Biokrieg - Bacigalupi, P: Biokrieg - The Windup Girl
Wellen. Hock Seng atmet tief durch und saugt den Geruch von Salz und Fisch und Seetang in seine Lungen. Das Leben des Ozeans.
Ein japanischer Klipper gleitet vorbei; sein Rumpf aus Palmölpolymer und die weißen Segel erinnern an eine Möwe. Noch sind die Tragflügel verborgen, aber wenn sie sich erst aus dem Wasser erheben, wird das Schiff mit seiner Federkanone die Hochsegel steigen lassen und wie ein Fisch aus dem Wasser springen.
Hock Seng erinnert sich noch gut daran, wie er auf dem Deck seines ersten eigenen Klippers stand und die Segel im Wind flatterten. Das Schiff raste über den Ozean wie ein Stein, den ein Kind über das Wasser hüpfen ließ, und er musste lachen, wie sie so über die Wellen preschten und die Gischt auf ihn einstürmte. Er hatte sich seiner Erstfrau zugewandt und ihr erklärt, dass alles möglich war, dass die Zukunft ihnen gehörte.
Er lässt sich am Ufer nieder und trinkt das restliche Wasser aus der grünen Kokosnuss, während ihn ein Junge – ein Bettler – nicht aus den Augen lässt. Hock Seng winkt ihn heran. Ein kluges Kerlchen, wenn er sich nicht täuscht. Die Klugen belohnt er hin und wieder, wenn sie geduldig genug sind, um abzuwarten, was er mit der Kokosschale machen wird. Er gibt sie dem Jungen. Der Junge nimmt sie mit einem Wai, steigt auf den Deich hinauf und zerschmettert sie an der Mauer. Dann hockt er sich hin, kratzt mit einer Austernschale das zarte, schleimige Fleisch heraus und verschlingt es gierig.
Irgendwann taucht Dog Fucker auf. Sein eigentlicher Name ist Sukrit Kamsing, aber Hock Seng hat nur selten gehört, wie er den Yellow Cards über die Lippen kommt. Zu viel ist geschehen, zu viel Zorn hat sich aufgestaut. Stattdessen heißt es immer »Dog Fucker«, und die Worte triefen vor
Hass und Angst. Er ist ein gedrungener Mann, voller Kalorien und Muskeln – für seine Arbeit ebenso ideal wie die Megodonten dafür, Kalorien in Joule umzuwandeln. Auf seinen Armen und Händen zeichnen sich blasse Narben ab. Anstelle einer Nase hat er zwei vertikale Schlitze, die ihn aussehen lassen wie ein Schwein.
Unter den Yellow Cards wird heiß darüber diskutiert, ob Dog Fucker zu lange unter fa’ gan gelitten und zugelassen hat, dass die Blumenkohlgeschwülste ihre Tentakel tief in sein Fleisch bohrten, bis den Ärzten nichts anderes übrigblieb, ihm das ganze Ding abzuschneiden, um ihm das Leben zu retten, oder ob ihm bloß der Kadaverkönig die Nase abgehauen hat, um ihm eine Lektion zu erteilen.
Dog Fucker kauert sich neben Hock Seng. Seine Augen sind ausdruckslos schwarz. »Ihr Doktor Chan ist zu mir gekommen. Mit einem Brief.«
Hock Seng nickt. »Ich möchte mich mit Ihrem Patron treffen. «
Dog Fucker lacht leise. »Ich habe ihr sämtliche Finger gebrochen und sie zu Tode gefickt, weil sie mein Nickerchen gestört hat.«
Hock Seng verzieht keine Miene. Vielleicht lügt Dog Fucker. Vielleicht sagt er die Wahrheit. Es ist unmöglich, das zu wissen. Aber natürlich will er Hock Seng aus der Reserve locken. Er will sehen, ob er zusammenzuckt. Ob er mit sich handeln lassen wird. Vielleicht ist Doktor Chan tot. Ein weiterer Name, der auf ihm lastet, wenn er endlich wiedergeboren wird. »Ihr Patron wird meinen Vorschlag mit Wohlwollen aufnehmen.«
Dog Fucker kratzt sich gedankenverloren an einem seiner Nasenschlitze. »Warum sind Sie nicht zu mir in mein Büro gekommen?«
»Ich halte mich gerne unter freiem Himmel auf.«
»Lassen Sie uns beobachten? Von anderen Yellow Cards? Glauben Sie, Sie sind deshalb sicher?«
Hock Seng zuckt mit den Achseln. Er blickt zu den Schiffen und ihren Segeln hinüber. Zu den Verlockungen der weiten Welt. »Ich möchte Ihrem Patron ein Geschäft anbieten. Einen Berg Profit.«
»Erklären Sie es mir.«
Hock Seng schüttelt den Kopf. »Nein. Ich muss persönlich mit ihm sprechen. Und nur mit ihm.«
»Er redet nicht mit Yellow Cards. Vielleicht sollte ich Sie einfach an die Rotflossen- Plaa dort draußen verfüttern. So, wie es die Grünen Brigaden mit Ihresgleichen im Süden gemacht haben.«
»Sie wissen, wer ich bin.«
»Ich weiß, was in dem Brief über Sie steht.« Dog Fucker reibt sich die Ränder seiner Nasenschlitze und mustert Hock Seng eingehend. »Hier sind Sie nur ein Yellow Card unter vielen.«
Hock Seng schweigt. Er reicht Dog Fucker den Hanfbeutel mit dem Geld. Dog Fucker greift nicht danach, sondern betrachtet ihn argwöhnisch. »Was ist das?«
»Ein Geschenk. Sehen Sie selbst.«
Dog Fucker ist neugierig. Aber er
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