Biokrieg - Bacigalupi, P: Biokrieg - The Windup Girl
spürt er, wie der Druck seiner Vorfahren auf ihm lastet – ihr Richterspruch droht ihn zu zermalmen. Was sein Vater und sein Großvater in Malaya aufgebaut haben, das hat er übernommen und zuschanden werden lassen.
Sein Versagen ist überwältigend.
Ein weiteres Flüsterblatt wird gegen die Fabrikwand geweht. Wieder das Aufziehmädchen und Vorwürfe gegenüber General Pracha. Mr Lake war von diesem Aufziehmädchen geradezu besessen. Konnte gar nicht mehr aufhören, mit ihr zu vögeln. Nahm sie bei jeder Gelegenheit in sein Bett. Mit einem Mal nachdenklich geworden, hebt Hock Seng das Flüsterblatt auf.
»Was ist?«, fragt Mai.
Ich bin zu alt für all das.
Trotzdem schlägt Hock Sengs Herz ein wenig schneller als zuvor. »Ich habe eine Idee«, sagt er.
Ein Hoffnungsfunken am Horizont. Er kann einfach nicht anders. Selbst wenn er nichts mehr hat, er muss weiterkämpfen.
43
Eine Panzergranate schlägt ein. Erde und Holzsplitter regnen auf Kanyas Kopf herab. Sie haben die Gebäude des Ministeriums aufgegeben – Kanya hat es einen Rückzug genannt, obwohl es in Wahrheit nichts weiter als eine wilde Flucht war – und rennen jetzt, so schnell sie können, vor den immer weiter vorrückenden Panzern und Megodonten davon.
Wahrscheinlich haben sie überhaupt nur überlebt, weil es das vorrangige Ziel der Armee zu sein scheint, den Hauptcampus des Ministeriums zu sichern, weswegen die meisten der Streitkräfte sich dort sammeln. Trotzdem ist Kanya mit ihren Männern auf drei Kommandotrupps gestoßen, die über die südliche Mauer auf das Gelände vordrangen und ihren Zug um die Hälfte dezimiert haben. Und jetzt, gerade als sie dabei sind, durch einen Nebenausgang zu entkommen, rollt ihnen ein weiterer Panzer entgegen. Er hat die Mauer durchbrochen und ihnen den Fluchtweg versperrt.
Sie hat ihren Männern befohlen, in dem Waldstück am Phra Seub-Tempel Schutz zu suchen. Dort bietet sich ihnen ein Bild der Verwüstung. Der sorgfältig gepflegte Park ist von Kriegsmegodonten zertrampelt worden. Die Hauptsäulen sind von einer Brandbombe, die kreischend und brüllend wie ein wütender Dämon durch das trockene Teak gefegt ist, niedergemäht worden, so dass sich die Soldaten zwischen Aschehaufen, Stümpfen und schwelenden Bränden ducken müssen.
Eine weitere Panzergranate geht auf ihre Stellung am Hang nieder. Kommandoeinheiten sammeln sich um den Panzer, teilen sich in kleinere Gruppen auf und stürmen über das Gelände. Es sieht so aus, als hätten sie es auf die biologischen
Labore abgesehen. Kanya fragt sich, ob Ratana gerade dort arbeitet – ob sie überhaupt etwas mitbekommen hat von dem Krieg, der hier oben stattfindet. Neben ihr zerbirst ein Baum, als eine weitere Granate einschlägt.
»Sie wissen, dass wir hier oben sind, auch wenn sie uns nicht sehen können«, sagt Pai. Wie um seine Worte zu unterstreichen, surrt heulend ein Hagel von Scheiben über ihre Köpfe hinweg, die sich in die umliegenden Baumstümpfe bohren – helles Silber, das aus dem schwarzen Holz herausragt. Kanya bedeutet ihren Männern, dass sie sich weiter zurückziehen sollen. Die übrigen Weißhemden, die ihre Uniformen sorgsam mit schwarzem Ruß und Asche beschmiert haben, machen sich davon, tiefer in den flackernden Wald hinein.
Weiter unten am Hang schlägt erneut eine Granate ein. Brennende Teakholzsplitter sausen durch die Luft.
»Sie kommen uns zu nahe.« Kanya steht auf und rennt los, und Pai folgt ihr auf dem Fuße. Hiroko flitzt vorbei und geht hinter einem schwarzen Holzblock in Deckung. Dort wartet sie, bis die beiden sie eingeholt haben.
» Können Sie sich vorstellen, so jemanden als Gegner zu haben?«, keucht Pai.
Kanya schüttelt den Kopf. Das Aufziehmädchen hat ihnen bereits zweimal das Leben gerettet. Einmal erkannte sie die schattenhaften Bewegungen einer Kommandoeinheit, die sich ihnen näherte, und beim zweiten Mal riss sie Kanya zu Boden, so dass der Scheibenregen, der sie sonst erwischt hätte, nur die Luft über ihnen zerteilte. Die Augen des Aufziehwesens sehen auch das, was Kanya entgeht, und sie ist mörderisch schnell. Doch die Röte in ihrem Gesicht und auch die trockene, glühend heiße Haut verraten, dass sie keineswegs für diese tropische Kriegssituation gebaut ist. Obwohl sie die ganze Zeit Wasser über sie gießen, wird sie immer schwächer.
Als Kanya an ihre Seite eilt, sieht Hiroko sie aus fiebrig glänzenden Augen an. »Ich muss bald etwas trinken. Eis.«
»Wir haben keines.«
»Dann der
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