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Bis auf die Haut

Bis auf die Haut

Titel: Bis auf die Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikki Gemmell
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schließlich verdämmert. Welches Ziel verfolgt sie, wenn sie dir diesen Brief jetzt schickt? Gibt Theo auf? Will sie, dass du aufgibst? Merkt sie endlich, dass sie die Schlacht verloren hat? Tritt sie, Haltung wahrend, den Rückzug an, oder beginnt sie einen noch perfideren Feldzug? Gott, wann hört das auf.
    … die Liebe, die euch verbunden hat … Cole sagt mir, dass du immer noch fragst …
    Sie ist gut, verdammt gut, hat ihre Kämpfe immer gewonnen.
    Das Baby in dir strampelt, als wollte es gegen dein heftig in den Adern rauschendes Blut protestieren. Du kennst all jene Geschichten von rachsüchtigen Frauen, die tote Fische in Vorhangsäume eingenäht, die Anzüge des Gatten zerschnitten, bei der Zeitansage in Neuseeland angerufen und den Hörer auf dem Tisch liegen gelassen haben. Aber das wäre dir zu läppisch, dich verlangt es nach einer gewaltigeren Rache, die die beiden für immer verfolgen und ihr ganzes Leben überschatten würde.
    Dann denkst du wieder, dass du durch Stillhalten am meisten erreichst.
    Denn sie will, dass du Cole eine Szene machst, so viel spürst du. Damit klar wird, wo er steht, damit alles ans Licht kommt. Aber diesen Wunsch wirst du ihr nicht erfüllen. Überraschungen hat sie dir nie zugetraut, das hat dir ihr Brief verraten.

128. Lektion Sei stolz darauf, daß du keine Schulden hast
    Cole kommt gegen zehn nach Hause und du liegst immer noch zusammengekauert auf dem Bett. Du nimmst ihn nicht zur Kenntnis, als er ins Schlafzimmer kommt, wendest ihm den Kopf nicht zu, sagst kein Wort, dein Herz ist übervoll.
    Er zieht sein Hemd aus und wirft es ausgelassen zu dir hinüber. Es landet auf deinem Kopf.
    Hey, sagt er.
    Du sagst nichts. Du schiebst das Hemd weg.
    Er wird nicht erfahren, was du über ihn weißt, jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt dafür.
    Vielleicht wird der richtige Zeitpunkt nie kommen.

129. Lektion Der mütterliche Instinkt in uns ist starck
    Die Hebamme informiert dich, das Baby liege mit dem Köpfchen nach unten und sei bereit für die Geburt. Du liest in der
Vogue
, dass eine Mutter, die mit einem Jungen schwanger ist, ein männlicheres Aussehen bekommt, weil so viele neue Hormone ihren Körper überschwemmen, ein Mädchen aber stiehlt ihr ihre Schönheit. Ob das wohl wahr ist? Anscheinend hast du keine Chance. Du bist müde. Die Frauenärztin verschreibt dir ein Eisenpräparat, damit du wieder zu Kräften kommst, und dein Stuhl wird hart und tintenschwarz. Du fühlst dich alt, das Baby höhlt dich aus, nachts quälen dich Krämpfe in den Beinen, als würdest du in einen Schraubstock gespannt, du hast einen Ausschlag, der immer wieder unerträglich juckt, und musst ständig furzen. Du jammerst viel. Cole lacht und empfiehlt dir, dich zu entspannen, sonst würde das Baby so mickrig werden wie ein Blechspielzeug.
    Ich kann mich nicht entspannen, sagst du, du hast ja keine Ahnung.
    Er ist in diesen letzten Wochen so ausgeglichen, so zuversichtlich; früher hast du es dir damit erklärt, dass er nicht so aufgewühlt und besudelt ist wie du, sondern geradlinig, offen und anständig. Früher.
    Kannst du überhaupt noch dicker werden?
    Das Baby kickt und stößt mit den Fäusten und du spürst jetzt ganz deutlich, dass es herauswill. Du versuchst, noch so viel zu schreiben wie möglich, da dir nur noch wenig Zeit bleibt, die wirklich dir gehört. Sobald Cole die Wohnung verlässt, fliegen deine Finger über die Tastatur. Dein Baby strampelt immer noch, wenn du arbeitest, treibt dich an. Ssst, ssst, flüsterst du, es dauert nicht mehr lang. Die Kliniktasche ist gepackt. Das Kind liegt richtig, mit dem Köpfchen nach unten und dem Rücken vorschriftsmäßig nach links, macht sich für den Weg nach draußen bereit. Du spürst, dass es bald so weit sein wird, und bereitest dein Nest wie eine Wölfin, die sich in die Hügel zurückzieht.
    Du schläfst sechzehn Stunden am Tag, weniger reicht einfach nicht, du kommst nicht gegen die Bedürfnisse deines Körpers an. Die Wohnung ist makellos sauber, alle neuen Babysachen sind gewaschen. Dich erfasst das Vorgefühl einer ungeheuren Veränderung wie der Wind, der dir den brenzligen Geruch eines Gewitters zuträgt. Du musst dich von allem Überflüssigen befreien, spartanischer und ehrlicher leben, in Einklang mit deinen wahren Bedürfnissen; für anderes wird dir keine Zeit mehr bleiben. Unter allem lodert etwas zutiefst Körperliches, ein uralter, wilder, heulender Drang, etwas, das viele Jahre lang in dir begraben lag und nun

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