einem dieser Magic-Eye-Bilder zu sehen.
    Er schaut an ihr hoch und runter.
    »Ich dachte, du hättest gesagt, du würdest dich hier drin ... ein bisschen locker machen«, sagt er.
    Miriam zuckt die Schultern. »Ooch. Nein. Um die Wahrheit zu sagen, ich bin nie so richtig locker. Tut mir leid.«
    »Aber ...« Seine Stimme verliert sich. Sein Mund formt die Worte, bevor er sie ausspricht und sagt schließlich: »Du bist nicht nackt!«
    »Gut erkannt«, sagt sie und gibt ihm ein Daumen-hoch und ein Augenzwinkern. »Ich hab’ schlechte Neuigkeiten, Del. Ich bin eigentlich gar keine Truck-Stop-Prostituierte, und außerdem werden wir an diesem schönen Abend nicht ficken. Oder diesem Morgen. Ich denke doch, es ist Morgen? So oder so, kein Ficken. Ohne Moos nichts los.«
    Die starken Kiefer mahlen. »Aber du hast es angeboten. Du schuldest mir das.«
    »In Anbetracht dessen, dass du mich genau genommen noch nicht bezahlt hast, und außerdem in Anbetracht dessen, dass Prostitution in diesem Staat nicht legal ist – obwohl es mir fernliegt, sittliches Verhalten in Gesetze zu pressen; offen gesagt finde ich, was die Leute

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