Biokrieg - Bacigalupi, P: Biokrieg - The Windup Girl
inne und starrt die Straße hinunter – dorthin, wo der gelbe Rand der Morgendämmerung sich allmählich ausbreitet. »Mit diesem Anblick habe ich wirklich nicht mehr gerechnet.«
»Ich dachte, um uns wäre es geschehen.«
»Dafür waren Sie aber recht gelassen.«
Anderson zuckt vorsichtig mit den Schultern. »Finnland war noch schlimmer.« Doch schon beim Einsteigen bekommt er einen erneuten Hustenanfall, der sich eine halbe Minute lang hinzieht. Carlyle sieht zu, wie er sich das Blut von den Lippen wischt.
»Alles in Ordnung?«, fragt er.
Anderson nickt und zieht behutsam die Tür hinter sich zu. »Ich vermute, dass ich innere Verletzungen davongetragen habe. Akkarat hat meine Rippen mit einer Pistole bearbeitet. «
Carlyle sieht ihn prüfend an. »Sind Sie ganz sicher, dass Sie sich nichts eingefangen haben?«
»Machen Sie Scherze?« Anderson lacht, doch davon tun ihm nur wieder die Rippen weh. »Ich arbeite für AgriGen.
Ich bin gegen Krankheiten geimpft, die noch nicht einmal erfunden wurden.«
Als das Auto sich vom Bordstein löst und Fahrt aufnimmt, gesellt sich eine Eskorte von Spannfederrollern zu ihnen und schwärmt um die kohlenbetriebene Limousine herum aus. Anderson macht es sich im Sitz gemütlich und betrachtet die am Fenster vorbeiziehende Stadt.
Carlyle tippt auf die Lederarmlehne. »So einen werde ich mir auch zulegen. Wenn der Handel erst einmal in Gang gekommen ist, werde ich jede Menge Geld zu verprassen haben.«
Anderson nickt zerstreut. »Wir werden auf der Stelle mit der Verschiffung von Kalorienlieferungen beginnen müssen. Hungerhilfe. Als Notlösung würde ich gerne Ihre Flugschiffe in Dienst nehmen, und zwar sofort! Wir werden U-Tex aus Indien liefern. Damit Akkarat etwas hat, womit er angeben kann. Die Vorteile des freien Handels und so weiter. Das sorgt für gute Presse in den Flüsterblättern. Damit alles in trockenen Tüchern ist.«
»Können Sie nicht einfach den Moment genießen?« Carlyle lacht. »Es kommt nicht besonders häufig vor, dass man einer schwarzen Kapuze entkommt, Anderson. Wir werden jetzt erst einmal etwas Whisky auftreiben und dazu ein Dach mit Aussicht, und dann schauen wir uns den verdammten Sonnenaufgang über dem Land an, das wir gerade gekauft haben. Das ist es, was wir als Nächstes machen werden. Der ganze andere Mist kann bis morgen warten.«
Als die Limousine auf die Phraram Road einbiegt, formiert sich die Eskorte vor dem Wagen, und sie sausen durch die schnell heller werdende Stadt. Dann verlassen sie die Route und machen einen Bogen um ein umgestürztes Expansions-Hochhaus, das den Kämpfen zum Opfer gefallen ist. Einige wenige Menschen plündern den Trümmerhaufen, doch keiner von ihnen ist bewaffnet.
»Es ist vorbei«, sagt Anderson leise. »Einfach so.« Er fühlt sich erschöpft. Am Straßenrand, halb auf dem Bürgersteig, liegen zwei tote Weißhemden. Neben ihnen hockt ein Geier, der sich Stück für Stück an sie heranpirscht. Anderson befühlt noch einmal behutsam seine Rippen. Mit einem Mal ist er froh, noch am Leben zu sein.
»Wissen Sie auch, wo wir diesen Whisky bekommen?«
46
Der alte Chinese und das junge Mädchen weichen vor ihr zurück und beobachten wachsam, wie sie das Wasser hinunterstürzt. Es hat Emiko überrascht, dass der alte Mann dem Mädchen erlaubte, ihr über das Balkongeländer zu helfen. Doch jetzt, da sie in Sicherheit ist, hält er die Spannfederpistole auf sie gerichtet, und Emiko ist klar, dass er nicht aus Barmherzigkeit so entschieden hat.
»Hast du sie wirklich umgebracht?«, fragt er.
Emiko hebt mit äußerster Vorsicht das Glas und trinkt erneut. Wenn sie nur nicht solche Schmerzen hätte, dann könnte sie es fast genießen, dass diese beiden solche Angst vor ihr haben. Dank des Wassers fühlt sie sich selbst mit einem geschwollenen, unbrauchbaren Arm im Schoß bereits wesentlich besser. Sie stellt das Glas auf dem Boden ab und umfasst den verwundeten Ellbogen. Ihr Atem geht flach.
»Warst du das?«, fragt er wieder.
Sie zuckt unmerklich mit den Achseln. »Ich war schnell. Sie waren langsam.«
Sie sprechen Mandarin miteinander, eine Sprache, die sie seit ihrer Zeit bei Gendo-sama nicht mehr gebraucht hat.
Englisch, Thai, Französisch, Mandarin-Chinesisch, Buchhaltung, diplomatische Etikette, Bewirtung und Gastfreundlichkeit … So viele Fähigkeiten, die sie nicht mehr anwenden kann. Es hat zwar einige Minuten gedauert, bis die Erinnerung an die Sprache zurückkehrt, doch dann war alles wieder
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