Bille und Zottel 08 - Ein Filmstar mit vier Beinen
Gewalt für den Film entdeckt werden?“
„Ach wo, ich hatte nur keine Ahnung, daß die da gerade diese Szene filmen. Und in meiner Eile habe ich sozusagen die aufgestellten Wachen überrumpelt, das war alles. Wer denkt auch an so was.“
Bettina lachte.
„Du wirst dich wohl daran gewöhnen müssen, in Zukunft an so was zu denken. Nach dem Motto: Vorsicht, Kamera! Weißt du übrigens schon, daß Asterix auch engagiert ist?“
„Asterix?“
„Ja, sie suchten einen ruhigen Schimmel für den General. Der Schauspieler kann wohl nicht besonders gut reiten.“
„Hoffentlich kann er’s überhaupt!“
„Jedenfalls wird übermorgen eine Szene mit ihm gedreht.“
„Übermorgen? Klasse, da haben wir schulfreien Samstag!“ Bettina nickte vergnügt.
„Ist doch klar, daß wir alle mitgehen. Asterix vor der Kamera, das muß man gesehen haben!“
Bille hatte Zottel abgesattelt und übergab Bettina die Zügel. „Tust du mir einen Gefallen? Reib ihn mir trocken, ich bin so spät dran. Ich putze inzwischen Black Arrow.“
„Mach ich. Übrigens: Troja habe ich schon fertig gemacht.“
„Danke. Du bist ein Engel. Womit habe ich das verdient?“
„Na ja, als Mutter eines künftigen Filmstars!“
Bille ging in den Stall und holte Black Arrow aus seiner Box. Während sie ihn putzte, mußte sie den anderen Dutzende von Fragen beantworten — dabei hatte sie selbst bisher kaum etwas gesehen.
„ Laßt euch doch überraschen“, sagte sie schließlich erschöpft. „Übermorgen seid ihr ja selbst dabei.“
Die Szene mit dem General und Asterix sollte hinter Frau Lohmeiers Garten aufgenommen werden, auf einer Wiese, auf der ein paar Apfel-, Birn - und Kirschbäume standen. Es handelte sich um eine sehr gefühlvolle und romantische Passage des Films, in der die Gutsherrin — deren Mann im Krieg gefallen war — dem General erlaubte, das Pferd ihres Mannes zu reiten. Natürlich waren die beiden ineinander verliebt, aber konnten es sich nicht sagen, weil sie viel zu gut erzogen waren. Als einziges Zeichen ihrer Zuneigung überließ die Dame dem Angebeteten das Pferd, und er mußte schweren, aber glücklichen Herzens über eine blühende Wiese, umspielt von zarten Zweigen dem Horizont zureiten. So jedenfalls hatte es sich der Regisseur vorgestellt.
Pünktlich am Morgen waren sämtliche Peershofer und Bille zur Stelle. Asterix stand schneeweiß — die Maskenbildnerin hatte mit Puder noch etwas nachgeholfen — zur Aufnahme bereit. Daniel hielt ihn am Zügel.
Der Stab war am Drehort versammelt, die Kamera aufgestellt. In gebührendem Abstand lauerten etliche Zuschauer, darunter die Bauarbeiter, die heute ihren freien Tag hatten.
Jetzt kam auch Herr Schreiner, der Regisseur, in der Hand die unvermeidliche Tüte mit Zitronenbonbons, umringt von seinen Begleitern, dem hohlwangigen Regieassistenten, dem Scriptgirl mit den Spaghettihaaren und einem Aufnahmeleiter, einem fröhlichen Krauskopf mit Augen wie Schokoladenplätzchen.
„So, die Darsteller sind noch nicht ganz fertig, wir stellen die Szene schon mal“, ordnete der Regisseur an und ließ sich aufseufzend in den bereitgestellten Klappsessel fallen. „Eh — Sie! Eh — junger Mann! Herr — eh...“
„Henrich!“ flüsterte der Assistent.
„Herr Henrich! Würden Sie so nett sein und mit dem Pferd mal herkommen?“
Daniel gehorchte.
Herr Schreiner sah zu ihm auf und verzog das Gesicht, als hätte ihm jemand auf den Fuß getreten.
„Nein, nein, das ist unmöglich — der ist ja einen Kopf größer als Lothar. Ist denn Lothar immer noch nicht fertig?“
„Es dauert noch eine Viertelstunde, Herr Schreiner“, sagte der Aufnahmeleiter sanft.
„Also ja, nein, dann kommen Sie doch mal her, kleines Fräulein, Sie sind doch auch Reiterin, nicht wahr?“
„Meinen Sie mich?“ Bille sah sich um, aber hinter ihr stand niemand.
„Ja, Sie. Kommen Sie doch mal her. Wie war doch gleich der Name?“
„Bille. Sybille Abromeit . Sie können mich ruhig duzen.“
„Okay, Mädchen, markier uns doch mal schnell den General.
Also, hier vorne hat er seinen Dialog mit der Dame des Hauses, klar?“
„Klar“, sagte Bille, bemerkte aber, daß sie gar nicht gemeint war.
Herr Schreiner hatte sich an den Kameramann gewandt. „Die beiden — groß. Blauer Himmel, ein paar Zweige im Hintergrund. Achtung — er küßt ihr die Hand — klar? — und steigt aufs Pferd. Langer, bedeutungsvoller Blick — Blick — immer noch Blick — und jetzt trabt er ab. Nächste
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