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Bis ans Ende der Welt (German Edition)

Bis ans Ende der Welt (German Edition)

Titel: Bis ans Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Ulrich
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nicht gleich „Arschloch“ schimpfen. Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Söhne eures Vaters im Himmel werdet; denn er läßt seine Sonne aufgehen über Bösen und Guten, und er läßt regnen über Gerechte und Ungerechte. [53] So war es vielleicht kein Zufall, wenn der Herr hier und jetzt nicht bei mir war. Ich hoffte aber, i r gendwo in den Bergen würde er wieder zu mir stoßen. Und mit oder ohne ihn, dachte ich immer noch etwas trotzig, Berge habe ich gerne. Berge liebe ich. Es kann gar nicht bergig und wild natürlich genug sein. Also machte ich mich auf den Weg und merkte erst eine Weile später, wenn es zur Umkehr längst zu spät war, daß dies der faule Weg Napoleons war. Da war aber nichts mehr zu m a chen, und ich marschierte auf der Asphaltpiste weiter. Der Fluß kehrt ja auch nicht um. Vielleicht hat da unten jemand die Schilder verstellt, oder der Herr wollte es so und machte mich blind. Vielleicht also doch sein Werk? Es war jetzt gleich. Ich trabte gegen den scheinbar unendlichen Berg an und sinnierte darüber, daß der vielgepriesene Wille des Menschen ohnehin sein größter Feind ist. Man will und stellt sich das Bein.
    Die kleine Straße zog kräftig an, in den Kehren unterhalb meiner Position kon n te man ganze Trauben anderer Pilger sehen, die das gleiche Ziel hatten. Wie ich schon befürchtet habe, der Weg war hoffnungslos überlaufen. Es dünkte mir, daß die Tage der Einsamkeit und der Besinnung, die wohl unbedingt zu einer Pilgerreise gehören, hier schon vorbei sein könnten. Das da war ein wahrer Pi l gersturm. Ich schritt kräftiger aus, um nicht eingeholt zu werden. Das allerdings war nicht schwer, da die Leute von lauter Schwatzen nicht von der Stelle kamen. Irgendwie schienen sie ganz aus dem Häuschen zu sein. Kein Wunder, der erste Schritt wollte besprochen werden. Deutsch hallte es aus dem Tal, der schwule Fernsehkomiker ließ grüßen. Bald hörten die Serpentinen auf, die Straße - nun irgendwie schmäler und vom Stacheldraht eingezäunt – stieg geradeaus zw i schen den leeren Weiden auf. Eine „unauffällige“ Zivilstreife lungerte am We g rand, darauf wartend, daß sich ein Baskenterrorist meldet. Und plötzlich war von der Meute nichts mehr zu sehen. Bis auf eine eingemummte Gestalt, die in ein i gem Abstand vor mir zügig ausschritt, war ich allein. Ob es damit zu tun hatte, weil da unten ein Wirtshaus stand? Aber warum sollte man eine Pilgerreise mit einem Wirtshausbesuch beginnen? Sei es drum, ich hatte, was ich wollte, Ruhe und Besinnung.
    Ab und zu gab es auch schon ein paar sonnige Ausblicke, nun aber schlug das Wetter um. Die Luftfeuchtigkeit nahm zu und die Temperatur fiel – ein sicheres Zeichen für aufziehendes schlechtes Wetter. Und es sollte noch schlimmer kommen. Noch ein paar Kilometer und der Wind fegte mir den Regen waag e recht ins Gesicht, riß wütend an dem Regenponcho. Ich zog die leichte Hose, die ich eigentlich nur für den Abend zum Umziehen hatte, wieder aus. Hier nützte sie nichts und zog nur die Feuchtigkeit hoch. Wenn ich nun hinunter auf meine nackten Beine blickte, gegen den Wind zu sehen, war kaum noch möglich, so waren die Knie blau wie die eines Hochlandschotten im Spätherbst. Nebel zog auf, obwohl es eigentlich kein Nebel war, sondern bereits die Wolkendecke, in der die Luft wie in einem riesigen Mixer herumwirbelte. Wenn die feuchten Luftmassen von der Biskaya über die Pyrenäenschwelle hinüber wollen, geht es ohne Gewalt nicht ab. Nun war ich froh um meinen Irrtum zuvor. Wenn man von dem anderen Weg im schlechten Wetter abriet, hatte es bestimmt gute Gründe. Mit meiner mickrigen Ausrüstung, die bestenfalls für den französischen Hochsommer reichte, hätte ich auch Schaden nehmen können. Sah es hier schon schlimm genug aus. Die Temperatur war inzwischen fast auf Null hinunter, sol l te es schneien, wären alle Wegzeichen unsichtbar. Sie waren hie und da spor a disch mit gelber Ölfarbe auf den Boden gemalt.
    Ich und meine ewigen Vorurteile. Der Herr hat es mir wieder mal gezeigt. Nun durfte ich mich freuen, allein auf mich gestellt mit der wütenden, heulenden Mutter Natur zu sein. Mann, war die sauer! Nur die eingemummte Person ging immer noch einige Hundert Meter vor mir. Ich beschloß, sie einzuholen. Zur S i cherheit, man konnte ja nie wissen. Aber es war gar nicht so einfach, das da war ein ausgezeichneter, trainierter Läufer. Nur mit Mühe und erst nach einer ganzen

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