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Bis einer stirbt

Bis einer stirbt

Titel: Bis einer stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf Buettner
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ihn. Dann fing ich wieder an, mir Sorgen zu machen. Er hatte sich merkwürdig angehört vorhin. Wenn ihm nur nichts passiert war. Schließlich hielt ich das Warten nicht mehr aus und wählte erneut seine Nummer. Er nahm ab und sofort blaffte er mich an.
    Â»Ich hab dir doch gesagt, dass ich dich anrufe, wenn ich Zeit hab! Oder bist du neuerdings taub?«
    Schon hatte er mich weggedrückt. Völlig verdattert schaute ich das Handy an, aber es gab keine Erklärung. Ungefähr eine halbe Stunde hielt ich mich zurück, was nicht leicht war. Dann ging es nicht mehr und ich startete den nächsten Versuch. Aber er ließ mich eiskalt auflaufen: Sein Telefon war ausgeschaltet. Irgendwie passte das überhaupt nicht zu ihm. Mein mulmiges Gefühl wuchs.
    Nils hatte mich, nachdem wir uns in der Stadt getrennt und wieder getroffen hatten, auf einen Cappuccino eingeladen, was ich eigentlich gar nicht wollte. Schließlich aber hatte ich ihn ins Moby Dick gelotst, weil ich Pit hier zuletzt gesehen hatte.
    Ich war froh, dass dieser blöde Fred nicht da war. Auf seine schleimige Anmache hatte ich überhaupt keine Lust. An seiner Stelle bediente heute ein Mädchen, kaum älter als ich, höchstens siebzehn. Sie war hübsch, wirkte aber, als befände sie sich unter einer Glasglocke. Sie schien überhaupt nicht richtig da zu sein. Ihre Bewegungen waren seltsam unbeholfen. Wenn sie etwas anfasste, sah es aus, als würde sie ins Leere greifen. Sicher machte sie diesen Job noch nicht lange. Wahrscheinlich hatte Fred sie kurzfristig als Vertretung eingesetzt, weil er niemand anderen hatte. Ihre Stimme klang heiser.
    Als sie die Cappuccino-Tassen auf unseren Tisch stellte, sah sie uns nicht an. Ihre Blicke wanderten immer wieder zum Fenster. Nils dagegen ließ sie nicht aus den Augen. Das konnte einem fast schon auf die Nerven gehen.
    Â»Sie hat Ähnlichkeit mit dir«, meinte er, als sie gegangen war. »Quatsch«, sagte ich. »So ’ne blöde Kuh.«
    Nils grinste und ich dachte wieder an Pit. Er war der Einzige, der mir etwas über die Lage zu Hause erzählen konnte. Dort einfach anzurufen traute ich mich nicht. Andererseits mussten meine Eltern so schnell wie möglich erfahren, wo ich letzte Nacht gewesen war. Sonst hatte ich in der nächsten Nacht ein Problem, weil ich ohne Schlafplatz war. Marlenas Standpunkt war klar, ihre Ansage deutlich.
    Um ungestört mit Pit telefonieren zu können, verzog ich mich in den kleinen Flur vor den Toiletten. Die geistig abwesende Bedienung verschwand hinter einer Tür mit dem Schild Privat , hinter der laut gestritten wurde. Unter anderen glaubte ich, Freds Stimme zu erkennen.
    Â»Na, hast du deine Eltern erreicht?«, fragte Nils, als ich an den Tisch zurückkam.
    Â»Gar nicht versucht.« Mir wurde schon schlecht, wenn ich nur daran dachte. »Mein Bruder hat sein Handy wieder ausgeschaltet.«
    Nils betrachtete mich genau. Zu genau, um das mal ganz klar zu sagen.
    Â»Warum schaust du mich so an?«
    Â»Du machst dir Sorgen um ihn?«
    Verdammt! Was saß ich hier eigentlich mit diesem Typen rum, der wirklich nichts anderes konnte, als mir Löcher in den Bauch zu fragen? Auch wenn er nicht ganz unrecht hatte. Das Handy war Pits Ein und Alles. Er schaltete es nie aus. Und jetzt hatte er genau das gleich zweimal nacheinander getan.
    Plötzlich wurde die Tür zu den hinteren Räumen aufgerissen. Fred erschien, offenbar stinksauer, und stürzte, ohne nach rechts oder links zu schauen, sofort hinaus auf die Straße. Eine seltsame Szene. Die Bedienung glotzte ihm mit leerem Blick hinterher.
    Â»Aber …«, brachte sie hervor und verfiel wieder in ihr dumpfes Schweigen.
    Â»Ist das hier eine Drogenkneipe?«, fragte Nils.
    Â»Nicht, dass ich wüsste.«
    Â»Wäre mir auch neu«, entgegnete er und schlürfte seinen Cappuccino. »Hat vielleicht der Besitzer gewechselt?«
    Â»Allerdings. Der jetzige heißt Fred. Der Typ, der hier gerade durchgefegt ist. Er ist erst seit ein paar Wochen in der Stadt. Kommt wohl aus Hamburg. – Aber wieso Drogen?«
    Â»Weil sie drauf ist.« Er deutete mit dem Kopf Richtung Bedienung. »Schau ihr mal in die Augen.«
    Â»Selbst wenn«, sagte ich, »nur weil die Bedienung bekifft ist, muss das hier ja nicht gleich eine Drogenhöhle sein, oder?«
    Â»Natürlich nicht«, meinte er. »War nur so ein Gedanke.«
    Â»Ist das

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