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Bin Ich Schon Erleuchtet

Bin Ich Schon Erleuchtet

Titel: Bin Ich Schon Erleuchtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Morrison
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nach dem Geschlechtsverkehr sofort zu pinkeln.
    Jessica wurde knallrot. »Oh, nein, neinneinnein, ich habe keinen Sex«, sagte sie, »ich bin im Prinzip Jungfrau.«
    Waaas? Ich fuhr herum und starrte sie an. Jessica noch Jungfrau? Habe ich sie bei einer Lüge erwischt? Sie weiß natürlich, dass wir hier enthaltsam leben sollen, und will Indra weismachen, das sie schon vorher enthaltsam gelebt hat. Jessica, die perfekte Yogini, die freiwillig zölibatär lebt und den ganzen Tag lang Pisse trinkt? Du Schleimer , denke ich. Und plötzlich hätte ich auch gerne ein Yoni-Problem, über das ich mit Indra reden kann.
    Moment mal. Nein. Das habe ich jetzt nicht wirklich geschrieben. Herrgott, wie peinlich.
    Wie auch immer, Indra riet also Jessica, mit einer Mischung aus Limonensaft und Wasser zu spülen. Als Indra sich vor unserem Haus verabschiedet hatte, halbierten wir ein paar Limonen und quetschen den Saft in eine Plastikflasche. Jessica gab sicherheitshalber noch ein paar Tropfen Teebaumöl dazu, dann legte sie sich in die Wanne, die Beine gegen die Wand gestützt, und machte sich ans Werk.
    Das ist so typisch für Yoga-Camps, dass ich die Szene einfach beschreiben muss. Ich weiß nicht, ob ich später immer noch über Jessicas Spülerfahrung Bescheid wissen will, aber sie ist nun mal bezeichnend für mein hiesiges Leben. Körperfunktionen sind ein absolut respektables Gesprächsthema – am Esstisch, mit Männern und Frauen, mit Fremden im Internetcafé. Jason und ich haben uns erst gestern intensiv mit einem Yogi am Nachbarcomputer über seine Darmflora unterhalten. Im Unterricht machen wir Partnerübungen, bei denen wir am Ende vom Schweiß des Partners ebenso durchtränkt sind wie vom eigenen. Gewöhnlich ist Jessica meine Partnerin, und deshalb kam es ihr gar nicht merkwürdig vor, ihre Spülung vor meinen Augen zu vollziehen. Unsere Körper bestehen aus demselben verstockten Material wie unser Geist, und wir sind hier, um beide unter Kontrolle zu bringen.
    Dennoch war mein Aufenthalt im Spülzimmer von begrenzter Dauer. Nach dem ersten Durchgang krümmte sich Jessica vor Schmerzen, und ich krampfte vor lauter Sympathie mit. Es muss grässlich gebrannt haben. Doch dann besann sie sich auf die hilfreiche Pranayama-Atemtechnik, die sie wie eine Art Lamaze-Yoga anwandte, und ich verzog mich und ließ sie schniefend und schnaufend ihr Yoni-Ding durchziehen.
    Durch die Badezimmertür hörte ich das Quietschen der Plastikflasche, wenn sie sie drückte, und dann ein grauenhaftes Röcheln. Grauenhaft wie der Todesschrei eines waidwunden Tieres. Oder wie eine Luftschutzsirene: MmmmmgggrrrhhhhaaaaAAAAAA . Als wüte ein Krieg auf ihrem Venushügel.
    Als sie wieder auftauchte, war sie schweigsamer als sonst. Sie sah aus, als hätte sie tatsächlich eine Schlacht geschlagen und müsse sich nun ein paar Wochen davon erholen. Ihre Wangen waren knallrot und ihre Augen glasig. Sie kollabierte auf dem Futon, und ich ging hierher ins Schlafzimmer, um die letzte Episode von Desperate Yoginis zu protokollieren.

Später
    Ich musste Jessica unbedingt noch wegen dieser »Im-Prinzip-Jungfrau«-Geschichte ausquetschen. Ich schaffe es einfach nicht, mich aus den Angelegenheiten anderer Leute herauszuhalten, aber ich glaube, Jessica stört das nicht. Sie ist der offenherzigste und ehrlichste Mensch, den ich kenne.
    Ich habe sie heute Abend im Casa Luna beim Abendessen darauf angesprochen. Grünzeug, Tofu. Als Beilage ein Häppchen Missgunst, als der Kellner ein Schweinekotelett an den Nebentisch brachte.
    Jessica hatte sich von ihrer Limonensaft-Erfahrung vollständig erholt, nippte fröhlich an ihrem Pfefferminztee und säbelte an einem Klumpen Zitronengras-Tofu herum.
    »Du bist aber nicht wirklich Jungfrau, oder?«, fing ich an.
    Sie spießte lächelnd mit ihrer Gabel ein Stück Tofu auf. »Na ja, ich hatte seit fünf Jahren keinen Sex mehr. Und dann habe ich meine Jungfräulichkeit wiederhergestellt, nachdem ich entschieden hatte, dass ich mit keinem mehr schlafen will, bis ich einen Mann finde, der meiner Weiblichkeit mit seiner Männlichkeit begegnet.«
    »Ah«, sagte ich. »Ja. Ich verstehe.«
    Jessica erklärte, dass die meisten von uns ihre Jungfräulichkeit auf die falsche Art verlieren. In früheren Zeiten verloren die Frauen ihre Jungfräulichkeit durch die Hand einer anderen Frau. »Deshalb war es kein traumatisches Erlebnis.«
    »Klingt sehr nach Das Rote Zelt der Frauen «, entgegnete ich. Ich kenne das Buch, ich weiß alles

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