Biokrieg - Bacigalupi, P: Biokrieg - The Windup Girl
ankommt, sind diejenigen, die man mit Geduld gewinnt oder verliert: als sein Vater und seine Mutter der Cibiskose erlagen und sich die Lunge aus dem Leib husteten; als seine Schwester und Chayas Schwester beide miterleben mussten, wie ihre Hände dick und rissig wurden, bis sie schließlich ganz von der fa’ gan -Wucherung bedeckt waren, und das, bevor es dem Ministerium gelang, die Genkarte der Chinesen zu stehlen und ein Medikament herzustellen, das wenigstens teilweise half. Jeden Tag beteten sie zu Buddha, rangen innerlich darum, loslassen zu können, und hofften, dass ihre Schwestern in einer besseren Welt wiedergeboren würden als dieser – in einer Welt, in der keine Krankheit ihre Finger in Knüppel verwandelte und ihnen die Gelenke wegfraß. Sie beteten. Und warteten.
Es bricht Jaidee das Herz, dass Niwat keine Angst kennt und dass Surat ihn dabei noch anspornt. Es bricht ihm das Herz, dass er sich nicht überwinden kann einzugreifen, und er verflucht sich dafür. Warum muss er den Kindern die Illusion rauben, sie seien unbesiegbar? Warum er? Diese Rolle ist ihm zuwider.
Stattdessen kämpft er spielerisch mit seinen Kindern und brüllt: »Ahh, ihr seid die Söhne eines Tigers! Ihr seid zu wild für mich! Viel zu wild!« Und sie freuen sich und lachen und
stürmen wieder und wieder auf ihn los, und er lässt sie gewinnen und zeigt ihnen die Kniffe, die er im Ring gelernt hat, die Tricks, die ein Kämpfer auf der Straße wissen muss, wo die Schlägereien keinen Regeln folgen und wo jeder Champion noch etwas dazulernen kann. Er bringt ihnen bei, wie man kämpft, denn das ist alles, was er kann. Denn auf das Warten, das endlose Warten – darauf kann er sie so oder so nicht vorbereiten.
Das sind seine Gedanken, als er Prachas Karte umdreht. Und dann wird sein Herz plötzlich zum Fremdkörper, ein Steinblock, der in die Tiefe stürzt, als würde sein Innerstes in einen Brunnen fallen und alle Eingeweide mit sich reißen. Der Mensch, der zurückbleibt, ist vollkommen leer.
Chaya.
Gegen eine Wand gelehnt, die Augen verbunden, die Fußgelenke gefesselt. In braunen Lettern, allem Anschein nach mit Blut geschrieben, steht an der Wand: »Mit respektvollen Grüßen an das Handelsministerium.« Chaya hat einen Bluterguss an der Wange. Sie trägt denselben blauen Pha Sin, in dem sie ihm heute Morgen zum Frühstück Gaeng Kiew Wan gerichtet hat, bevor sie sich mit einem Lachen voneinander verabschiedeten.
Sprachlos starrt er die Fotografie an.
Seine Söhne sind Kämpfernaturen, aber mit dieser Art der Kriegsführung sind sie nicht vertraut. Auch er weiß nicht, wie er auf einen solchen Angriff reagieren soll. Ein gesichtsloser Feind, der die Hand nach ihm ausstreckt, ihm mit seiner dämonischen Klaue über die Kehle streicht und Ich kann dir wehtun flüstert, ohne sich jemals zu zeigen.
Jaidee bleiben die Worte im Hals stecken. Schließlich krächzt er: »Ist sie noch am Leben?«
Pracha seufzt. »Das wissen wir nicht.«
»Wer hat das getan?«
»Ich weiß es nicht.«
»Das musst du aber!«
»Wenn ich es wüsste, wäre sie längst hier und in Sicherheit! « Pracha reibt sich das Gesicht und starrt Jaidee wütend an. »Wir haben so viele Beschwerden über dich erhalten, von überallher, dass wir es einfach nicht wissen! Jeder könnte dahinterstecken. «
Wieder droht die Panik Jaidee zu überwältigen. »Was ist mit meinen Söhnen?« Er springt auf. »Ich muss sie …«
»Setz dich hin!« Pracha langt über den Tisch und packt ihn. »Wir haben Männer zu ihrer Schule geschickt. Männer, die dir treu ergeben sind. Sonst konnten wir niemandem trauen. Sie werden ins Ministerium gebracht. Du musst jetzt die Nerven behalten und genau überlegen, in was für einer Lage du dich befindest. Diese Sache darf nicht an die Öffentlichkeit kommen. Wir möchten nicht, dass irgendjemand übereilte Entscheidungen fällt. Wir möchten, dass Chaya unversehrt zu uns zurückkehrt. Zu viel Lärm, und irgendjemand verliert sein Gesicht, und dann wird sie uns ganz bestimmt in blutigen Stücken zugeschickt.«
Jaidee starrt die Fotografie an, die auf dem Tisch liegt. Dann steht er auf und geht unruhig auf und ab. »Dahinter steckt bestimmt das Handelsministerium.« Er denkt an den Abend auf den Ankerplätzen zurück, an den Mann, der ihn und seine Weißhemden von der anderen Seite des Landeplatzes beobachtete. Gleichgültig. Geringschätzig. Wie er einen blutroten Schwall zerkauter Betelnüsse ausspuckte und in die Finsternis
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