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Bios

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Titel: Bios Kostenlos Bücher Online Lesen
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dass Zoe lebte und er mit ihr gesprochen hatte. Dieter Franklin saß an der Kommunikationskonsole. »Tam«, sagte er, »das ist mal eine gute Nachricht, aber wir haben trotzdem Probleme.«
    Hayes wollte schon abschalten. Er konnte sich zur Zeit nur mit einem Problem befassen und dieses Problem hieß Zoe. Aber Dieter war ein Freund und Hayes ließ ihn ausreden.
    »Deine Telemetrie zum Beispiel. In deiner linken Beinanlage läuft ein Motor heiß. Hast du dir die Diagnosedaten mal angesehen? Es ist noch nicht kritisch, aber ein gutes Zeichen ist das nicht. Dir bleibt nur eins, Tam, kehrtmachen und es so weit schaffen, dass wir einen der Reserveroboter schicken können, um dich, wenn nötig, abzuschleppen. Für Zoe können wir vielleicht etwas vom Orbit aus machen. Die IOS hat ein paar Telesensorien, die sie punktgenau absetzen kann.«
    Hayes nahm sich Zeit, um die Informationen zu verdauen. Ein Servo im rechten Bein lief heiß… was das zusätzliche Gewicht erklären würde, das er jedes Mal spürte, wenn er diesen Fuß bewegte, und die Tendenz nach Backbord, wenn seine Aufmerksamkeit nachließ. Aber das ging ja noch angesichts von Dieters Schwarzmalerei, dass er nie und nimmer den Fluss erreichen würde. Und was Zoes Rettung betraf…
    Er sagte: »Vom Orbit aus?«
    »Weil nämlich Yambuku bereits evakuiert wird. Die Dichtungen versagen schneller, als wir sie ersetzen können, und die Restbestände schmelzen dahin. Außerdem sagt Theophilus, die IOS zeige sich ihm gegenüber reserviert; vielleicht ist da oben auch was schief gelaufen. Der letzte Shuttle startet in achtundvierzig Stunden.«
    »Zu früh.«
    »Das ist der Punkt. Ich will versuchen, Theophilus zu überreden. Aber er hat das Sagen, und er ist so sauer auf dich, dass ich mich nicht wundern würde, wenn er dich abschreibt.«
    »Er will doch Zoe zurückhaben.« Die Leiche zumindest, fügte Hayes in Gedanken hinzu.
    »Er will in erster Linie fort von hier. Er ist Aristokrat, und er hat viel Verantwortung. Wenn du mich fragst, bekommt er es allmählich mit der Angst.«
    »Danke für die Informationen, Dieter. Halte den Kern steril. Ich komme.«
    Ehe Dieter etwas erwidern konnte, unterbrach er die Verbindung.
    Achtundvierzig Stunden.
    Wenn er jetzt kehrtmachte, konnte er es schaffen.

 
Einundzwanzig
     
    »Tam? Tam?«
    Fort war er. Hatte sie sich die Stimme nur eingebildet? Die überhitzte Finsternis provozierte Einbildungen.
     
    *
     
    Der Gräber mit dem agilen, schlangengleichen Körper war auch nicht mehr da. Er hatte die Membran ihres Schutzanzugs aufgeschlitzt, und zwar mit einer einzigen, rasiermesserscharfen Kralle vom Brustbein bis zum Schritt, aber vorsichtig, sie hatte kaum geblutet. Und dann hatte er sie allein gelassen. Dem Tod überlassen, und sie hatte rücksichtslos eine Glühwürmchenlampe nach der anderen gezündet, dabei ihren Körper untersucht und auf das unausweichliche Versagen von Herz, Lunge, Leber, Hirn gewartet – immerhin war sie der isischen Biosphäre ausgeliefert, und die schmutzige Tierkralle hatte ihr zahllose Mikroben unter die Haut gepflanzt. Doch das Blut an Körper und Fingern war in der heißen, stickigen Luft rasch getrocknet. Sie wurde nicht krank und sie starb auch nicht.
    Aus lauter Angst, im Dunkeln zu sterben, hatte sie allerdings ihren ganzen Vorrat an Glühwürmchenlampen verbraucht. Beim Licht der letzten Lampe, da hatte sie mit aller Macht sterben wollen. Sie war ohnmächtig geworden oder eingeschlafen, aber gestorben war sie nicht.
    Und jetzt lag sie wieder da, entsetzlich wach und eingesperrt in diesem lichtlosen Loch.
    Sie riss sich den Luftfilter vom Gesicht. Gab es einen triftigen Grund, die isische Luft nicht so einzuatmen, wie sie war? Vielleicht ließ sich so der unausweichliche Tod beschleunigen.
    Sie starb auch jetzt nicht.
    Und wieder stellte sich das triebhafte Verlangen zu fliehen ein, züngelnde Flämmchen einer schwelenden Panik. Mit der Dunkelheit fand sie sich ab; es gab noch andere Sinne, um sich zu orientieren. Und wieder einmal kroch sie aus ihrem blinden Stollen in den Tunnel hinaus. Diesmal nahm sie den fremden Moosteppich direkt mit Bauch und Brüsten wahr, ohne Vermittlung durch eine Hightech-Membran.
    Sie kroch wer weiß wie lange, bog mehrmals ab, wollte das Labyrinth, das sie durchkreuzte, in Gedanken auf Pergamentpapier festhalten, doch, was aussehen sollte wie eine Seefahrerkarte aus uralten Zeiten, löste sich in Hitze und Irrtümern auf; sie konnte es nicht festhalten.
    Sie bog um

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