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Bis das Blut gefriert

Bis das Blut gefriert

Titel: Bis das Blut gefriert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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hoffte nur, dass Bill noch lebte und nicht allmählich ausblutete.
    »Jetzt geh!«
    »Wohin?«
    »Am Brunnen vorbei und in die Ausgrabungsstätte. Wenn du vor einer Treppe stehst, wirst du sie hinabgehen.«
    »Gut.«
    Es blieb mir nichts anderes übrig. Außerdem sah ich es als nicht so schlimm an. Er würde mich sicherlich zu Bill führen und damit an einen Ort, an dem wir gemeinsam sterben sollten.
    Ich ging langsam. Die Hose klebte noch immer an den Beinen. Das Blut verdampfte. Ich bekam seinen alten Geruch einfach nicht aus der Nase.
    Ich hörte Adolfi lachen. Er sprach mit sich selbst. Einige Male hustete er auch, und mehrmals fiel der Name Charun.
    Zwar war die Zeit fortgeschritten, und die Sonne hatte sich auch gesenkt, aber sie brannte trotzdem noch auf meinen Rücken. Als läge dort eine heiße Hand, die sich nicht lösen wollte.
    Der Brunnen lag bald hinter mir. So wurde mein Blick frei für die Ausgrabungsstätte. Ich sah mich von den alten, bräunlich-gelben Mauern in verschiedener Höhe umringt. Ich ging über einen Boden, der mit Steinen und Staub bedeckt war, und verspürte den Wunsch, einen ganzen See leerzutrinken.
    Die Archäologen hatten sich tief in die Erde eingegraben. Das große Viereck kannte ich schon. Es lag vor und unter mir wie ein gewaltiges Grab. Wenn jemand hier arbeitete, dann wurden Leitern angelegt, die in die Tiefe führten. Jetzt waren sie verschwunden, aber ich sah tatsächlich die Stufen der Treppe. Sie würde mich in das Zentrum bringen. Im Moment war das für mich nicht wichtig, denn mir war etwas anderes aufgefallen.
    Ich sah meinen Freund Bill. Trotz der relativ weiten Entfernung war zu erkennen, dass es ihm nicht gut ging. Er war an eine Wand gefesselt. Er hatte die Arme ausgestreckt, und die Füße baumelten über den Boden hinweg. So hing er dort wie ein altes Kleidungsstück, das niemand mehr haben wollte.
    Bei seinem Anblick hatte ich unwillkürlich meine Schritte verlangsamt. Das merkte auch Adolfi. Er begann zu lachen. Dann sagte er: »Da kannst du schon erkennen, was ich mit dir machen werde. Aber zunächst kommt dein Freund an die Reihe.«
    »Das werden Sie nicht schaffen!«
    »Verdammt, geh runter!«
    »Ja, schon gut. Nur keine Panik.«
    Es gab kein Geländer, und die Stufen der Treppe waren nicht eben glatt. Außerdem waren sie unterschiedlich hoch, da musste ich beim Hinabgehen schon aufpassen. Nach unten rollen wollte ich auf keinen Fall.
    Ob sich dort unten das Zentrum des dämonischen Heiligtums befand, das wusste ich nicht. Es konnte auch der Brunnen sein. Vielleicht war der Brunnen auch nur die Lagerstätte für das vergossene Blut der unschuldigen Opfer.
    Bill hatte mich gesehen. Er hing nicht mehr so starr. Zweimal hatte er den Kopf gedreht und mir damit klargemacht, dass er noch am Leben war.
    Es dauerte lange, bis ich die verdammte Treppe endlich hinter mir gelassen hatte. Nach der letzten Stufe atmete ich auf. Jetzt stand ich auf dem unheiligen Boden der alten Etrusker. Was sich früher hier einmal befunden hatte, konnte ich an Hand der verbliebenen Reste beim besten Willen nicht herausfinden. Die Mauern gaben mir keine Auskunft. Der Boden war mit Staub bedeckt und knochenhart.
    Ich sah einen Kreis. Er war in den Boden eingezeichnet. Bei genauem Hinsehen entdeckte ich auch das große Gebilde, das die Mitte des Kreises einnahm.
    Meiner Ansicht nach war es ein Gesicht. Man konnte auch von einer hässlichen Fratze sprechen, die hier zurückgelassen worden war, um der Nachwelt zu zeigen, wer hier existiert hatte.
    Die Fratze kannte ich aus dem Buch. Teuflisch, dämonisch, mit einem breiten Maul. So war Charun der Nachwelt hinterlassen worden, und so hatte er ausgesehen.
    Bill musste direkt auf dieses blasse Gebilde schauen. Er hing an einer Mauer und war nicht in der Lage, sich aus eigener Kraft zu befreien. Seine Arme waren in die Höhe gestreckt, die Hände zusammengebunden, und das Band wiederum war mit seinem Ende durch einen in die Wand geklopften Fleischerhaken geschlungen.
    Es war eine Haltung, aus der er ohne fremde Hilfe nicht mehr herauskam. Sie war einfach schrecklich. Die Füße pendelten über dem Boden. Sein gesamtes Körpergewicht wurde nur von den Armen gehalten. Bestimmt litt Bill unter starken Schmerzen.
    Zudem hing er in der Sonne. Die Strahlen trafen ihn voll. So konnte man die Haut eines Menschen rösten. Trotzdem grinste Bill mich an, als er mich sah.
    Aber die Hoffnung zerbrach, denn hinter mir erschien Adolfi mit schussbereiter

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