Bis das Blut gefriert
aber sie hatten es hier auch mit den Kräften eines uralten Dämons zu tun, der es auch noch geschafft hatte, nach Tausenden von Jahren seine Macht irgendwie zu konservieren. Damals musste irrsinnig viel Blut geflossen sein, und dieses Blut war gesammelt worden. Ignatius kannte es aus dem Buch. Das Blut hatte den Boden benetzt und sich ausgebreitet. Es war kalt. Der Dämon wollte damit zeigen, dass es kein normales Blut mehr war, sondern eines, das er beeinflusst hatte.
Dem Pfarrer Camino war es zuerst aufgefallen. Nur hatte er einen Fehler begangen. Er hätte sich nicht so sehr auf seine eigenen Kräfte verlassen sollen, sondern auf eine Zusammenarbeit drängen müssen.
Ignatius sah, dass Rosanna ihn hin und wieder von der Seite her anschielte. Sie hielt sich mit Fragen zurück, löffelte ihr Eis, lächelte manchmal, und der Mönch fragte: »Wie schmeckt es denn?«
»Gut, ja...«
»Das freut mich.«
Das Wasser plätscherte weiter. Aus dem Maul der Figur drang es hervor, und es sah so aus, als wollte dieses Geschöpf es auf keinen Fall behalten. Es mochte das Wasser nicht. Es musste immer wieder ausgespien werden.
Ignatius hatte den Dämon Charun zwar nur als Strichzeichnung gesehen, aber wenn er sich das wasserspeiende Monstrum so anschaute, dann konnte er durchaus eine Ähnlichkeit zwischen den beiden entdecken. Es war wohl nur Zufall oder auch Einbildung.
Er schüttelte den Kopf, weil er irritiert war. Nein, das bildete er sich nicht ein. Er räusperte sich, blickte auf seinen Schützling, der nach wie vor das schon geschmolzene Eis als Suppe löffelte, und konzentrierte sich wieder auf den Brunnen.
Es stimmte. Es war kein Irrtum. Das verdammte Wasser hatte sich leicht gefärbt. Es war rötlich geworden. Blass. Rosa. Das lag auch nicht an den Strahlen der Sonne, die ein Spektrum geschaffen hätten. Dieses Wasser hatte eine Veränderung erhalten. Es sah nicht mehr so hell aus, auch nicht so klar, und sein Schaum hatte eine rosige Farbe erhalten. Als wäre Blut in die klare Flüssigkeit hineingemischt worden.
Father Ignatius verschlug es die Sprache. Er saß wie erstarrt da. Es rann eisig kalt über seinen Rücken hinweg. Das glatte Gegenteil zu den Strahlen der Sonne. Ihm war kalt, und trotzdem schwitzte er. Obwohl noch nichts passiert war, dachte er schon jetzt an die Folgen.
Es war auch niemand gekommen und hatte rotes Farbmittel in das Wasser gestreut. Für diese Rötung gab es nur eine Ursache. Dieser verdammte Dämon Charun hatte seine Macht noch weiter ausgedehnt. Er war dabei, mit seinem Blut das gesamte Dorf zu terrorisieren.
Rosanna Fabrini kratzte die Eisschale leer. Als sie den Blick hob, da fiel ihr auf, dass Ignatius’ Haltung sich verändert hatte. Er saß nicht mehr so locker auf dem Stuhl, und er schaute starr an ihr vorbei.
»Ist was, Padre?«
»Nein, nein, Rosanna, alles okay.«
»Ich will Sie ja nicht der Lüge bezichtigen, aber so wie Sie da sitzen, kann ich es nicht glauben.«
»Abwarten.«
Das wollte sie nicht, aber sie wurde abgelenkt, denn quer über den Platz kam jemand, den sie schon erwartet hatte. Es war ihr Freund Flavio Lucca. Er hatte seinen Roller abgestellt und lief mit langen Schritten auf den Tisch zu.
»Das war Zufall, dass ich dich hier gesehen habe. Fast wäre ich vorbeigefahren.« Er blieb pustend vor Rosanna stehen, küsste sie flüchtig auf die Stirn und schaute Ignatius an. »Wer ist das denn?«
»Father Ignatius. Ein Freund.«
»Ah ja. Willst du noch hier bleiben?«
Rosanna schaute Ignatius an. »Ich weiß nicht so recht.«
Der Mönch winkte ab. »Wir sollten noch abwarten«, schlug er vor.
»Bis Ihre Freunde kommen?«
»Nein, aber...«
Jetzt hatte auch Rosanna gesehen, was mit dem Wasser passiert war. Sie brach das Gespräch ab und kümmerte sich auch nicht mehr um ihren Freund. Wie angegossen saß sie auf dem Platz und konnte nur immer auf das Maul der Figur schauen, aus dem das jetzt schon recht rot gefärbte Wasser floss und immer wieder in den Brunnentrichter hineinklatschte.
»Das ist ja rot!«, sagte sie stöhnend.
»Stimmt.«
»Wie Blut?«
»Das will ich nicht hoffen.«
Rosanna schüttelte den Kopf. »Es gibt keine andere Möglichkeit, Padre. Das Wasser ist mit Blut gemischt worden. Es wird immer roter. Gütiger Himmel, was kann das nur sein?«
Ignatius enthielt sich einer Antwort. Die Farbe intensivierte sich. Man musste damit rechnen, dass später kein Wasser mehr, sondern kaltes Blut aus dem breiten Maul der Figur floss.
Den
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