Bille und Zottel 06 - Gefahr auf der Pferdekoppel
sprechende Pferde und Hunde, die mit ihren Hufen und Pfoten das Alphabet klopfen konnten und richtige Sätze sagen!“
„Ach ja?“ Mutsch schaute verträumt in den Garten hinaus, wo gegen den Abendhimmel Moischeles Umrisse zu erkennen waren. „Nun, wenn der Kleine mich manchmal so anschaut, habe ich auch das Gefühl, als verstünde er jedes Wort.“
„Du kannst ihn ja von jetzt an jeden Tag eine Stunde unterrichten“, sagte Onkel Paul schmunzelnd. „Vielleicht lernt er auch ,Mühle’ spielen, dann hättest du endlich einen Partner, wenn ich abends meine Zeitung lesen will.“
„Außerdem könntest du ihn im ,Sparmarkt’ einsetzen!“ Bille grinste. „Stell dir vor, du sparst eine Kassiererin, wenn er rechnen lernt. Er klopft den Kunden mit den Hufen vor, was sie zahlen müssen!’
„Hat dieser Edmund einem von Tiedjens Pferden denn schon das Rechnen beigebracht?“ erkundigte sich Onkel Paul. „Wär doch ganz praktisch auf Turnieren, dann kann das Pferd seine Strafpunkte selber mitzählen und gibt sich mehr Mühe.“
„Oh, was das betrifft, glaube ich, daß die meisten Pferde im Turnier sehr wohl wissen, ob sie schlecht oder gut sind. Es gibt ausgesprochen ehrgeizige Pferde, die sich richtig ärgern, wenn sie einen Fehler machen“, erklärte Bille. „Du solltest nur mal sehen, wie Feodora sich den Parcours anschaut, bevor sie ins Stechen geht. Sie sieht sich die Hindernisse an, als wollte sie sagen: Da muß ich aufpassen, da ist’s gefährlich . . . und dort drüben darf ich nicht wieder zu spät abspringen, und so weiter. Aber, was Edmund den Weisen angeht, der hat sich aufs Rindvieh verlegt. Er experimentiert mit Mozart und Elvis Presley
„Sind das Kühe?“
„Nein, ich meine mit der Musik. Er hat gelesen, daß Musik auf Kühe positiv wirkt, daß sie dann mehr Milch geben, und nun will er rauskriegen, ob sie Mozart oder Elvis Presley lieber mögen.“
„Aha.“ Mutsch und Onkel Paul sahen sich kopfschüttelnd an.
„Du kannst dir vorstellen, wie die Melker darüber denken. Fritz, der Schweizer, ist beim erstenmal richtig grob geworden. Und der alte Ludwig kommt aus dem Kopfschütteln gar nicht mehr raus. Aber das stört Edmund überhaupt nicht. Der Bulle ‚Isidor’, vor dem alle solche Angst haben, weil er so bösartig ist. ist Edmunds Liebling. Er behauptet, kein Tier wäre von Natur aus böse, sie wären nur von den Menschen böse gemacht.“
„Womit er zweifellos recht hat“, warf Mutsch ein. „Und über die Menschen kann man ähnliches sagen. Auch Menschen werden erst durch unglückliche Umstände und fehlende Liebe zu Verbrechern.“
„Wie kommst du jetzt gerade darauf?“ fragte Onkel Paul erstaunt.
„Ach, mir fiel eben, als Bille von Kühen sprach, die Geschichte ein, die am Wochenende drüben bei Hansen passiert ist. Um ein Haar war seine beste Kuh draufgegangen, weil so eine Rockerbande aus der Stadt wie wild unter der Herde gewütet hat. Ein halbes Dutzend junger Kerle in Lederzeug und auf Motorrädern. Was in so Jungs bloß vorgeht, frag ich mich, spielen da Wilden Westen, dreschen auf die Kühe ein, jagen sie rum . . .“
„Davon habe ich ja gar nichts gehört!“ sagte Bille aufgeregt. „Wann ist das passiert?“
„Samstag vor einer Woche. Waren wohl angetrunken. Hansen hat den Krawall gehört und ist mit zwei anderen Bauern mit der Mistgabel auf sie los. Da sind sie geflüchtet.“ Onkel Paul nahm einen tiefen Schluck aus seinem Bierglas und schüttelte sich.
„Bah! Da kann einem ganz anders werden, wenn man das hört. Geht der Arger nun auch hier los, kann man nicht mal mehr bei uns in Ruhe leben?“
„Sie werden wohl nicht wagen, sich hier noch einmal blicken zu lassen.“ Mutsch räumte die Teller zusammen und stand auf. „Und wenn, dann möchte ich nicht in ihrer Haut stecken.“
„Hat Hansen sie denn erkannt?“
„Das nun wohl nicht. Sie hatten ja die Helme vorm Gesicht und dann dies schwarze Lederzeug an. Genagelte Stiefel - und Schlagringe hat er gesehen. Er hat sofort Anzeige erstattet. Aber keiner weiß, wo die Burschen hergekommen sind.“
Bille schauderte.
„Da kann man’s ja mit der Angst bekommen. Terror in Wedenbruck! Das fehlte gerade noch. Ich mag gar nicht daran denken! Laßt uns von etwas Erfreulicherem sprechen. Ist heute keine Post gekommen?“
„O doch! Das hätte ich ja beinah vergessen! Ein Brief von Inge . . .“
„Meine große Schwester schreibt mal wieder? Den Tag muß ich rot im Kalender anstreichen. Sonst ruft sie
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