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Bin ich hier der Depp

Bin ich hier der Depp

Titel: Bin ich hier der Depp Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Wehrle
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und der Klinik zu schaden. Und nächste Woche möchte ich wieder mit ganzer Energie bei der Sache sein.«
    Diese Argumentation macht dem Oberarzt das Widersprechen schwer – denn alles, was die Assistenzärztin sagt, ist in seinem Sinne. Will er, dass sie konzentriert arbeitet? Ja. Will er, dass sie fehlerfrei arbeitet? Ja. Will er, dass sie in der kommenden Woche mit Energie ans Werk geht? Ja.
    Dieser Ansatz führt ihm den Preis vor Augen, den es kosten könnte, wenn er sich aufgrund seiner hierarchischen Position durchsetzt – ein Preis, den er selbst bezahlen müsste.
    Wenn Sie den Vorteil der Firma bei Ihrem Nein betonen, fällt Ihnen das Abgrenzen leichter, denn Sie werden sich nicht egoistisch fühlen – Sie denken ja für die Firma mit. Und auch Ihr Chef muss sich nicht als Verlierer fühlen, denn seine Interessen werden durch das Nein an anderer Stelle gewahrt.
    7. Berufen Sie sich auf gemeinsame Maßstäbe
    Jedes Arbeitsverhältnis beruht auf gemeinsamen Maßstäben. Ein Teil davon ist individuell, etwa Ihr Arbeitsvertrag und Ihre Zielvereinbarung. Und ein Teil ist allgemeinverbindlich, zum Beispiel das Arbeitsschutzgesetz oder der Rahmentarifvertrag. Solche Maßstäbe geben eine Orientierung, was Ihr Arbeitgeber von Ihnen fordern darf und womit er zu weit geht (siehe »Ihr gutes Arbeitsrecht – die wichtigsten 20 Fragen«).
    Die Assistenzärztin hätte sich auf solche gemeinsamen Maßstäbe berufen können, zum Beispiel so:
    »Ich verstehe, dass Sie jemanden für den Dienst brauchen.« (Sie zeigt Verständnis für das Anliegen.) »Bitte verstehen Sie auch, dass ich den Arbeitsvertrag mit Ihnen ernst nehme.« (Sie beruft sich auf eine schriftliche Willenserklärung Ihres Arbeitgebers.) »Wir haben vereinbart, wie wir mit Schicht- und Wochenenddiensten umgehen. Zwei aufeinanderfolgende Wochenenddienste würden gegen diesen Vertrag verstoßen, ebenso gegen das Arbeitsschutzgesetz.« (Sie benennt klar, inwieweit die Forderung den rechtlichen Rahmen überschreitet.) »Damit könnte ich nicht nur mich, sondern auch die Klinik in Schwierigkeiten bringen. Das sollten wir nicht riskieren. Deshalb lehne ich den Dienst ab.« (Sie betont das Risiko und damit indirekt den Vorteil des Neins für die Klinik und grenzt sich klar ab.)
    Wer sich auf Gesetze beruft, löst bei seinem Chef keine Jubelstürme aus. Aber sind Gesetze dafür gemacht, denen zu gefallen, die gegen sie verstoßen wollen? Nein, sie sollen die Rechte der anderen wahren! Wer den Mut aufbringt, sich auf gesetzliche Grundlagen zu berufen, kann sich einen nützlichen Ruf erwerben: den als »unbequemer« Mitarbeiter.
    Ich darf Ihnen versichern: Unsittliche Forderungen werden in der Regel an die »Bequemen« gestellt – an jene, die sich nicht (ausreichend) wehren.
    8. Spielen Sie eine gesprungene Schallplatte
    Was passiert, wenn ein Vorgesetzter das »Nein« seines Mitarbeiters nicht akzeptiert? Wenn er immer weiterbohrt? Je länger die Situation dauert, desto unangenehmer wird sie dem Mitarbeiter. Er neigt dazu, aus dieser Diskussion fliehen zu wollen. Und der einzige Fluchtweg besteht scheinbar darin, doch noch zuzustimmen.
    Das passiert auch, weil seine Argumente im Laufe der Diskussion immer schlechter werden, denn die guten hat er anfangs verballert. Sein »Nein« weicht immer mehr auf, bis es zum »Jein« wird. Und dann ist alles verloren.
    Mit einer Technik können Sie diesen Teufelskreis unterbinden: Tragen Sie Ihr Nein als gesprungene Schallplatte vor. Das bedeutet, dass Sie Ihr Nein einfach wiederholen, statt es durch eine breit angelegte Diskussion aushöhlen zu lassen. [139]
    Bei unserer Assistenzärztin hätte das zu folgendem Dialog führen können:
    »Ich arbeite aus Prinzip keine zwei Wochenenden nacheinander.«
    »Aber in diesem Fall ist eine Ausnahme nötig. Ihre Kollegin ist krank geworden.«
    »Ich verstehe, dass Sie eine Lösung brauchen. Nur arbeite ich grundsätzlich keine zwei Wochenenden nacheinander.«
    »Und welche Lösung schlagen Sie vor? Ich spreche Sie ja aus gutem Grund an.«
    »Ich verstehe, dass Sie auf mich zukommen. Nur halte ich mich an mein Prinzip: nie zwei Wochenenddienste nacheinander.« usw.
    Diese Gesprächsführung hat einen bestechenden Vorteil: Sie entmutigt denjenigen, der Ihr Nein aufweichen will. Verzweifelt sucht er nach einer Lücke, in die er sein rhetorisches Stemmeisen schieben kann, doch sie bietet sich ihm nicht. Das Nein weicht keinen Zentimeter zurück.
    Üben Sie diese Technik, zum Beispiel,

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