Biokrieg - Bacigalupi, P: Biokrieg - The Windup Girl
Pläne für seine Zukunft schmiedet, scheint er zu scheitern. Jedes Mal, wenn er die Arme ausstreckt, hält die Welt dagegen und drückt ihn zu Boden.
An der Thanon Sukhumvit entdeckt er im Schweiß der Sonne einen Zeitungsverkäufer. Er wühlt sich durch die Zeitungen und von Hand gedruckten Flüsterblätter, wobei er die Glücksseiten ignoriert, auf denen für sichere Zahlen bei Glücksspielen und für die Namen der voraussichtlichen Muay-Thai -Champions geworben wird.
Er reißt die Zeitungen auf, eine nach der anderen, mit jeder Ausgabe verzweifelter.
Alle zeigen sie das lächelnde Gesicht von Jaidee Rojjana-sukchai, dem unbestechlichen Tiger von Bangkok.
7
»Schauen Sie mal! Ich bin berühmt!«
Jaidee hält das Bild auf dem Flüsterblatt neben seinem Gesicht in die Höhe und grinst Kanya an. Als sie nicht lächelt, legt er es auf den Ständer zurück zu all den anderen Bildern von sich.
»Ach, Sie haben Recht. Es sieht mir gar nicht ähnlich. Die müssen jemanden in unserem Personalarchiv bestochen haben. « Er seufzt wehmütig. »Aber wie jung ich damals war!«
Kanya reagiert noch immer nicht, sondern starrt weiter mürrisch auf das Wasser des Khlong. Sie haben den ganzen Tag damit zugebracht, in der Mündung zu kreuzen und Jagd auf Boote zu machen, die PurCal- und AgriGen-Getreide den Fluss hinaufschmuggeln, und Jaidee ist noch immer von freudiger Erregung erfüllt.
Sie haben einen Klipper geentert, der in unmittelbarer Nähe der Docks vor Anker lag. Vorgeblich handelte es sich dabei um ein indisches Handelsschiff, das Richtung Norden nach Bali unterwegs war. Allerdings war es bis zum Rand voll mit cibiskoseresistenten Ananasfrüchten. Es tat gut mit anzusehen, wie der Hafenmeister und der Kapitän Entschuldigungen stammelten, während Jaidees Weißhemden Lauge über die gesamte Ladung schütteten und sie damit steril und ungenießbar machten. Der ganze Profit der Schmuggler war dahin.
Er blättert in den anderen Zeitungen, die an der Auslage befestigt sind, und stößt auf eine andere Aufnahme von sich. Diese stammt aus seiner Zeit als Muay-Thai -Kämpfer – nach einem Kampf im Lumphini-Stadion blickt er lachend in die Kamera. Die Bangkok Morning Post.
»Das wird den Jungs gefallen.«
Er schlägt die Zeitung auf und überfliegt den Artikel. Handelsminister Akkarat ist außer sich vor Wut. Stimmen aus dem Handelsministerium bezeichnen Jaidee als einen »Vandalen«. Er ist überrascht, dass sie ihn nicht einen Verräter und Terroristen schimpfen. Dass sie sich so sehr zurückhalten, verrät ihm, wie machtlos sie in Wirklichkeit sind.
Jaidee kann nicht anders, er lächelt Kanya über die Zeitung hinweg an. »Denen haben wir tatsächlich wehgetan.«
Kanya schweigt weiterhin.
Inzwischen gelingt es ihm meistens, ihre schlechte Laune zu ignorieren. Als er sie kennenlernte, dachte er erst, sie sei
ein wenig blöde, so teilnahmslos, wie sie immer dreinschaute, so gleichgültig, wie sie gegenüber jeder humorvollen Bemerkung war, als fehlte ihr ein Organ, eine Nase, mit der sie riechen, Augen, mit denen sie sehen konnte – womit auch immer man Sanuk wahrnimmt, wenn es einem begegnet.
»Wir sollten ins Ministerium zurückkehren«, sagt sie, dreht sich um und sucht den Bootsverkehr auf dem Khlong nach einer Mitfahrgelegenheit ab.
Jaidee bezahlt den Flüsterblattverkäufer gerade für seine Zeitung, da kommt ein Kanaltaxi in Sicht.
Kanya winkt es heran, und es geht neben ihnen längsseits. Das Schwungrad summt vor gespeicherter kinetischer Energie, und als das Boot von seinem Kielwasser eingeholt wird, schlagen die Wellen gegen die Uferböschung. Riesige Spannfedern nehmen die Hälfte seiner Nutzlast ein. Reiche Geschäftsleute aus Chaozhou drängen sich in dem überdachten Bug wie Enten auf dem Weg zum Schlachter.
Kanya und Jaidee springen an Bord und bleiben auf dem Trittbrett außerhalb des Sitzabteils stehen. Das Mädchen, das Fahrkarten verkauft, ignoriert die weißen Uniformen geradeso, wie es von ihnen ignoriert wird. Sie verkauft einem anderen Mann, der mit ihnen einsteigt, ein 30-Baht-Ticket. Jaidee greift nach einem Haltetau; das Boot legt ab und nimmt Geschwindigkeit auf. Während sie auf dem Khlong stadteinwärts fahren, liebkost der Wind sein Gesicht. Das Taxi ist schnell – es überholt die kleinen Paddelboote und Langschwanzboote, die auf dem Kanal unterwegs sind. Baufällige Häuserblocks und Ladenzeilen gleiten vorbei; Pha Sin, Blusen und Sarongs hängen farbenfroh in der Sonne.
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