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Bis ans Ende des Horizonts

Bis ans Ende des Horizonts

Titel: Bis ans Ende des Horizonts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Sayer
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er an die Universität Sydney und studierte Moderne Kriminologie. Zu Beginn des ersten Romans der Serie ist er sechsundzwanzig Jahre alt und kehrt als Privatdetektiv in seine Heimat im Herzen Australiens zurück. Ich selbst stamme lediglich mütterlicherseits von Aborigines ab, doch während der vergangenen fünfzehn Jahre bin ich als der erste Aborigine-Krimiautor Australiens bekannt geworden. Deswegen wurde ich zu Schriftstellerkongressen auf der ganzen Welt eingeladen, und außerdem kann ich von meiner Arbeit sehr gut leben. In meiner Krimiserie sind bisher zwölf Romane erschienen, aber seit dem Tod meines Vaters und meiner Tante im vergangenen Jahr habe ich lediglich die Traueransprachen und die Inschriften auf den Grabsteinen verfasst. Bis dahin hatte ich noch nie so etwas wie eine Schreibblockade erlebt. Und, um ehrlich zu sein, wusste ich seither auch nicht so recht, was ich mit mir anfangen sollte. Mich mit der Renovierung des Hauses zu beschäftigen hat mir zwar etwas geholfen, und ich habe auch angefangen, mich für Gartenarbeit und -pflege zu interessieren, allerdings fehlen mir inzwischen die Herausforderung, die ein weißes Blatt Papier für mich darstellt, und das Kribbeln, das ich empfinde, wenn ich aus einem Nichts heraus etwas erschaffen kann. Wenn ich mich durch das leere, große Haus bewege, komme ich mir oft von Gott und der Welt verlassen vor, wenn man davon absieht, dass es irgendwo noch eine geschiedene Ehefrau gibt sowie einen Sohn, der sein eigenes Leben lebt.
    Meine Frage nach seinem Verlag beantwortete Brian nicht sofort, vielleicht war es ihm einfach nur zu laut. Stattdessen stand er auf und ging in dem Zimmer auf und ab. Mir fiel auf, dass sein Schnurrbart grauer war als früher und dass er seinen Ehering nicht trug. Als die Schleifmaschine oben unvermittelt abgestellt wurde, gab er mir gleichwohl die Antwort: »Ein akademischer Verlag ist an dem Projekt interessiert.«
    Ich schlug die Beine übereinander und nickte.
    »Aber nur unter einer Bedingung«, fügte er hinzu.
    »Aha«, sagte ich. »Und die wäre?«
    Brian lehnte sich an den Kamin und betrachtete ein Foto meines Vaters Martin und von Tante Pearl. Darauf sind die beiden als Kleinkinder zu sehen, ganz identisch in Weiß gekleidet. »Ich müsste schon mit neuem Material über deine Tante aufwarten können.« Dann drehte er sich um und betrachtete mich mit einem Blick, als ob ich ihm absichtlich etwas für seine Forschungen vorenthalten würde. »Verstehst du, sie hat nämlich alle ihre Live-Konzerte auf Tonband aufgenommen.«
    In dem Augenblick tat er mir leid, denn er ist ein hervorragender Musikwissenschaftler, doch ich hatte das Gefühl, dass er sowohl in seinem Privatleben als auch in seinem Berufsleben momentan in einer Sackgasse steckte, ganz ähnlich wie es mir selbst gerade erging. Daher versprach ich ihm, das ganze Haus gründlich abzusuchen. Ich brachte ihn zur Tür und versicherte ihm, ich würde ihn anrufen, sobald ich etwas gefunden hätte.
    Anschließend verbrachte ich mehrere Tage mit der Suche nach den geheimnisvollen Tonbändern. Schließlich hatte ich sonst nicht viel zu tun. Obwohl ich mir sicher war, dass es keine einzige Spielzeugkiste im ganzen Haus gab, suchte ich den ganzen Keller ab, den Martin und Pearl früher immer zum Üben und für Proben genutzt hatten. Anschließend nahm ich mir Pearls Schlafzimmer im ersten Stock gründlich vor. Den Wäscheschrank. Alle Kisten und Kartons auf dem Dachboden. Dabei fand ich eines von Pearls alten Bandkostümen aus den Fünfzigerjahren – schwarze Hose und Jacke mit rot-weißer Paspel. Die Garderobe war seither nicht gereinigt worden, und als ich sie mir vors Gesicht hob, konnte ich selbst nach all den Jahren noch immer ihren vertrauten Geruch, einen etwas süßlichen Pfirsichduft, wahrnehmen, der bei mir sofort Kindheitserinnerungen wachrief: wie wir vierhändig Klavier gespielt haben, wie wir Hand in Hand Rollschuh gelaufen sind (einmal sind wir dabei direkt durch die offen stehende Tür des Polizeireviers in unserer Nachbarschaft gerauscht), wie sie sich auf mein Bett setzte und Gute-Nacht-Geschichten für mich erfand, statt mir welche aus einem Buch vorzulesen. Nur Tonbänder fand ich keine. Ich tastete die Schlote der Kamine ab und filzte durch die nach Mottenpulver riechende Garderobe meiner Großmutter. Sogar den alten MG meines Großvaters, der im Hinterhof aufgebockt ist, habe ich gründlich durchsucht.
    In dessen Handschuhfach fand ich eine alte

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