Bille und Zottel 14 - Ein Pony auf grosser Wanderung
beizubringen, wie man auf einer Auktion die versteckten Vorzüge oder Mängel eines Pferdes entdeckt, wie man bietet, wann man aufhören muß und wie man seine Chancen am besten wahrnimmt.“
„Ignaz der Schreckliche läßt sich wirklich immer was einfallen“, sagte Tom bewundernd. „Ich wünschte, ich hätte ihn als Lehrer gehabt.“
„Das stimmt. Andererseits“, erwiderte Bettina lächelnd, „müssen wie bei keinem anderen Lehrer so hart arbeiten. Er ist schrecklich anspruchsvoll und erwartet ständig Höchstleistungen. Aber das ist wohl gut so. Gehen wir noch eine Stunde ins Gelände?“
„Klar. Troilus und ich müssen uns mal wieder richtig austoben.“
„Auweia. Hoffentlich kommen Sternchen und ich da überhaupt noch mit!“
„Ihr kriegt eine Vorgabe von einem Kilometer“, neckte Tom seine Freundin. „Wird das reichen?“
„Zur Not kann ich ja auch den Igeltrick anwenden. Wir bleiben gleich an der Stalltür und sagen bei deiner Rückkehr: Wir sind schon da!“
Am nächsten Tag machte sich eine ganze Wagenkolonne von Groß- Willmsdorf aus auf den Weg nach Neukirchen, wo in der zu diesem Zweck umfunktionierten Stadthalle die Auktion stattfinden sollte. Pferdezüchter aus sämtlichen umliegenden Landkreisen brachten ihren frisch eingerittenen Nachwuchs, auch Zuchtstuten, Hengste und Wagenpferde in Zweier- und Vierergespannen, zur Auktion, um einen möglichst guten Preis für ihre Pferde zu erzielen.
Der Parkplatz war bereits überfüllt. Ein frischer Wind blies die Regenwolken auseinander, Flaggen knatterten wie Peitschenschläge über den Köpfen der Besucher, die zur großen Festhalle drängten.
„Wir haben Block B, Reihe acht“, stellte Tom fest. „Da rüber!“
„Wir sind im Block D, wir müssen in die andere Richtung!“ Ignaz der Schreckliche dirigierte seine Schäfchen zum rückwärtigen Eingang.
„Können wir nicht schnell noch einen Blick in den Stall werfen?“ bat Caroline.
„Dazu ist es zu spät, es geht gleich los. Wer möchte ein Programm ? Durchzählen ! Beppo, du sammelst das Geld ein und holst die Programme, damit ihr nicht alle davonlauft!“ Währenddessen hatten Bille, Simon, Bettina, Tom und Herr Tiedjen bereits ihre Plätze eingenommen. Die Halle war erfüllt von aufmunternder Marschmusik, die aus mehreren Lautsprechern dröhnte und sich mit dem Geräusch vieler aufgeregter Stimmen mischte. Zurufe gingen hin und her, Freunde winkten sich zu, in der Bahn wurden letzte Vorbereitungen für die Vorführung der Pferde getroffen. Sie wurden zunächst nur vorgestellt, unter dem Reiter und im Freispringen. Die Versteigerung begann erst nach der Mittagspause.
Der Veranstalter betrat das Podium, blies zur Probe einmal ins Mikrofon, was ein ohrenbetäubendes Knattern zur Folge hatte, und begann seine Begrüßungsansprache zu halten, während Techniker um die ideale Lautsprechereinstellung kämpften. So erreichten die Begrüßungsworte das Publikum wie in heranbrandenden Wellen, mal laut, mal leise, aber es hörte ohnehin niemand so recht zu.
Jetzt trat der Auktionator ans Mikrofon. Das hintere Tor wurde geöffnet, und fünf Braune trabten herein, geritten von jungen Leuten in dunkelgrünem Jackett und weißer Hose. Sattelzeug und Pferde blitzten um die Wette, die schneeweißen Satteldecken und Stirnriemen unterstrichen das festliche Gepräge.
Wie sie da in schwungvollem Mitteltrab Runde um Runde drehten, meinte man, ein Pferd sei so schön und gut gewachsen wie das andere. Erst bei sehr genauem Hinsehen wurden Unterschiede deutlich, mangelte es diesem an Schwung, jenem an Ausdruck, war hier ein Hals etwas zu kurz geraten, dort eine Hinterhand zuwenig ausgeprägt.
Ignaz der Schreckliche hatte seine Schüler um sich versammelt und machte sie flüsternd auf die Eigenschaften jedes Pferdes aufmerksam.
Nun wurden die Pferde einzeln vorgestellt. Der Auktionator nannte Abstammung, Züchter, Besitzer und Eignung, und das Pferd wurde in sämtlichen Gangarten präsentiert.
„Bibiana, die kleine Dunkle dort, die man fast schon für einen Rappen halten könnte, die wäre was für mich“, seufzte Bettina. „Süß!“
„Hm, die gefällt mir auch“, murmelte Tom.
„Nichts für uns“, sagte Simon. „Sie ist schreckhaft. Eine zweite Iris.“
Ignaz Albert und seinen Schülern hatte es eher der Wallach Belmondo angetan, und man diskutierte, welchen Preis der rassige Braune wohl bringen werde. Aber da kam schon die nächste Gruppe, Füchse diesmal — und mindestens zwei ganz
Weitere Kostenlose Bücher