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Bin ich hier der Depp

Bin ich hier der Depp

Titel: Bin ich hier der Depp Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Wehrle
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wenn Ihnen ein Vertreter an der Haustür ein Produkt andrehen will. Sie werden staunen, welche undurchdringliche Mauer ein konsequent wiederholtes Nein bilden kann.
    9. Erzeugen Sie nützlichen Nebel
    Wenn Sie »nein« sagen, müssen Sie damit rechnen, dass Ihnen Vorwürfe gemacht werden. Indem Sie diese Vorwürfe abwehren, liefern Sie dem Angreifer Munition, um weitere rhetorische Salven zu schießen. Zum Beispiel wirft der Oberarzt der Assistenzärztin vor, sie verhalte sich unkollegial, worauf sie erwidert: »Ich bin sehr kollegial, da können Sie alle fragen.« Worauf er sagt: »Wenn Sie so kollegial sind, wie Sie das gerade behaupten, dann werden Sie doch ausnahmsweise …« Und so weiter.
    Durch die Vernebelungstaktik entziehen Sie solchen Angriffen die Munition: Sie wehren die Angriffe nicht ab, sondern räumen ihre (mögliche) Berechtigung ein. [140] Ein solches Vorgehen zeugt von großer innerer Stärke und verwirrt den Angreifer. Zum Beispiel hätte der Dialog mit dem Chefarzt so ablaufen können:
    »Sie verhalten sich unkollegial, wenn Sie den Wochenenddienst ablehnen.«
    »Das mag sein. Und doch bleibe ich dabei, dass ich diesen Dienst nicht übernehmen werde.«
    »Ich finde, Sie nehmen sich für Ihr Alter und Ihre Position zu viel heraus!«
    »Vielleicht stimmt das. Und doch kommt dieser Dienst für mich nicht in Frage.« usw.
    In dem Moment, in dem Sie einem Vorwurf zustimmen, ist diese rhetorische Speerspitze abgebrochen. Wer sich als Anwalt seiner selbst ins Zeug legt, um seine Kollegialität zu belegen, öffnet emotionalen Manipulationsversuchen die Tür. Wer einen unbegründeten Vorwurf stehen lässt, wirkt souverän wie ein großer Ozeandampfer, der sich von kleinen (rhetorischen) Wellen nicht ins Wanken bringen lässt – und kann seinen Nein-Kurs unbeirrt weiterverfolgen.
    10. Definieren Sie den Preis für Ihr »Ja«
    Ist es wirklich zu viel verlangt, einen Wochenenddienst zu leisten? Zu viel verlangt, ein Projekt zu übernehmen? Zu viel verlangt, den neuen Kollegen einzuarbeiten? Jede dieser Aufgaben wäre einzeln machbar. Aber wer schon vor lauter Arbeit ächzt, den können solche Zusatzaufgaben vollends zusammenbrechen lassen.
    Es sei denn, Sie werfen alte Lasten ab! Definieren Sie, welche Abstriche an anderer Stelle für ein »Ja« nötig wären. Wenn der Ingenieur ein neues Projekt annehmen soll, könnte er zu seinem Vorgesetzten sagen: »Ich kann das Projekt nicht zusätzlich übernehmen, ich bin schon ausgelastet. Das ginge nur, wenn ich im Gegenzug meinen laufenden Auftrag abgeben oder den Termin um zwei Wochen nach hinten schieben könnte.«
    Und die Assistenzärztin hätte vorschlagen können: »Ich brauche diese Woche auf jeden Fall zwei freie Tage, um mich zu erholen. Wenn Sie mir am Donnerstag und Freitag freigeben, könnten wir über den Wochenenddienst reden.«
    Ein solches Angebot ist wirkungsvoll, weil es Ihre Kooperationsbereitschaft belegt. Zugleich schulen Sie das systemische Denken Ihres Chefs, denn ihm könnte – welch Überraschung! – bewusst werden: Jede Stunde Ihrer Arbeitskraft, die Sie in eine neue »Baustelle« investieren, wird auf einer alten fehlen. Beides gleichzeitig ist nicht zu haben.
    Nun muss er Prioritäten setzen und Ihr »Nein« an einer Stelle akzeptieren, statt Sie mit einem Sowohl-als-auch ins Hamsterrad zu stoßen.

    [137] Hohensee, Thomas, Gelassenheit beginnt im Kopf. MensSana, 2007
    [138] Fisher, Roger; Ury, William; Patton, Bruce. Das Harvard-Konzept. Campus, 2000
    [139] Smith, Manuel, Sag Nein ohne Skrupel. mvg Verlag, 2012
    [140] ebenda

Nie wieder Depp: Auf dem Weg zur großen Freiheit

In diesem Kapitel erfahren Sie unter anderem …
wie Sie eine Hamsterrad-Firma schon an der Stellenausschreibung erkennen,
mit welchen Spionagetricks Sie als Bewerber hinter die Fassaden schauen,
warum es Ihnen durch Langsamkeit am schnellsten gelingt, neue Wege einzuschlagen
und was Arbeitnehmer gemeinsam tun können, damit alle (Hamster-)Räder stillstehen.
    Durchschaute Inserate: »Wir brauchen keine Warmduscher!«
    »Suchst du einen guten Job?«, fragt die einseitige Print-Anzeige, mit der ein Fachmarkt nach Teilhabern, Filialleitern und Verkäufern sucht. Aus dem blau-gelben Inserat deutete ein Zeigefinger auf den Leser. Doch nicht jeder sollte sich angesprochen fühlen, im Text heißt es: »Wir brauchen keine ›Warmduscher‹, ›Weicheier‹ oder ›Sauna-unten-Hocker‹«. Sechsmal ist von »Engagement« und »engagieren« die Rede: »Was du auch

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